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Anti-Eis

Anti-Eis

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wurden Anti-Eis-Öfen
benutzt, um Dampf auf monströse Temperaturen zu erhitzen. Aber
anstatt die Expansion des heißen Gases auf einen Kolben wirken
zu lassen (wie bei der Konstruktion des Antriebssystems des
Landkreuzers), leiteten Röhren den Dampf zu den Düsen, mit
denen aus eigener Anschauung die Basis des Schiffes bestückt war
und wo er dann ausgestoßen wurde. Indem die Phaeton den
hocherhitzten Dampf ausstieß, bewegte sie sich voran. Man
konnte das mit einem Eisläufer vergleichen, der seinen Begleiter
wegschubst; jener Begleiter rutscht auf dem Eis weg, aber der
Läufer selbst wird durch den Impuls zurückgestoßen.
Das ist das Prinzip der Rakete, und die zuvor von Traveller
erwähnte ›Reaktionsmasse‹ war der durch die Düsen
ausgestoßene Dampf.
    Dieser Dampf trat mit einer Geschwindigkeit von vielen tausend
Meilen pro Stunde aus den Düsen aus.
    Doch um das Schiff mit doppelter Erdbeschleunigung fliegen zu
lassen, verpufften jede Sekunde volle vier Pfund Wasser im Raum.
    Holden nickte bedächtig. »Dann kann die Masse des
Schiffes also nicht mehr als zwei oder drei Tonnen
betragen.«
    Traveller schien für einen Moment beeindruckt. »Die
Masse des Schiffes war eindeutig der primäre Aspekt«, sagte
er. »Und daher konstruierte ich die Hülle auch fast
ausschließlich aus Aluminium. Es ist viel leichter als jede
Eisen- oder Stahllegierung, dafür jedoch sündhaft teuer
– ganze neun Sovereigns pro Pfund im Vergleich zu zwei oder drei
Pennies für Gußeisen.«
    »Meine Güte«, kommentierte Holden.
    Ich deutete auf die verdunkelten Bullaugen. »Aber dort
draußen gibt es keinen Ozean.«
    »Nein. Wir haben nur den Inhalt unserer Tanks. Und obwohl ich
es ohne Zutritt zur Brücke nicht genau sagen kann, liegt genau
da unser Problem. Ich hege nämlich den starken Verdacht,
daß unser preußischer Gast den Vorrat schon so weit
erschöpft hat, daß wir das Schiff nicht mehr wenden und
zur Erde zurückfliegen könnten – und selbst wenn wir
dazu noch in der Lage wären, hätten wir keine
Reaktionsmasse für die Raketen mehr, so daß wir nicht
kontrolliert landen könnten, sondern wie ein Meteor in der
Landschaft einschlagen würden.«
    Mich schauderte bei diesen Worten, und die Portweinflasche, die
mir aus der Hand glitt, zersplitterte.

 
6

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Alltagsleben zwischen den Welten
     
     
    In unserer interplanetarischen Kapsel gab es weder Tag noch Nacht
– bzw. den von der Erde gewohnten Wechsel zwischen Tag und
Nacht, der durch die Rotation der Phaeton ersetzt worden war.
Wer wollte, konnte indessen jede Viertelstunde einen Sonnenaufgang
betrachten. Aber unser Tagesablauf wich im Grunde nicht von den
Gepflogenheiten auf englischem Boden ab. Wir schliefen auf Pritschen,
die aus der Kabinenwand ausgeklappt wurden. Mein Bett, in dem ich
mich jede Nacht fest in Decken gewickelt festgurtete, war so kommod
wie die weichste Matratze – wenn ich jedoch im Schlaf einen Arm
freilegte, war es ein unangenehmes Gefühl, ihn beim Aufwachen
vor mir schweben zu sehen, als ob er sich vom Körper gelöst
hätte.
    Jeden Morgen um halb acht erwachten wir vom leisen Ton eines
Weckmechanismus, der in der Great Eastern verborgen war.
Pocket zog dann die kleinen Rollos vor den Bullaugen hoch und
ließ gleichzeitig die Strahlen von Sonnen- und irdischem Licht
herein, und nacheinander schlüpften wir in die versteckte
Badewanne.
    Die Toilette war zwangsläufig von einer etwas primitiven
Konstruktion und bestand aus einem Apparat, der aus der
lederbezogenen Wand herausklappte und von einer leichten, aber
luftdichten Wand abgeschirmt werden konnte, so daß
Intimsphäre und Hygiene bis zu einem gewissen Grad
gewährleistet waren. Wie Traveller uns versicherte, wurden die
Rückstände direkt in den Weltraum entsorgt.
    Es war sogar möglich, sich an Bord der Phaeton zu
rasieren! Es wäre natürlich nicht sehr angenehm gewesen,
wenn die abrasierten Barthaare im Schiff umhergedriftet wären,
aber durch den reichlichen Gebrauch von Rasierseife konnte man bis
auf ein paar Stoppel alles einfangen. Und alle herumschwebenden
Abfälle und Staub wurden von dem unersetzlichen Pocket
aufgesammelt. Dazu verwendete er einen Schlauch, der über einen
Stutzen in der Wand an eine der Luftumwälzpumpen angeschlossen
war. Jeden Tag wuselte Pocket mit seiner Vorrichtung durch das
Schiff, suchte und saugte; anfangs fanden Holden und ich diesen
Anblick komisch, aber im Laufe der Zeit lernten wir den Wert dieser
Erfindung zu schätzen, denn ohne sie

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