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Anti-Eis

Anti-Eis

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sind. Aber
vielleicht wäre jetzt der geeignete Moment, einmal die
Gesamtsituation zu diskutieren.«
    Der Aspekt des Verhungerns war bis zu diesem Augenblick für
meinen beschränkten Verstand überhaupt nicht relevant
gewesen; aber natürlich hatte Holden recht. Schließlich
waren wir in einer kalten, desolaten Leere gestrandet, wobei unser
Überleben nur von den Beständen dieses zerbrechlichen
Schiffes abhing. Ich bekam nun Schuldgefühle, weil ich die
Mahlzeit derart genossen hatte; vielleicht hätten wir bereits
eine Rationierung verhängen sollen.
    »Sehr schön. Was das Wasser betrifft«, sagte
Traveller, »verfügen wir über mehrere Gallonen.«
Er stampfte mit einem knochigen Fuß auf den Boden. »Es
befindet sich unter uns, in einigen kleinen Tanks. Ein einziger
großer Tank wäre ungeeignet, müßt Ihr wissen,
denn das Wasser würde während des Fluges gefährlich
umherschwappen…«
    »Mehrere Gallonen hören sich aber nicht nach sehr viel
an«, sagte ich beunruhigt. »Zumal ich bereits ein Bad
genommen habe.«
    Traveller lächelte. »Ihr braucht Euch keine Sorgen zu
machen, Wickers; das Badewasser wird durch ein System von Filtern und
Röhren geleitet, so daß es mehrmals benutzt werden kann.
Sogar nach vier oder fünf Filtrierungen ist es noch
trinkbar.« Er lachte über den Ausdruck auf unseren
Gesichtern. »Aber zu Eurer Erleichterung kann ich sagen,
daß das Wasser für die Toilettenspülung – Pocket
wird sie Euch nachher zeigen – direkt über die Hülle
des Schiffes entsorgt wird.« Dann nahm sein Gesicht einen
schmerzlichen und nachdenklichen Ausdruck an.
»Nichtsdestoweniger haben wir ein Wasserproblem. Denn wir
verwenden Wasser als Reaktionsmasse, und ich befürchte,
daß unser preußischer Freund schon zuviel davon vergeudet
hat.«
    Ich wollte schon um nähere Erläuterungen zu dieser
beunruhigenden, mysteriösen Reaktionsmasse bitten, aber Holden
beugte sich schnell nach vorne. »Sir Josiah, was ist mit der
Luft? Dies ist ein kleines Schiff. Wie sollen vier Menschen –
oder fünf, den Preußen mitgezählt – hier
länger als ein paar Stunden überleben
können?«
    Traveller wedelte lässig mit einer langfingrigen Hand.
»Sir, Ihr braucht Euch keine Sorgen zu machen. Es ist
nämlich – wenn ich das so sagen darf – ein weiteres
geniales Filtersystem in Betrieb. Ein gesunder Mann verbraucht pro
Stunde den Sauerstoffgehalt von fünfundzwanzig Gallonen Luft und
ersetzt ihn durch Kohlensäure, die nicht eingeatmet werden kann.
Es ist ständig eine Pumpe in Betrieb, welche die Luft in der
Kabine – und auf der Brücke – durch Gitter absaugt.
Die Luft wird dann bei mehreren hundert Grad über Raumtemperatur
durch Kaliumchlorat geleitet; das Chlorat wird dabei in Kaliumchlorit
umgewandelt und setzt reinen Sauerstoff frei, der die verbrauchte
Luft regeneriert. Und dann erfolgt noch ein Zusatz von
Ätznatron, das mit der Kohlensäure reagiert und sie
neutralisiert.
    Wir haben so viel von diesen Chemikalien an Bord, um mehrere
Wochen überleben zu können.«
    »Aha.« Holden nickte, offensichtlich beeindruckt.
    »Was Wärme und Licht betrifft«, fuhr Traveller
fort, »sorgen Acetylenbrenner für die Beleuchtung über
unseren Köpfen und erwärmen auch die Luft, die durch in die
Schiffswandung integrierte Röhren strömt. Da wir
ständig in gleißendes Sonnenlicht getaucht sind, ist
weniger die Kälte unser Problem als vielmehr die Gefahr,
geröstet zu werden. Die langsame Rotation des Schiffes, die Ihr
bemerkt habt, dient mithin dem Zweck, die intensive
Sonneneinstrahlung gleichmäßig über die gesamte
Hülle zu verteilen.«
    »Dann ist also«, hoffte ich, »unser Überleben
und die sichere Rückkehr zur Erde Eurer Ansicht nach nicht
gefährdet?«
    »Das habe ich nicht gesagt, Ned.« Travellers Zigarre war
ausgegangen, und er zündete sich einen von seinen bevorzugten
türkischen Glimmstengeln an. »Ich habe die Phaeton dazu konzipiert, Beobachtungen in der oberen Atmosphäre der
Erde durchzuführen. Ich hatte sogar gehofft, sie eines Tages in
eine Erdumlaufbahn zu bringen.« (Dieses für mich neue
Konzept wurde mir später von Holden erläutert; es besagt,
daß ein Körper unter dem Einfluß der Schwerkraft
ständig einen Planeten umläuft, genauso wie der Kleine Mond
um die Erde kreist.) »Aber«, fuhr Traveller fort, »die Phaeton ist nicht für einen Flug in den Weltraum
ausgelegt.«
    Er fuhr fort, die Prinzipien des wundersamen Antriebssystems des
Schiffes zu erläutern. Anscheinend

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