Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Apfeldiebe

Titel: Apfeldiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tietz
Vom Netzwerk:
wollte, ließ Seiler die Rucksäcke fallen und ging noch einmal zurück. Seinen Stock benutzte er wie eine Machete, schlug Brennnesseln und Unkraut nieder und stand schließlich neben dem von Hasso gegrabenen Loch.
    » Also ich seh nix«, sagte Seiler. Hasso, als wolle er dem Alten eine zweite Chance geben, trat zwei Schritte zurück, gab den Blick in die Vertiefung frei und sah zu seinem Herrchen auf. Aber das schien nichts von dem zu riechen, was Hasso riechen konnte. Wau ! Das Herrchen konnte auf zwei Beinen gehen und ganz anders bellen als er selbst, es konnte Stöckchen in der Pfote statt im Maul tragen, es konnte aber nicht einmal die einfachsten Gerüche aufnehmen. Wau ! Aber wenigstens benutzte Hassos Herrchen jetzt seinen Stock.
    Seiler stemmte diesen unter den von Hasso freigelegten Felsbrocken – irgendetwas musste sich darunter befinden, ohne Grund, das wusste der Alte, benahm sich sein Hasso nicht wie ein Straßenköter. Der Stock fand eine kleine Nische, Seiler zwängte ihn hinein und warf sich dem Tier zuliebe mit seinem ganzen Gewicht gegen das Holz. Der Stein bewegte sich, Hasso kläffte, plötzlich aber gab es einen Ruck, der Stein verschwand im Boden, Gernot Seiler stürzte und Hasso setzte über sein Herrchen hinweg und verschwand mit dem Kopf in dieser Öffnung, so tief, dass Seiler schon Angst bekam, das Tier müsse jeden Augenblick ganz darin verschwinden.

    Die Tore der Hölle öffneten sich früher als erwartet. Max, mit dem Rücken zu Timi und dem Brunnen, konnte plötzlich sehen. Ein Arm aus Licht schoss aus dem Trichter in den Berg, tauchte alles in einen unwirklichen, roten Schein und verschwand so schnell wie er gekommen war. Nur die Dämmerung blieb.
    Und der Höllenhund.
    Max starrte nach oben. Er konnte die von Seiler geschaffene Öffnung nicht sehen, aber er konnte einen Felsbrocken sehen, der auf die Halde stürzte, ihren Hang hinabrollte und dabei Alex und das Mädchen nur um wenige Zentimeter verfehlte. Mit diesem aus der geöffneten Hölle herabgeworfenen Fels verwandelte sich Max, verwandelte sich alles. Alex sprang auf, sah nach oben, packte Kasimir und zog ihn zur Seite. Der Donner des gegen die Wand schlagenden Steines, das Kläffen des Hundes über ihren Köpfen und die Schreie der Kinder machten aus ihrem Gefängnis tatsächlich einen Vorhof der Hölle. Alex entdeckte Timi und Max und erkannte sofort die Gefahr. in welcher der Kleine schwebte. Max starrte nach oben, das Gesicht zu einer seltsam entrückten Grimasse verzerrt. Er lächelte, seine Augen strahlten und für einen kurzen Moment vergaß er die eigene Mission, wartete nur noch auf das millionenfach aus der Hölle wabernde Heer der Spinnen. Wie sie wohl aussahen? Brannten sie, brannte der Hund, welcher ihnen den Weg ebnete, brannten sie, wie er selbst vielleicht bald?
    Timi , erinnerte sich Max, Timi muss noch gerettet werden . Schnell, die Zeit rannte davon.
    Max warf sich nach hinten; nur ein kräftiger Schubs, wusste er, und Timi würde in die Tiefe stürzen und Erlösung finden. Aber Timi saß nicht mehr an seinem Platz. Max kippte nach hinten, ohne auf den erwarteten Widerstand zu treffen. Aus dem Augenwinkel heraus nahm er eine Bewegung wahr, doch es handelte sich weder um den Schatten einer Spinne noch hatte der Höllenhund den Sprung herab gewagt, Timi rollte sich zur Seite, schrie dabei, als wäre er nicht ganz richtig im Kopf. Hatten ihn die Spinnen bereits erreicht? Nein, Angst ließ das Kind schreien. Er hatte Max’ Berührungen genossen, beinahe wäre er eingeschlafen, als Fels und Licht in das Gefängnis stürzten und Timi die Augen öffnete. Und er den Kopf zu dem kalten Luftzug hin drehte. Keine zwanzig Zentimeter neben ihm öffnete der Berg, der ihn schon einmal um ein Haar verschlungen hatte, sein Maul. Timi rannte zu Alex und Kasi, versteckte sich hinter diesen, schrie und schlug die Hände vors Gesicht, während Max vor den Augen seiner Mitgefangenen nach hinten kippte, ohne die von ihm erwartete Aufgabe erfüllt zu haben. Und der Rachen der Berges wartete.

    Seiler vermutete, dass Hassos Nase das Versteck eines Marders entdeckt und er selbst mit seinem Stock dieses Versteck zum Einsturz gebracht hatte. Hier gab es sicher eine ganze Menge Hohlräume und Kammern, erklärte sich der alte Mann das Verschwinden des Steines, verborgene Plätze, seit Jahrhunderten von Ratten, Mäusen, Füchsen und Mardern bewohnt. Wenn sich Hasso aber nicht bald beruhigte, dann würde dieses Versteck hier sein Grab.

Weitere Kostenlose Bücher