Apartment 16 - Nevill, A: Apartment 16 - Apartment 16
stieß Apryl hervor.
»Reden Sie keinen Unsinn. Ich schaue mir eine Sendung an. Das Gerät funktioniert einwandfrei. Stephen hat es repariert. Ich bin nicht an einem neuen interessiert. Wir kaufen nichts!« Der Hörer knallte auf die Gabel. Es klang wie ein Stein, der gegen eine Windschutzscheibe prallte.
Apryl zuckte zusammen und hörte eine Weile dem Leerzeichen zu, viel zu erschrocken, um sich zu bewegen.
Drei Stunden später saß sie auf dem Bett in Lillians Schlafzimmer und rief erneut an. Dieses Mal war kein Geräusch vom Fernseher im Hintergrund zu hören. Stattdessen klang die Frau so, als wäre sie aus dem Schlaf geschreckt worden.
»Ja?«
»Oh, hoffentlich habe ich Sie nicht geweckt.«
»Das haben Sie allerdings.« Die Worte klangen irgendwie düster und gemein, und Apryl stellte sich verkniffene, böse Augen vor, die sie anstarrten. »Ich kann nachts nicht schlafen. Mir geht es nicht gut. Wie kann ich da schlafen?«
»Das tut mir sehr leid, Mrs. Roth. Ich hoffe, es geht Ihnen bald wieder besser.«
»Was wollen Sie denn eigentlich?« Die Frage ähnelte eher einem Bellen als menschlicher Sprache.
»Ich bin … « Mit einem Mal hatte sie alles vergessen. »Also, ich rufe an, weil … «
»Was sagen Sie da? Das ist ja alles völlig sinnlos.«
Dann halte doch endlich mal deine Klappe, du verdammte Alte, und lass mich was Vernünftiges vorbringen . »Ich interessiere mich sehr für das Barrington House, Mrs. Roth. Für die Geschichte des Gebäudes. Wissen Sie … «
»Was habe ich denn damit zu tun? Ich will nichts kaufen.«
Apryl hatte schon das Krachen des Telefons, das auf die Gabel geschmettert wurde, im Ohr und riss sich zusammen: »Ich will nichts verkaufen. Ich bin die Nichte von Lillian Archer, Mrs. Roth. Und ich versuche ein bisschen was über sie in Erfahrung zu bringen. Ich habe sie leider nicht gekannt. Soweit ich weiß, wohnen Sie hier schon sehr lange. Ich würde wirklich gerne mit Ihnen sprechen. Sie können mir bestimmt interessante Dinge erzählen. Vor allem über den Künstler … «
»Künstler? Was für ein Künstler?«
»Äh, ein Mann namens Felix Hessen. Er wohnte … «
»Ich weiß, wo er wohnte. Was wollen Sie eigentlich? Mir Angst machen? Mir geht es nicht gut. Ich bin alt. Und es ist wirklich sehr grausam, mich anzurufen und an ihn zu erinnern. Wie können Sie so etwas nur tun!«
»Es tut mir leid. Ich wollte Sie nicht verärgern. Aber ich bin extra aus Amerika gekommen, um den Nachlass meiner Großtante … «
»Ich interessiere mich nicht für Amerika!«
Apryl schloss die Augen und schüttelte den Kopf. Was stimmte bloß nicht mit diesen Leuten? Abgesehen von Miles führte jeder Bezug zu Hessen sie zu Menschen, die geistig labil, behindert oder senil waren. Das war einfach zermürbend. Mit diesen Menschen konnte man überhaupt nicht vernünftig kommunizieren. Sie hörten nicht zu. Sie war bloß dazu da, ein Publikum für ihre verrückten Ideen zu liefern. Sie holte tief Luft. »Sie sollen sich gar nicht für Amerika interessieren. Bitte, hören Sie mir einfach mal zu. Es ist wirklich ganz einfach. Ich will Ihnen nichts verkaufen. Ich will Ihnen auch keine Angst machen.« Sie war so entnervt, dass sie alles deutlicher und lauter als nötig aussprach.
»Sie müssen wirklich nicht so schreien, meine Liebe. Das ist nicht sehr angenehm.«
Apryl biss sich auf die Unterlippe. »Ich möchte nur mit jemandem sprechen, der meine Großtante und den Künstler Felix Hessen gekannt hat. Sie hat sehr viel über ihn geschrieben. Darum geht es. Nicht mehr. Nur um ein Gespräch.«
Und dann passierte etwas Ungewöhnliches, das Apryl augenblicklich mit heftigen Gewissensbissen erfüllte. Vielleicht hätte sie diese verwirrte alte Dame doch nicht so anfahren sollen. Immerhin war sie gerade erst aus dem Mittagsschlaf erwacht. Mrs. Roths Stimme bebte, und dann begann sie zu schluchzen. »Er war ein schrecklicher Mensch. Er ist daran schuld, dass ich nicht mehr schlafen kann. Und jetzt fängt er wieder damit an.«
»Mrs. Roth, bitte weinen Sie doch nicht. Ich wollte Sie nicht aufregen. Ich wollte nur mit jemandem sprechen, der schon hier gewohnt hat, als Lillian noch lebte.«
Die quengelige Stimme klang jetzt zerbrechlich und wurde von gelegentlichen Schluchzern unterbrochen. »Ich kann ihn immer noch hören. Ich hab’s den Leuten unten ja schon gesagt.«
Apryl bemühte sich zu verstehen, was ihr da mitgeteilt wurde. »Mrs. Roth, es tut mir leid, dass sie so erregt sind. Sie klingen
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