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Anthropofiction

Anthropofiction

Titel: Anthropofiction Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leon E.Stover und Harry Harrison
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Archäologen nur mit vorwissenschaftlichen Kulturen zu tun gehabt.«

 
Dean McLaughlin
Im Gewölbe der Ewigkeit
     
    Die Geschichte verwandelt sich in Geschichten; Tatsachen werden verdunkelt durch Zweifel und Verleugnung; die Schrift verblaßt, die Bildnisse stürzen nieder. Säulen, Gewölbe und Pyramiden, was sind sie anderes als Hügel im Lehm; und die Grabschriften, was als Buchstaben im Gestein?
    Washington Irving
     
    Die Stadt war gebaut worden, um die Ewigkeit zu überdauern. Aber die Zeit verrinnt gemächlich und die Jahre sind lang.
     
    Die Ruinen waren nicht einfach alt. Sie waren vorzeitlich. Alt waren sie schon gewesen, als die Pyramiden noch nicht standen. Sie datierten früher als Babylon und das Ur der Chaldäer. Sie waren bereits verfallen, als die lange ausgestorbenen Städte Persiens wieder aus dem frischen Schlamm von Flüssen erbaut wurden, die lange zuvor austrockneten und ihre Wadis dem Staub und der Ödnis überließen.
    Johnatan Miller vermochte das Alter der Ruinen zu erfühlen, aber er hätte diese Empfindung nicht rational erklären können. Es war vielleicht die Gewißheit, daß diese verfallene Stadt jung gewesen war, in jenen Tagen, bevor ein Wesen sich in prähistorischen Urwäldern aufgerichtet und sich auf zwei Füßen statt auf allen vieren bewegt hatte. Das und der Anblick dieser enormen Schuttberge, welche jetzt noch Grundrisse aus der Hand eines Meisterarchitekten erkennen ließen. Daß diese Grundrisse so viele Jahrhunderte überdauert hatten, war allein schon ein erstklassiges Zeugnis für die Sorgfalt der Erbauer.
    Millar wanderte zwischen den verfallenen Türmen umher, leuchtete mit der Taschenlampe die tiefen Schatten aus; er fragte sich, wo die Arbeit beginnen sollte. Die Stadt hatte hunderttausend Jahre gewartet – eine Woche konnte sie noch warten, wahrend Pläne zur systematischen Ausgrabung gefaßt wurden.
    Archäologie war keine leichte Sache, weder daheim noch hier – besonders hier. Erkläre eine große Kultur aus einigen Fragmenten jahrtausendealten Töpferwerks und zerbrochenem Werkzeug; studiere ein rostiges Schwert und sage, warum es zuschlug, wo blieben sei ne Besitzer? Schwierig genug mit der eigenen Rasse; aber bei einer völlig anders gearteten Spezies, jetzt gänzlich verschwunden, und auf einer fremden Welt – war das zu schaffen?
    So besichtigte Millar die Ruinen in einer seltsamen Mischung von Gefühlen: Ahnungen, Neugier und Pessimismus.
    Johnatan Millar hatte sich vorgenommen, die Wanderung durch die Ruinen allein zu unternehmen; das Lager, die Mitarbeiter und Studenten zu verlassen, die Stadt von Westen her zu betreten, nach Norden zu durchschreiten und zum Lager um den Stadtrand zurückzukehren.
    Aus der Luft waren die Ruinen groß erschienen. Nun, inmitten der umgestürzten Mauern und metallenen Skelette, erkannte Millar ihre tatsächlichen Dimensionen. Vor Jahrtausenden, als die Stadt neu erbaut wurde, mußten die Strukturen noch mächtiger gewesen sein, und regelmäßiger. Damals hatte hier eine Stadt gestanden; jetzt waren es Trümmer – Berge über Berge von Schutt. Die Erbauer waren eine große Rasse gewesen – mußten es gewesen sein, um so meisterhaft und gut zu bauen. Nun war diese Rasse, verschwunden. Warum? Und ihr Werk war zerfallen, als die Rasse selbst starb.
    »Das Böse lebt länger als die Menschen. Das Gute wird oft begraben mit ihren Gebeinen.«
    Nein, das war nicht recht. Aber was war richtig? Welche Worte waren angebracht über dieses Denkmal einer Rasse, die tot war, bevor der Mensch geboren wurde? Nicht über das Böse. Diese Ruinen verlangten Anerkennung; Nachruf und Lobrede zugleich.
    Millar verließ die vorzeitliche Metropole durch die Randgebiete aus flacheren Schutthügeln und gelangte in die grüne Graslandschaft jenseits der Stadt. Die Dunkelheit brach an – auf diesem fernen Himmelskörper waren die Tage kürzer als auf der Erde – und von seinem jetzigen Standort aus war das Lager nicht zu sehen, es wurde von einer sanften Bodenwelle verdeckt. Um sich zu orientieren, erklomm Millar einen Hügel, der westlich von ihm lag, und, so vermutete er, nördlich des Lagers.
    Und so war es. Vom höchsten Punkt des Hügels aus konnte er durch seinen Feldstecher das Lager schnell ausfindig machen. Es befand sich fast genau dort, wo er es vermutet hatte. Er beglückwünschte sich selbst, während er den südlichen Hang hinabschritt.
    Er näherte sich einer Öffnung am Sockel des Hügels. Zuerst dachte er, sie sei

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