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Antarktis 2020

Antarktis 2020

Titel: Antarktis 2020 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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dann ostentativ in den Drehsessel, schlug die Beine übereinander und mimte theatralisch eine Ich-höre-Pose.
    »Ja, mir ist bekannt«, beeilte sich Thomas zu versichern, »nirgends wurde bisher Titan in einer derartigen Konzentration angetroffen, nirgends ist die damit verbundene Ausbeute an Spurenelementen so hoch, und noch niemals wurde eine solche Produktivität erreicht wie mit dem neuen kombinierten Verfahren, meinetwegen mit deinem ›Wurm‹, ich weiß…
    Ich weiß aber nicht, wofür die Menschen so viel brauchen. Das gesamte Kriegszeug wird frei, das ist der Schrott, damit ist im Nu der Bedarf gedeckt! Was wir hier mit riesigen Investitionen herausholen wollen, muß doch jetzt im Überfluß dasein. Ich kann mir gut vorstellen, daß bei dem Rohstoffangebot sogar etliche westliche Unternehmen pleite gehen…«
    »Bist fertig?« fragte Pjotr aufgebracht. »Man merkt dir an, daß du Meßknecht bist – ja, ja, entschuldige, bißchen enger Horizont, verstehst?« Pjotr war aufgestanden und zeigte, indem er sich die flache Hand unmittelbar über die Stirn hielt, wie eng er Thomas’ Horizont einschätzte. »Hör zu!« sagte er gönnerhaft.
    Thomas war plötzlich belustigt. »Reg dich schon ab«, sagte er grinsend.
    Pjotr ging darauf nicht ein. »Zugegeben«, sagte er, »Projekte wurden gemacht, als mit Abrüstung noch – wie sagt man – auf Kippe stand. Und Prognose über Entwicklung der Erdbevölkerung war auch nicht richtig, weiß ich, wird degressiv steigen. Aber Ahnung hast du nicht! Kannst dich umsehn und redest wie einer aus vagabundierendem Raumschiff ohne Empfang.«
    Pjotr kam in Rage. Die Anzahl seiner Aussprachefehler war seiner Erregung direkt proportional. Auch als Thomas, lässig am Automaten lehnend, in der einen Hand einen Beutel Saft, mit der anderen erneut zu beschwichtigen versuchte, fuhr er unbeirrt fort: »Die Sterne werden wir herholen, ja! Wir und die vielen Delands. Und Raumschiffe werden das! Reicht Titan von Düsenjäger gerade für… für…«
    »… den Klodeckel«, warf Thomas grinsend ein.
    Pjotr machte eine heftige, unwillige Bewegung, dann sah er Thomas an und begann ebenfalls zu lachen. »Schuft«, sagte er.
    Vorn am Gestein summte der »Wurm«. Doch wer sich darunter etwas äußerlich Großartiges vorgestellt hatte, wurde enttäuscht, denn eigentlich war nichts zu sehen außer einer Metallplatte, die den gesamten Streckenquerschnitt einnahm, darin, beinahe von der Sohle bis zur Firste reichend, zwei runde Öffnungen, durch ein feines Gitter abgedeckt.
    Die große, vielgepriesene und beinahe Wunder vollbringende Maschine wirkte unscheinbar. Sie hob sich, obwohl im grellen Scheinwerferlicht, kaum von dem sie umgebenden Gestein ab. Erst etwa drei Meter hinter ihr glitzerte das Eis märchenhaft in den Reflexen der über dreißig Handlampen.
    Thomas stand mit den anderen in der Hauptstrecke. Die Inbetriebnahme des »Wurms«, der Trockentest, stand unmittelbar bevor. Als Auszeichnung sozusagen durfte Thomas mit dabeisein. Ansonsten waren nur – entgegen der Prophezeiung Pjotrs, nach der »alles, was Beine hat«, dabeisein sollte – die Führungskräfte von TITANGORA und das Bedienungspersonal zugegen.
    Thomas war noch wie benommen. Unmittelbar nach der Aussprache war er mit Lewrow zusammen eingefahren. Er wußte nicht, ob er stolz sein sollte, sich freuen konnte oder ob er sich gekränkt fühlen mußte.
    Damit ich mich bewähre, als Test sozusagen, hat mich Staatssekretär Mattau hierher geschickt. Das hat er mir freilich nicht in solcher Deutlichkeit gesagt. Nur gut, daß ich es nicht gewußt habe, dachte Thomas. Ich wäre wahrscheinlich zurückgetreten, hätte auf das gesamte Praktikum und die Stellung im Kombinat verzichtet. Das war nicht ganz anständig von Mattau. Oder ob Lewrow übertrieben hat in seinem Ehrlichkeitsausbruch heute morgen? Vielleicht suchte er einen Grund, um seine verletzende Zurückhaltung mir gegenüber zu entschuldigen? Egal – jedenfalls meint er, ich hätte mich bewährt. Na also – schließlich zählt das allein.
    Thomas entschloß sich, diesem befriedigenden Gefühl sich hinzugeben. Schade, daß Nina nicht mehr hier ist, dachte er. Das wäre die Gelegenheit, ihr die anzüglichen Bemerkungen von neulich ein wenig heimzuzahlen. Und Evelyn, was würde Evelyn sagen? Bin ich nun so, wie sie mich gern sähe?
    Alle meinen, ich sei ein Kerl. Und es war auch ziemlich edel von mir, das mit Deland. Bei Lewrow habe ich mich selbst übertroffen, daß ich für ihn

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