Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert

Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert

Titel: Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
Vom Netzwerk:
versprochen hat« ( Die »kulturelle« Sexualmoral und die moderne Nervosität«, Bd. VII, S. 157). Das entsprach in Freuds Leben der Zeit bis 1889, 1890 oder 1891, also dem Alter von dreiunddreißig bis fünfunddreißig Jahren, oder anders gesagt, es war zwei bis vier Jahre, bevor er Fließ von seiner Abstinenz erzählte. Und so hatte Anna – die um das Problem wusste – recht, als sie ihre Geburt am 3. Dezember 1895 als Unfall bezeichnete. Die Sexualität ihres damals neununddreißigjährigen Erzeugers lag schon zu diesem Zeitpunkt quasi brach.
    Ein weiterer biographisch interessierter Blick auf den Text fördert zutage, wie Freud das durch die herrschende Moral ausgelöste sexuelle Elend vermeiden wollte: »Das Heilmittel gegen die
aus der Ehe entspringende Nervosität wäre vielmehr die eheliche Untreue; je strenger eine Frau erzogen ist, je ernsthafter sie sich der Kulturforderung unterworfen hat, desto mehr fürchtet sie aber diesen Ausweg, und im Konflikte zwischen ihren Begierden und ihrem Pflichtgefühl sucht sie ihre Zuflucht wiederum – in der Neurose.« (ebd., S. 158) Doch nicht alle fügten sich so vollständig den geltenden Regeln.
    Dieser Text lehrt uns, dass Freud eine Theorie des bürgerlichen Ehebruchs aufstellte und sie insgeheim durch sein Privatleben legitimierte. Er beschäftigte sich nicht mit der Verbesserung des Scheidungsrechts, mit einem freieren Sexualleben, einer libertinären Lebensweise oder gar der sexuellen Revolution, er riet nicht von der Ehe oder der Familiengründung ab, sondern er hielt sich an ein altes Rezept – den guten alten Ehebrecher, der in so vielen europäischen Komödien von Plautus und Terenz über Molière und Goldoni bis Labiche und Feydeau seinen Auftritt hat.
     
    Den Tempelhütern Freuds gefällt es nicht, wenn man nachweist, dass er auf seine Worte Taten folgen ließ und in diesem Text, wie so oft, scheinbar ohne es zu wollen das Modell für das eigene Handeln entwarf. Denn die Beschäftigung mit Freuds sexueller Beziehung zu seiner Schwägerin Minna Bernays gilt gerade denen, die sonst überall Sexuelles vermuten, als Abstieg in die Gosse. Der große Konquistador hatte behauptet, die eigene Libido im Namen der Psychoanalyse sublimiert zu haben. Wer dieses Evangelium anzweifelt, macht sich der Blasphemie schuldig.
    Dennoch recherchierte Franz Maciejewski, in welchen – meist luxuriösen – Hotels Freud mit seiner Schwägerin übernachtete. Er fand heraus, dass das Paar am 13. August 1898 im Hotel Schweizerhaus unter dem Namen »Dr. Sigmund Freud und Frau« ein Doppelzimmer für drei Nächte reserviert hatte. Freuds Anhänger streiten das ab und behaupten, die Zimmernummern und die Raumaufteilung hätten sich seither geändert. Und was die These betrifft, Freud und seine Schwägerin hätten keine Möglichkeit
gehabt, getrennte Zimmer zu buchen, so muss man wissen, dass es damals in Maloja fünf weitere Hotels gab.
    An jenem 13. August schickte Freud seiner Frau eine Postkarte, auf der er von der schönen Landschaft schwärmte. Und weiter hieß es: »Wir sehen beide aus, schade, daß Ihr uns nicht sehen könnt. Wir sind in einem bescheidenen Schweizer Haus abgestiegen, vor uns eine Hotelfestung.« ( Unser Herz zeigt nach dem Süden. Reisebriefe 1895–1923, S. 109) Vielleicht hätte es dort getrennte Zimmer gegeben. Insgesamt dauerte die Reise zehn Tage, vom 4. bis zum 14. August 1898.
    Wenn in diesem Zeitraum nichts geschehen ist, was auf eine ehebrecherische und inzestuöse Beziehung zwischen Freud und seiner Schwägerin hinweist, wieso sind die entsprechenden Dokumente der Freud Collection in der Washingtoner Library of Congress dann nicht zugänglich? Weshalb werden den Forschern Freuds Briefe an Minna vorenthalten, die er schrieb, als beide noch nicht unter einem Dach lebten? Peter Gay, ein Biograph, der die These vom Ehebruch erklärtermaßen abstreitet, bezeichnete die Briefe, die Freud als Marthas Verlobter an deren Schwester Minna schrieb, als leidenschaftlich. Wenn es nichts zu verbergen gibt, wieso wird dann etwas verheimlicht – und was rechtfertigt ein solches Mysterium? Die leidenschaftlichen Briefe an die Schwester seiner Verlobten muss es wirklich geben. Freuds Leben folgte also weiterhin dem Inzestprinzip.
    Denn ein paar Details über die mysteriösen Briefe sind doch nach außen gedrungen. Demnach schrieb Freud beiden Schwestern gleichzeitig, wobei der jüngeren Schwester seiner Angebeteten Zärtlichkeiten wie »mein theurer

Weitere Kostenlose Bücher