Antarktis 2020
platzte er los: »Wir haben es satt, versteht ihr? Das Gold betrachten wir als Sold für die vergammelten Jahre bei der Navy, klar? Wir pfeifen…«
»Nehmen Sie Vernunft an, Mann«, rief Mattau. »Lassen Sie sofort unsere Leute frei. Sie vergessen, wo Sie sind!«
»O nein! Ich bin da, wo ich schuften darf, wenn möglich Tag und Nacht, wo ich im Frieden kommandiert werde – ach, ist ja alles Quatsch. Ich bin jetzt mein eigener Herr, mach mir meine Zukunft selbst. Ich rufe in genau einer Stunde wieder. Bis dahin möchte ich eure Entscheidung und fertig!« Der Bildschirm erlosch.
Im Direktionszimmer herrschte Schweigen. In Mattaus Gesicht, auf das alle Augen gerichtet waren, arbeitete es. Dann drückte er die Sprechtaste. »Neuber soll kommen und Genossin Stelzer, sofort.«
Kurz nach Frau Stelzer kam Neuber. »Bitte«, sagte er kühl, obwohl er sich im klaren sein mußte, daß etwas Unvorhergesehenes eingetreten war.
Frau Stelzer blickte niemanden an. Sie saß in Abwartestellung auf der Kante eines Sessels.
Mattau ließ ohne Kommentar das Gespräch vom Band ablaufen. Dann fragte er: »Was ist dieser Paterthik für ein Mensch?«
»Das kann euch der Oberst besser sagen«, knurrte Neuber und blickte kurz zu Oberst Rijsdijk.
»Nicht aufgefallen, der Mann, bisher«, sagte der Oberst, »vielleicht ein wenig angeberisch. Habe ihn als mutigen, entschlossenen Mann kennengelernt und ihm, obwohl er kein entsprechendes Patent hat, das Kommando über den Kreuzer gegeben.«
»Wie schätzen Sie seine Drohung ein? Wird er sie wahrmachen, wenn wir nicht zahlen?« fragte Mattau.
»Unbedingt«, antwortete Oberst Rijsdijk, »unbedingt!«
»Wie stehen Sie nun zu Ihrer Behauptung, Kollege Neuber, daß alles läuft, daß sich alles sehr schnell normalisiert hat?« fragte Mattau.
»Das führt doch jetzt zu nichts«, rief Frau Vermisseau ungehalten. Neuber preßte die Lippen zusammen und war offensichtlich ohnehin nicht bereit, auf Mattaus Frage zu antworten.
»Ich bin für Bezahlen«, setzte Frau Vermisseau hinzu.
»Es wird uns wohl nichts anderes übrigbleiben«, bekräftigte Dr. Andrej und strich sich ein wenig hilflos über die Glatze.
»Daß wir uns richtig verstehen«, Mattau sprach eindringlich. »Mir geht es nicht um die halbe Tonne Gold, die läßt sich verschmerzen, aber erst recht geht es mir nicht um den Kreuzer, der vielleicht immer noch das Zehnfache wert ist. Es geht um Recht und um das Beispiel!«
»Es geht um Menschen«, sagte die kleine Japanerin, Frau Dr. Mitatsu, mit Nachdruck.
»Wenn wir nicht auf die Forderungen eingehen, müßten die Konsequenzen von der Leitung getragen werden«, fügte in ihrer harten Aussprache Frau Sokolow hinzu.
»Ist jemand gegen Bezahlen?« fragte Mattau. »Ich!« Alle Blicke richteten sich auf Frau Stelzer. »Deine Gründe?« fragte Noiré.
»Gründe! Ich denke, daß an dem Vorgang sichtbar wird, wie wenig begründet zum Beispiel das Vorgehen der Kombinatsleitung ist. Ich finde es gut, daß offenkundig wurde, mit welchen Subjekten wir es zu tun hatten, und ihr habt sie in ihrem Handeln noch bestärkt, jawohl! Oder seht ihr die Ablösung eines so fähigen Kaders wie Stan anders? Ich jedenfalls nicht!«
»Bitte bleib sachlich«, sagte Noiré.
Neuber starrte abweisend auf den Tisch. Die Situation war ihm sichtlich peinlich.
»Ich bin sachlich!« sagte Frau Stelzer schroff. »Aber ich fordere Härte. Ich garantiere, daß das Beispiel sonst Schule macht, und es muß klarwerden, wer hier die wahren Schuldigen sind.« Und beschwichtigend fügte sie hinzu: »Den dreien wird schon nichts passieren!« Es herrschte abermals Schweigen im Raum.
»Die anderen sind also dafür, daß wir auf die Forderung Paterthiks eingehen? – Unter allen Sicherheitsvorkehrungen selbstverständlich«, fragte Mattau.
Als niemand sprach, drückte er eine Verbindung zur Zentrale. »Bitte Blitzgespräch zur Hauptdirektion Berlin.«
Bevor das Gespräch kam, ordnete Mattau an: »Kollegin Mitatsu, du sorgst dafür, daß bei der nächsten Verbindung mit Paterthik – ich werde versuchen, die Verhandlungen mit ihm in die Länge zu ziehen – der Kreuzer geortet wird.«
Mattau eröffnete das Gespräch. Er sprach kühl: »Kollege Paterthik, wir machen Ihnen folgenden Vorschlag: Sie laufen unverzüglich den U-Hafen an und setzen unsere Leute frei. Sie selbst unterziehen sich einem Disziplinarverfahren. Wenn Sie auf diesen Vorschlag eingehen, nehmen wir von einem gesellschaftlichen Verfahren gegen Sie Abstand.
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