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Antonio im Wunderland

Antonio im Wunderland

Titel: Antonio im Wunderland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Weiler
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füreinander
    bestimmt sind.
    14:38. Sie ist ein Engel. Mehr noch: Sie ist eine Göttin!
    14:41. Sie sitzt auf dem Schoß eines blondierten Fett-
    sacks am Nachbartisch und singt «Er gehört zu mir».
    Dabei streichelt sie seinen Kopf.
    15:03. Als ich mit zwei Riesenbrezeln zurückkomme,
    ist sie weg. Ihre Freundinnen wissen auch nicht, wo sie
    hingegangen ist, und sie kommt auch nicht wieder. So
    ein Flittchen. Meine Sara würde so etwas nie machen.
    Nie!
    16:00. Ich nicke kurz ein.
    16:16. Marco weckt mich auf. Zeit zu gehen, finden
    seine Freunde, denn Angelikas Freundinnen überfor-
    dern sie mit ihrer Herzlichkeit. Es kommt noch zu Um-
    armungen und gegenseitigen Treueschwüren, dann
    gehen wir, nicht ohne vorher mehrere Liter Wasser ab-
    zuschlagen. Ich könnte nun langsam ins Bett. Ist ja
    auch schon spät, Mensch. Halb fünf ist es schon. Doch
    Qui, Quo und Qua haben noch eine wichtige Mission:
    Souvenirs. Sie können unmöglich ohne Festbeute ab-
    ziehen, das ist doch klar.
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    Zunächst versuchen sich Francesco und Marco am
    Schießstand. Ihre Gewinne sind allerdings nicht der
    Rede wert, über ein mickriges Sträußlein Plastikblu-
    men kommen sie nicht hinaus. Dafür hat Francesco ei-
    nen Huthändler erspäht, und binnen Sekunden tragen
    er und die anderen Plüschmützen auf dem Kopf, die
    Bierfässer darstellen sollen und sogar Zapfhähne ha-
    ben. Mit den Hüten sind sie ungefähr so groß wie die
    anderen Oktoberfestbesucher.
    Dann brauchen sie unbedingt Lebkuchenherzen. Die
    italienische Sprachvariante lehnen sie ab, die finden sie
    albern. Sie entscheiden sich für «I mog Di», «Spatzerl»
    sowie «Immer Dein». Schließlich bitten wir einen Los-
    verkäufer, ein Gruppenfoto von uns zu machen.
    Glücklicherweise legen Marco, Furio und Francesco
    keinen Wert auf große Achterbahnen, was ich im Hin-
    blick auf meine noch im Nacken verbliebenen Wirbel
    sehr begrüße. Dafür zieht es sie aber in ein Spiegelka-
    binett, in dem sie sich weisungsgemäß verlaufen. Nach
    zwanzig Minuten sind Marco, Francesco und ich wie-
    der draußen. Nach weiteren zehn Minuten löse ich er-
    neut eine Karte, um Furio zu suchen. Eine Viertelstun-
    de später bitte ich einen Angestellten, mir zu helfen,
    und weitere dreißig Minuten später komme ich nach
    erfolgloser Suche meines Besuchs aus Italien wieder
    raus. Dieser steht fasziniert vor mir und fragt mich, wa-
    rum ich es trotz Hilfe nicht geschafft hätte, durch das
    Labyrinth zu gehen?
    Nun brauchen wir aber dringend etwas Süßes, also
    kaufe ich Zuckerwatte für alle und kandierte Äpfel, de-
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    ren Geschmack anschließend mit einigen Würstchen
    und Gurken neutralisiert werden muss. Dies sind kuli-
    narisch ziemlich grenzwertige Erfahrungen, ich bin auf
    diese Weise ernüchtert. Aber meine Freunde sind über-
    aus begeistert, auch und besonders von den tollen gel-
    ben Särgen, in denen die ohnmächtigen Besoffenen –
    «jaaaaa, er lebt noch» – von Sanitätern durch die Menge
    geschoben werden.
    Auf dem Heimweg fragt mich Marco, was denn ei-
    gentlich die Polizei zu diesem Oktoberfest sage. Ich
    verstehe nicht, was er meint. Na ja, so viele Betrunkene,
    das sei doch ein schlechtes Beispiel für die Kinder. Ob
    das denn in Deutschland erlaubt sei?
    «Natürlich ist das erlaubt, es ist sogar erwünscht»,
    antworte ich.
    «Man will, dass die Leute sich mit Alkohol vergiften?»
    «Man will es nicht, aber man hat jedenfalls nichts
    dagegen.»
    «Aber das ist doch gefährlich. Da kann doch viel pas-
    sieren. In Campobasso wäre so etwas nicht erlaubt.»
    Ich erkläre Marco, dass bei uns sogar der Bürger-
    meister persönlich das erste Bier einschenkt. Er ist von
    Amts wegen dazu verpflichtet, das größte Besäufnis
    der Welt zu eröffnen. Das findet Marco sensationell –
    und bei Licht betrachtet ist das auch sensationell.
    Diesmal übernachten die Jungs bei uns, Sara hat
    Matratzen ausgelegt. Ich erzähle ihr von Angelika, und
    Sara ist sehr froh und dankbar, dass ich trotz dieser
    hammerharten Affäre nach Hause gekommen bin. Am
    nächsten Tag reisen Marco, Francesco und Furio ab.
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    Ich bringe sie zu ihrem Wohnmobil, die Bierfassmüt-
    zen werden sorgfältig verstaut, man freut sich schon
    aufs nächste Jahr.
    Drei Wochen später kommt ein großer wattierter
    Umschlag. Darin befinden sich ein Brief und ein ge-
    rahmtes Foto. In dem Brief bedankt sich Marco für das
    einmalige Wochenende. Das Oktoberfest sei bestimmt
    das schönste Fest der Welt.

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