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Apollofalter

Apollofalter

Titel: Apollofalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Mal, wenn sie aus dem Fenster sah, dachte sie daran, dass sie sich noch immer nicht »Den ewigen Soldaten« angesehen hatte, eine interessante und oft lange im voraus ausgebuchte szenische Führung mit einem Schauspieler.
    Dann setzte sie sich an ihren Computer, um ihre E-Mails zu checken. Dieser Kilian hatte tatsächlich Wort gehalten und zwei Fotos von Hannah Lingat geschickt. Damit hatte sie nicht gerechnet. Noch immer wusste sie nicht so recht, was sie von ihm halten sollte. So merkwürdig, wie der sich benommen hatte.
    Das Mädchen sah sie an. Goldbraune Zöpfchen rechts und links. Eine kleine stupsige Nase. Die Zähne makellos. Sie lachte, dass es einem das Herz erwärmte. Mit einem schelmischen Funkeln in den Augen.
    Franca starrte auf das Foto. Es war eine schöne Aufnahme. Keine, die ein Amateur geschossen hatte. Hier war ein ganz besonderer Augenblick eingefangen. Je länger sie das Bild betrachtete, umso irritierter wurde sie.
    »Hubi«, sagte sie. »Guck dir doch das hier mal an.«
    Hinterhuber saß inzwischen vor einem Stapel aufgeschlagener Mappen. »Wieso? Was ist?«
    »Komm doch mal, bitte.« Sie blieb auf ihrem Stuhl sitzen und starrte weiter auf den Monitor. Er stand auf und ging um die beiden Schreibtische herum, die wie zwei überdimensionale Bauklötze mit den Rücken zueinander gestellt waren. Obwohl es keinen sichtbaren Zwischenraum gab, waren sie deutlich voneinander abgegrenzt.
    »Oh!« Er stieß einen kleinen Pfiff aus. »Die sieht aber niedlich aus.«
    »Sah«, verbesserte sie scharf. »Ich darf dich daran erinnern, dass sie auf den Bildern, die wir sonst noch von ihr haben, nicht ganz so niedlich aussieht.«
    »Man wird ja wohl noch sagen dürfen was man denkt«, antwortete er in beleidigtem Tonfall. »Was wolltest du denn überhaupt von mir, wenn du nicht an meiner Meinung interessiert bist?«
    »Ich wollte wissen, was dieses Foto auf dich für einen Eindruck macht. Abgesehen von deinem bisherigen Kommentar.«
    Souverän ging er zur Tagesordnung über. »Ich sehe ein Mädchen, von dem ich weiß, dass es bereits vierzehn Jahre alt ist, das aber eher wie zwölf aussieht. Es wirkt wie jemand, der Eindruck auf den Fotografen machen will. Sie schaut ziemlich kokett. Und er hat Erfahrung mit dem Fotografieren.«
    »Genau.« Das war auch ihr Gefühl gewesen. »Sie posiert. Fotomodelle gucken manchmal so.«
    »Da hätte sie durchaus Chancen gehabt. In ein paar Jahren, ich meine ... wenn sie die erlebt hätte.« Er kratzte sich am Kopf. Offenbar war ihm bewusst geworden, was er gesagt hatte.
    Franca ging nicht darauf ein. Ein Gedanke hatte sich in ihrem Kopf festgesetzt, den sie weiter verfolgen wollte.
    »Ich wette, davon gibt es eine ganze Serie. Und dieser Kilian hat dieses hier speziell für uns ausgewählt.« Sie streifte Hinterhuber mit kurzem Blick. »Vielleicht, weil er uns damit etwas mitteilen will?«
    »Wer ist Kilian?«
    »Ein Gast, der seit fünf Wochen auf dem Löwenhof lebt. Und der auf mich einen merkwürdigen Eindruck gemacht hat.«
    »Inwiefern?«
    Sie berichtete ihm von dem Beileidsbesuch bei Hannahs Familie am gestrigen Abend. Und dass Kilian bei der Todesnachricht in Tränen ausgebrochen war.
    »Jetzt sieh dir doch bitte auch noch dieses Foto an.« Sie klickte auf den anderen Anhang, den Kilian mit seiner Mail geschickt hatte. Ein vollkommen anderer Gesichtsausdruck. Eine Profilaufnahme. Ebenfalls sehr schmeichelhaft. Dem Lichteinfall nach musste es am Abend aufgenommen worden sein. Hannah hatte träumerisch den Blick in die Ferne gerichtet, auf ihrem Haar lag ein rötlicher Glanz. »Hier weiß sie nicht, dass sie fotografiert wird. Sie wirkt viel unschuldiger.«
    »Genau.«
    »Und? Was schließt du jetzt daraus?«
    Sie klickte hin und her. Schließlich hatte sie die beiden Fotos nebeneinander auf dem Bildschirm.
    »Entweder hatte der Fotograf einen ausgesprochen guten Blick für Wirkung. Oder er war in sein Objekt verliebt.«
    »Verliebt? Hast du nicht gerade gesagt, der Mann ist über fünfzig?«
    Schon wieder diese Zahl, die wie ein Damoklesschwert über ihr schwebte. Als ob man sich mit Fünfzig jenseits von Gut und Böse befände. »Du kannst dich wieder setzen«, sagte sie und griff kurz entschlossen nach dem Telefonhörer.
    »Also, manchmal hast du eine Art«, murmelte er.
    Sie suchte die Nummer der Mainzer Universität heraus und ließ sich mit dem Fachbereich Biologie verbinden. Doch dort ging niemand ans Telefon.
    Sie stand auf und schob Hinterhuber den Zettel mit

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