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Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert

Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert

Titel: Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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gelaunt, großzügig und gastfreundlich. So verliebte sich der Sechzehnjährige – immerhin in eine Frau, die fast so alt war wie seine eigene Mutter.
    Freud berichtete Silberstein, wie er im Hause dieser Venus heftige Zahnschmerzen bekam. Der zukünftige Wissenschaftler und Autor von Die Traumdeutung war damals noch nicht zu der Erkenntnis gelangt, dass »der Zahn und das männliche Genitale in eine gewisse Beziehung gebracht werden« ( Die Traumarbeit, Bd. II/III, S. 395). Um den Schmerz zu betäuben, trank er zu viel Alkohol. Freud hatte Freud noch nicht gelesen und wusste deshalb nicht, dass der eigenen Lehre zufolge ordentliches Onanieren dem Zahnschmerz wahrscheinlich schnell den Garaus gemacht hätte. So berichtete er: »Ich schlief auch bald ein oder fiel vielmehr betäubt um.« ( Jugendbriefe an Eduard Silberstein, S. 23) Dann erbrach er sich mehrfach – wie er euphemistisch schrieb. Giselas Mutter entpuppte sich als wunderbare Krankenschwester und sah in dieser Nacht mehrmals nach ihm. Ein »geistreiches, keckes Feuer« (ebd., S. 24) habe aus ihren Augen gesprüht, schrieb Freud und verglich dieses besondere Leuchten mit dem Aussehen der Tochter: »Auch Giselas Schönheit ist eine wilde« (ebd.).
    Freud blieb der Methode treu, seinen Fall für allgemeingültig zu erklären. Später behauptete er mit dem nötigen wissenschaftlichen Ernst, das erste Liebesobjekt sei stets die Mutter oder die Schwester – in Freuds Fall Anna. Nachzulesen etwa in Über die allgemeinste Erniedrigung des Liebeslebens. Beiträge zur Psychologie des Liebeslebens II (Bd. VIII, S. 78–91). Der verdrängte Inzest ließ den Jungen nicht los. Im Gegenteil, er fühlte sich nun auch noch zu seiner Schwiegermutter hingezogen. Konsultieren wir diesmal Totem und Tabu, wo es heißt, »daß die Schwiegermutter
tatsächlich eine Inzestversuchung für den Schwiegersohn darstellt, sowie es andererseits nicht selten vorkommt, daß sich ein Mann manifesterweise zunächst in seine spätere Schwiegermutter verliebt, ehe seine Neigung auf deren Tochter übergeht.« Freud fasste zusammen, hier zeige sich »der inzestuöse Faktor des Verhältnisses« (Bd. IX, S. 23).
    Dort, wo Freud seine biographische Erfahrung hätte einbringen und erzählen können, wie er als Junge in die Mutter seiner Verlobten verliebt war, verwies der Wissenschaftler auf die Aborigines, stützte sich auf Ethnologie, Ethnographie und Reiseberichte. Er versteckte sich hinter einem Berg wissenschaftlicher Literatur, um den privaten und subjektiven Ursprung seiner vorgeblich universellen Theorie zu verschleiern. Natürlich steht man unter Kollegen wie Kopernikus und Darwin besser da, wenn man Frazer oder Marcel Mauss ins Feld führt und nicht Giselas Mutter.
     
    Freud schrieb sehr viel über die Sexualität anderer Leute. Er schreckte nie davor zurück, den Familienvätern seiner Patienten den sexuellen Missbrauch ihrer Kinder vorzuwerfen. Er sah ein Ekzem am Mund als Beweis einer Fellatio, die der Erzeuger der betroffenen Frau dieser in ihrer frühesten Kindheit aufgezwungen hatte. Er diagnostizierte bei einem seiner Patienten, dem berühmten Wolfsmann, Fantasien über Sodomie mit Ratten. Wie Freud litt dieser an Verdauungsproblemen, die der Analytiker bei sich selbst jedoch auf altes Brot oder zu schwere Mahlzeiten zurückführte. Eine Geruchshalluzination interpretierte er als somatische Reaktion auf eine sexuelle Zurückweisung, die Angst vor einem Pferd als Kastrationsangst. Doch Freud behielt für sich, welche Rolle die Sexualität in seinem eigenen Leben spielte – und mithin in seiner Theorie.
    Wir müssen also zwischen den Zeilen lesen, Fragmente zusammensetzen und mit der Lupe suchen, wenn wir mehr über Freuds Sexualleben herausfinden wollen. Einmal mehr erweist sich hier
die Korrespondenz mit Fließ als nützlich. Schrieb Freud an Fließ, dass eine sexuelle Beziehung korrekt verlaufen war, so dürfen wir annehmen, dass ein solch positiver Ausgang eher die Ausnahme war! Weshalb hätte er sonst erwähnt, dass alles korrekt verlaufen sei? Freuds sexuelle Leistungsfähigkeit war anscheinend nicht bemerkenswert.
     
    Gisela war also Freuds platonische Liebe, und er hatte inzestuösen Fantasien über ihre Mutter. Später widmete er seine Aufmerksamkeit Martha Bernays. Es heißt, er habe ihr aus Paris, wo er Charcots Vorlesungen besuchte, tausend Briefe geschrieben. Er vermied also auch bei dieser zweiten Gelegenheit die Sexualität und lebte sie stattdessen in

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