Apartment 16 - Nevill, A: Apartment 16 - Apartment 16
Hessen nicht kennen.«
Er sah sie an, als würde der anklagende Unterton in ihrer Stimme ihn verletzen.
»Weil diese Bilder hier wie Zeichnungen von ihm aussehen. Sie müssen doch seine Werke kennen.«
Er blickte hastig nach rechts und links, als suchte er einen Platz, an dem er sich verstecken konnte. Er hatte gelogen. Vielleicht hatte Mrs. Roth oder ein anderer Hausbewohner ihm von Hessen erzählt, und er hatte dann recherchiert und angefangen seinen Stil zu kopieren, und zwar so perfekt, dass die Zeichnungen aussahen, als hätte Hessen selbst sie angefertigt oder ihm zumindest die Hand geführt.
»Seth, es tut mir leid. Aber diese Bilder hier geben mir ein Rätsel auf. Sie sehen aus, als hätte Felix Hessen sie persönlich gezeichnet. Ich bin keine Kunstexpertin. Aber diese Skizzen sehen seinen Bildern wirklich sehr ähnlich. Bildern, mit denen ich mich lange und intensiv beschäftigt habe. Die wenigen, die er hinterlassen hat.«
»Ich … ich kenne den Namen nicht. Vielleicht hab ich mal was gesehen … «
Er hatte Angst. Er war völlig verängstigt wegen dem, was sie gerade gesagt hatte. Wenn sie nicht aufpasste, würde er das Gespräch abbrechen. »Bitte, verstehen Sie mich richtig, Seth. Ich treffe in diesem Haus auf einen Künstler, der als Nachtportier hier arbeitet und Bilder gemalt hat, die denen von Felix Hessen sehr ähneln. Aber trotzdem erklären Sie mir, Sie hätten noch nie von ihm gehört. Das wundert mich natürlich. Wie kann es denn sein, dass Sie ihn nicht kennen?«
Seth wollte etwas sagen. Dann hielt er inne. Versuchte es wieder und schaffte es doch nicht.
»Was ist denn? Sagen Sie mir, wie das sein kann. Sie wollten doch gerade etwas sagen.«
Er schüttelte den Kopf. »Ich habe was gesehen.« Er schaute sie kurz an, dann blickte er wieder woanders hin. »Aber ich wusste nicht, dass dieser Hessen es gemalt hat. Ich hab’s nicht überprüft. Ich guck nicht immer nach, wer es gemacht hat, wenn mir ein Bild gefällt.«
Er log schon wieder. Er redete einfach etwas daher, um sich herauszuwinden. Und dabei war er unfähig, ihr in die Augen zu sehen.
»Wo denn, Seth. Wo haben Sie die Bilder gesehen. Hier im Haus?«
Als sie das sagte, schien er zurückzuzucken. Er riss die Augen auf, schluckte und brachte kein Wort heraus. Das war die einzige Antwort, die sie bekam.
Ihre Gedanken wirbelten wild durcheinander. Einige von Hessens Arbeiten hatten im Barrington House überlebt. Tom Shafer hatte behauptet, sie seien alle zerstört worden. Er und Arthur Roth und ihr Großonkel Reginald hatten »diesen Dreck« von den Wänden gerissen und im Heizofen im Keller verbrannt. Und vielleicht sogar den Künstler, der sie gemalt hatte. Aber offenbar war nicht alles vernichtet worden.
Die Geschichte von Hessens Verschwinden, die Shafer ihr aufgetischt hatte, ängstigte sie, aber ihr gesunder Menschenverstand hatte daran festgehalten, dass sie nicht wahr sein konnte. Als ob Hessen ein Zauberer mit einem zerschundenen Gesicht gewesen wäre, der aus einem geschlossenen Zimmer mit vielen Spiegeln und rituellen Markierungen verschwinden könnte. Sie hatte sich gesagt, dass das Blödsinn sei. Die ganze Zeit. Dass die verrückte Mrs. Shafer ihrem Mann etwas eingeredet hatte, das die Wahrheit überdeckt hatte. Bei Mrs. Roth war es das Gleiche. Sie hatte etwas allzu Unglaubliches und Schreckliches gestanden, etwas, das man niemals zugeben würde. Einen Mord – einen Mord, den sie angeblich gemeinsam begangen hatten.
Aber kaum war sie in dieses Haus gekommen, glaubte sie daran. Sie wusste instinktiv, dass keiner von ihnen – weder Lillian noch Betty Roth noch Tom Shafer – gelogen hatte. Stephen allerdings schon. Und nun auch Seth. Das war eindeutig. Beide logen sie an, weil sie etwas vor ihr verbergen wollten. Der Gedanke daran, nahm ihr den Atem.
Nur Verrückte wie die Freunde von Felix Hessen würden so etwas glauben. Aber hier vor ihr im Barrington House stand dieser Seth, nervös und stotternd, direkt unterhalb des Ortes, an dem Dinge geschehen waren, die nicht vergessen werden sollten. »Die sind immer noch hier, hab ich Recht? Die Bilder sind immer noch hier im Haus.«
Seine Hände zitterten, und er trat unsicher von einem Fuß auf den anderen.
Apryl versuchte, ihn mit einem Lächeln zu beruhigen. Hoffentlich dreht er jetzt nicht durch. Auch wenn er völlig verängstigt und verletzlich wirkte und kein bisschen Angst einflößend, fragte sie sich, ob er ihr gefährlich werden könnte. Aber vielleicht
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