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Anubis - Roman

Titel: Anubis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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entsprechenden Antwort an. Alles, was sie jedoch hören ließ, war ein entsetztes Keuchen. Dann schlug sie die Hand vor den Mund. Trotz der unheimlichen grünen Beleuchtung konnte Mogens erkennen, wie alle Farbe aus ihrem Gesicht wich und ihre Augen vor Entsetzen dunkel wurden.
    »Großer Gott«, stammelte sie. »Was ist das?«
    Graves legte den Kopf auf die Seite. Seine Augen wurden schmal. »Sagten Sie nicht, Sie wären schon einmal hier unten gewesen?«, fragte er misstrauisch.
    »Nicht …« Miss Preussler warf einen fast Hilfe suchenden Blick in Mogens’ Richtung, dann drehte sie sich wie magisch angezogen wieder herum. »Ich meine … nicht hier. Ich habe es nicht …« Ihre Stimme versagte.
    »Sie haben es noch nie zur Gänze gesehen, nicht wahr?«, fragte Mogens.
    »Ich war … in … in einem Haus«, stammelte Miss Preussler. »Einer Art Haus. Ich meine … ich dachte, es …«
    »Schon gut«, sagte Mogens, als ihre Stimme ihr endgültig den Dienst verweigerte. Miss Preussler nickte hilflos. Mogens warf Graves, der schon wieder zu einer spitzen Bemerkung ansetzte, einen so vernichtenden Blick zu, dass er es nicht wagte, auch nur ein einziges Wort zu sagen.
    »Was ist das, Professor?«, wimmerte Miss Preussler. »Bitte, sagen Sie mir, was das hier ist!«
    Wie gern hätte Mogens ihr diese Frage beantwortet. Wie gern hätte er sie sich selbst beantwortet. Doch alles, was er zustande brachte, war ein hilfloses Kopfschütteln. Selbst der unermüdlich um eine rationale Erklärung bemühte Teil in ihm, den er bisher niemals – außer bei einer einzigen, schrecklichen Gelegenheit vor vielen Jahren – wirklich zum Schweigen hatte bringen können, war nun verstummt. Er fühlte sich leer. Erschlagen von der Größe und bizarren Fremdartigkeit dieser unterirdischen Stadt.
    Und doch – wie schon einmal – spürte er etwas auf schreckliche Weise Vertrautes an diesem unvertrauten Anblick.
    »Ist das … so etwas wie ihre Stadt?«, fragte er, ohne ihn anzusehen, aber an Graves gewandt.
    »Ich bin nicht sicher«, antwortete Graves. »Ich meine: Ich habe nicht angenommen, dass sie in Erdlöchern oder Höhlen hausen. Dazu erschienen sie mir trotz allem zu zivilisiert, und ihre Physiologie zu weit entwickelt. Aber das …« Er schüttelte erneut den Kopf und sah plötzlich ebenso hilflos aus, wie Mogens sich fühlte. »Ich weiß es nicht«, gestand er.
    »Woher kommt das Licht?«, fragte Tom. Mogens sah ihn fast hilflos an, doch Graves hatte bereits eine Antwort parat – für Mogens’ Geschmack beinahe eine Spur zu schnell, obgleich er zugeben musste, dass sie durchaus einleuchtend klang.
    »Seht ihr diese leuchtenden Flecken überall auf den Felsen und unter der Decke?«, fragte er mit einer entsprechenden Geste. Nicht nur Toms, sondern auch Mogens’ Blicke folgten der Bewegung. Tatsächlich erkannten sie überall auf dem Stein – hier und da selbst auf dem Boden – große, unregelmäßig geformte Flecken, achtlos eingestreuten Fetzen aus grünem Segeltuch gleich, die eben jenes blassgrüne Licht ausstrahlten, das den gesamten riesigen Raum erfüllte. Das Schimmern der einzelnen Flecken war kaum zu bemerken, inseiner Gesamtheit war dieser sonderbare Schein jedoch fast so hell wie der Vollmond in einer wolkenlosen Nacht.
    »Ich nehme an, es handelt sich um leuchtende Pilze oder anderweitige unbekannte Organismen, die aus sich heraus leuchten.«
    »Und das nennen Sie nicht das Werk des Teufels?«, fragte Miss Preussler. In Graves’ Augen blitzte es schon wieder verärgert auf, doch Mogens warf ihm einen raschen, mahnenden Blick zu. Miss Preussler hatte den Schock, den dieser Anblick für sie bedeuten musste, noch lange nicht überwunden. Ebenso wie er sich in Momenten wie diesem fast verzweifelt an seinen wissenschaftlichen Verstand und seine Logik klammerte, war es für sie ihr unerschütterlicher Glaube, an dem sie sich nun festhielt, um nicht vollends den Halt in der Wirklichkeit zu verlieren. Auch Graves schien das wohl im allerletzten Moment zu begreifen, denn er verzichtete auf eine seiner üblichen, boshaften Spitzen, sondern antwortete ganz im Gegenteil in sachlichem, nur erklärendem Tonfall.
    »So etwas ist nicht ungewöhnlich, meine Liebe«, sagte er. »Der Wissenschaft sind zahlreiche Lebensformen bekannt, die Licht erzeugen. Haben Sie etwa noch nie ein Glühwürmchen gesehen?«
    »Selbstverständlich«, antwortete Miss Preussler. »Aber das ist doch wohl ein Unterschied!«
    »Wieso?«,

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