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Anti-Eis

Anti-Eis

Titel: Anti-Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
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die Teleskope
betrachteten, erblickten wir überall preußische Soldaten
und Offiziere. Ein Soldat – ein schmucker Kürassier mit
einem Brustpanzer aus weißem Metall und prächtiger Kokarde
– legte seine Flinte auf uns an feuerte einen Schuß ab.
Ich sah das Mündungsfeuer und hörte, kurze Zeit
später, den entfernten Knall der Explosion; aber die Kugel fiel
harmlos auf die Erde zurück.
    Von der Prince Albert war nichts zu sehen. Ich schlug vor,
daß wir landeten und Erkundigungen einzogen, aber Traveller
zeigte auf Preußen, die aus über die ganze Stadt
verstreuten Unterkünften auftauchten; eine Kolonne formierte
sich am Nordrand der Stadt in Marschordnung. »Ich glaube, wir
sollten uns diskret zurückhalten«, sagte er. »Ein
spektakulärer Auftritt der Phaeton würde diese
gefechtsbereiten Deutschen sicherlich nicht gerade
besänftigen.«
    »Was sollen wir dann tun?«
    Der in seinem Steuersessel sitzende Ingenieur rüstete das
Periskop mit einem neuen Okular aus. »Ich würde sagen, die
preußische Kolonne bereitet sich auf einen Marsch nach Westen
vor – vielleicht nach Coulmiers, um die Franzosen dort erneut
anzugreifen. Unsere Chancen, auf die Albert zu stoßen,
liegen in dieser Richtung sicher am besten.«
    »Und wenn wir wieder Pech haben?«
    »Dann werden wir in der Tat landen müssen und
können nur hoffen, weitere Informationen zu erhalten, ohne
daß uns der Kopf weggeschossen wird. Aber wir sollten uns damit
erst befassen, wenn es auch aktuell wird. Auf nach
Coulmiers!«
    Von Orleans aus folgte Traveller dem glitzernden Band der Loire
nach Westen und änderte dann den Kurs nach Norden, wobei wir
eine Ebene überflogen, die kreuz und quer mit Hecken bestanden
war. Als wir uns jedoch Coulmiers näherten, erkannte ich am
näherrückenden Horizont einen großen Teppich, der
über diese eintönigen französischen Felder
ausgebreitet war, eine graublaue Fläche aus Staub und Bewegung
und blinkendem Metall. Bald sah ich, daß dieses wogende Gebilde
langsam, aber stetig Kurs nach Osten nahm, zurück nach
Orleans!
    So stießen wir auf die französische Loire-Armee,
Gambettas neue levée en masse.
    Wir fegten wie ein Raubvogel über die vorrückende Armee.
Aus der Nähe betrachtet war diese große
zusammengewürfelte Streitmacht indessen weniger eindrucksvoll.
Feldgeschütze trieben wie von Pferden gezogene waffengraue
Flöße in einem Strom von Soldaten; aber die dunkelblauen
Mäntel der Infanteristen, ihre roten Mützen, die
zerrissenen weißen Hafersäcke und Biwakzelte wiesen samt
und sonders die Spuren häufiger und harter Nachteinsätze im
Felde auf. Und ihre Gesichter, jung und alt, verrieten nur
Erschöpfung und Furcht.
    Erneut gerieten wir in ungerichtetes Feuer, das aber wirkungslos
verpuffte. Als jedoch ein Feldgeschütz angehalten und gegen uns
in Stellung gebracht wurde, ging Traveller schnell in den
Steigflug.
    Als die Soldaten neuerlich zu einem monströsen Menschenmeer
verschmolzen, bekam ich wieder ein Gefühl für die
Dimensionen dieser Streitmacht; sie schien sich über den ganzen
Horizont zu erstrecken, eine Flut, die sich anschickte, die
Preußen fortzuspülen.
    »Lieber Gott, Traveller, das ist sicher eine Armee, der keine
andere widerstehen kann. Das müssen eine halbe Million Soldaten
sein. Sie werden die Preußen allein schon aufgrund ihrer
zahlenmäßigen Überlegenheit vernichten.«
    »Vielleicht. Dieser Kamerad Gambetta hat mit der Aufstellung
einer solchen Truppe wirklich eine Leistung vollbracht. Obwohl einige
dieser Artilleriegeschütze anscheinend schon etwas älter
sind; und sind Euch die vielen unterschiedlichen Gewehre aufgefallen?
Da stellt man sich doch gleich die Frage nach der Munitionsversorgung
dieser tapferen Burschen.«
    Mir war indes nichts derartiges aufgefallen. »Dann beurteilt
Ihr also ihre Erfolgsaussichten gegen die Preußen heute weniger
optimistisch?«
    Er schob das Periskop ein und rieb sich die Augen. »Ich habe
schon mehr vom Krieg gesehen, als ich eigentlich von seiner
Wissenschaft in Erfahrung bringen wollte. Zahlenmäßige
Überlegenheit ist durchaus ein signifikanter Faktor, wird aber
durch Ausbildung und Kampferfahrung bei weitem übertroffen.
Schaut Euch nur die Formation der armen Franzmänner an, Ned!
Schon auf dem Marsch gruppieren sie sich zu Kampfverbänden.
Damit sind sie natürlich nicht mehr in der Lage, operative
Manöver durchzuführen; und ihre Kommandeure müssen sie
wie eine Schafherde zusammentreiben und ins Gefecht schicken.
    Und

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