Apartment 16 - Nevill, A: Apartment 16 - Apartment 16
Hinweise auf Schrauben und Metallbefestigungen entdeckte sie, die einstmals Gemälde, Spiegel und Dekorationsgegenstände gehalten hatten. Das alles war offensichtlich von ihrer Großtante abgehängt und beseitigt worden. Inzwischen war Apryl sich ziemlich sicher, dass sie in den Kästen und Kisten in den zwei vollgestellten Zimmern keins der Aquarelle oder Ölbilder und keine Jagdtrophäen bemerkt hatte, mit denen Lillian und Reginald einst die Wände ihres Heims geschmückt hatten.
Sie waren nicht nur abgehängt, sondern weggebracht worden. Stephen hatte gesagt, Lillian sei eine Frau gewesen, die sich nicht von Dingen trennen konnte. Während seiner Zeit als Portier in diesem Haus hätte sie niemals etwas weggeworfen. Vermutlich befanden sich all die entfernten Bilder und Spiegel in einem Abstellraum im Keller. Nervös spielte Apryl mit dem kleinen schwarzen Schlüssel, der an dem gleichen Ring hing wie die Haustürschlüssel.
»Mrs. Lillian hat nie irgendwas von etwas weggeworfen«, sagte Piotr. Er schwitzte sehr stark. Sein Anzug sah unerträglich eng aus, und sein Gesicht war rosig und feucht. Er erinnerte sie an ein Würstchen, dessen aufquellendes rötliches Fleisch aus der Pelle zu platzen drohte. Und er redete immer zwanghaft fröhlich daher ohne den leisesten Anflug von Witz oder Humor. Sie merkte, wie ihr höfliches Lächeln zu einer Maske erstarrte und fast schon wehtat, während er sie mit irritierenden Fragen, größtenteils zum Thema Geld traktierte, ohne ihr überhaupt Zeit für eine Antwort zu lassen. »Und vielleicht hat die Mrs. Lillian ja so Gold gehabt, nein? Vielleicht ist eine von ihre viele Kästchen voll mit Geld, hm? Dann müssen Sie jetzt nicht mehr mit Lotto spielen, stimmt’s?«
Und so gingen sie nach unten in den Keller. Die Räume wurden von den Hausangestellten »Käfige« genannt. Jenseits der Welt der Millionäre mit ihren weichen dunklen Teppichen und Teak-Türen, schweren Vorhängen und Marmorfliesen betraten sie ein Niemandsland, das der Luxuswelt in den oberen Stockwerken zu Diensten war.
Die Wände hier unten waren mit Zement verputzt, der Fußboden war rau, abgenutzt und mit Ölflecken übersät. Drähte und schwarze Kabel hingen in Schleifen von der Decke herunter. Afrikanische Reinigungskräfte liefen träge mit Eimern und Putzmitteln durch die Gegend, und ihre schwarze Haut schimmerte violett im Licht der Neonröhren. An Stahltüren waren Warnhinweise vor Starkstrom angebracht. Ein riesiger Heizkessel schnaufte und dampfte vor sich hin, und Apryl spürte unter den dünnen Sohlen ihrer Converse-Turnschuhe deutlich, wie der Zementfußboden vibrierte. Und dann waren sie bei den Käfigen. Es war ein einziges Labyrinth von Verschlägen aus schwarzem Maschendraht, in denen Fahrräder, Kisten und zahllose verschiedene verstaubte Sachen herumstanden. Zu jeder Wohnung gehörte ein solcher Käfig. Sie hoffte nur, dass Piotr sie allein ließ, nachdem er ihr den Verschlag aufgeschlossen hatte.
»Ah, das da ist der von Ihnen.«
Noch mehr Kisten und breite Tücher, die über Packkartons gebreitet waren. Nachdem man eingetreten war, konnte man neben der nach innen aufgehenden Metalltür gerade eben stehen. »Vielen Dank, Piotr. Ich komme jetzt schon zurecht.«
»Aber vielleicht Sie brauchen mich noch, für die Kisten zum tragen, nein?«
»Das geht schon. Wirklich. Ich melde mich an der Rezeption, wenn ich Hilfe brauche. Vielen Dank.« Sie musste das dreimal wiederholen, während er viel zu nahe neben ihr stand, schwitzend und grinsend, und mit seinen kleinen Augen neugierig die Dinge im Käfig registrierte. Als er sie endlich allein ließ und sich im Fortgehen den Schweiß von der Stirn wischte, fragte sie sich, wo denn nur ihr Entdeckungsdrang geblieben war. Allein schon der Anblick dieses Gerümpels machte sie müde. Das hier war wie ein Umzug, nur hundertmal schlimmer. Denn obwohl diese Sachen ihr rein rechtlich betrachtet gehörten, hatte sie nicht das Gefühl, dass sie wirklich einen Anspruch darauf hatte. Das war eigentlich nicht ihr Eigentum, es war so furchtbar viel, und sie wusste überhaupt nicht, was sie damit anfangen sollte und ob irgendwas davon wertvoll war. In ihrem Inneren meldete sich eine verantwortungslose Stimme, die vorschlug, alles einfach wegzuschmeißen und dann einen Stadtbummel zu machen.
Sie hob die Tücher am Rand des Verschlags hoch und steckte bald inmitten von Stapeln alter Vorhänge und muffiger Bettbezüge, fand altmodische Skier und
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