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Apollofalter

Apollofalter

Titel: Apollofalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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der Nase läuft. Vielleicht wurde das Geräusch von einem wilden Tier verursacht. Oder doch von einem Räuber. Im Dickicht glaubt er feurige Augen zu sehen. Augen, die ihm auflauern. Als er ein Knacken ganz in seiner Nähe hört, pinkelt er in die Hose.
    Schritte kommen näher. Das Herz hört zu schlagen auf.
    Und dann steht sie plötzlich vor ihm. Lacht ihn aus.
    Angsthase. Hosenscheißer!
    Er hätte sie erwürgen können in diesem Moment. Die Hände um ihren Hals legen und fest zudrücken. Ein unbekanntes Gefühl durchflutet ihn. Er denkt an einen Vulkan, dessen Bilder er kurz zuvor gesehen hat. Bilder von brodelnder Lava, die tief unter der Oberfläche der Erde glüht. Da brennt ein Feuer in ihm, das er nie zuvor gespürt hatte. Heiß durchfließen ihn Scham und Angst. Die Erleichterung danach ist fast unerträglich.
    Starke Gefühle, die sich in ähnlicher Weise mit seiner ersten Liebe wiederholten. Angst und Scham, weil er sich so sehr wünschte, ganz nah bei dem Mädchen zu sein. Als es endlich soweit war, gehorchte ihm sein Körper nicht. Er konnte das überhaupt nicht verstehen. Alleine mit sich hatte er nie derartige Probleme. Da war immer alles ganz leicht. Aber jetzt, wo es darauf ankam, versagte sein Körper. Er hatte das Mädchen nie wieder getroffen, und er fragte sich manchmal, was sie von ihm gedacht hatte.
    Mit Kindern konnte er viel besser umgehen. Mit kleinen Mädchen. Die bewunderten ihn. Die jagten ihm keinen Schrecken ein. Die suchten seine Nähe. Mit ihnen gab es keine Probleme. Jedenfalls nicht solche wie mit den Frauen.
    Insgeheim wusste er, dass das nicht richtig war. Ein Zwiespalt, der ihn zur Flasche greifen ließ. Betäuben, was man nicht versteht. Wegsaufen, was einen ängstigt. Und nun hatte er wieder gesoffen. Obwohl er es zwei Jahre geschafft hatte, ohne Alkohol auszukommen. Er war schwach gewesen. Hatte sich gehen lassen. Sein Verstand hatte ihn im Stich gelassen, wie schon so oft zuvor. Wenn alles auf ihn eingestürzt kam. Wenn er meinte, den Druck, die Belastungen nicht mehr aushalten zu können. Wenn die Anspannung sein Inneres zu sprengen drohte. Und es so einfach war, der Versuchung nachzugeben.
    Dann jedes Mal das jämmerliche Erwachen. Das Gefühl, wieder einmal versagt zu haben, in Selbstmitleid abzutauchen und erneut die Flasche anzusetzen. Ist doch sowieso alles scheißegal! Bloß kein Denken mehr. Die Erinnerungen wegdrängen. Die Gedanken zuschütten. Die gierigen Sehnsüchte wegsaufen. Weglaufen. Abhauen. Etwas anderes fiel ihm nicht ein.
    Sein Brustkorb hob und senkte sich in immer schnelleren Abständen. Er hörte seinen schnaubenden Atem. Fühlte stechenden Schmerz und Taubheit zugleich. Ein merkwürdiges Gefühl.
    Es wäre besser gewesen, ich wäre nicht wieder aufgewacht. Er spürte, wie ihm die Tränen die Wangen hinunterliefen.
    Hast du wieder mal das heulende Elend?, hörte er eine Stimme aus der Vergangenheit.
    Er vergrub sich in seinem Schmerz. Versank darin. Immer tiefer. Wollte nicht mehr in die Wirklichkeit zurück. Er hatte keine Kraft mehr zu kämpfen. Dem Verlangen nachgeben. Nichts mehr denken. Nur noch dem Verlangen nachgeben. Den Flaschenhals ansetzen und tun, wonach jede Faser seines Körper gierte. So tun, als gäbe es in seinem Kopf keinen Funken Verstand.
    Seine zittrigen Hände tasteten die Bettdecke entlang. Fanden eine Schnur, daran hing ein Klingelknopf. Entschlossen drückte er darauf.
     

22
    »Ein Schlangenbiss. Und?« Hinterhuber sah Franca an.
    »Was fällt dir denn dazu ein?«, fragte Franca.
    »Ist das denn wichtig? Gestorben ist sie doch wohl an den massiven Kopfverletzungen.«
    »Ja. Ich weiß ja auch nicht. Irgendwie ist es doch komisch, oder?«
    »Manchmal gibt es eben komische Zufälle.«
    »Und warum kann ich dann nicht glauben, dass das ein Zufall war?«
    Hinterhuber lenkte schweigend den Wagen ins Dorf hinein. Es war sommerlich warm. In den Straßen und Gässchen gleich hinter der Ortseinfahrt war kaum ein Durchkommen, so viele Menschen drängten sich hier. Doch je weiter sie in Richtung Löwenhof fuhren, umso ruhiger wurde es. Diesmal kamen sie mit einem richterlichen Durchsuchungsbeschluss.
    Vor der Tür von Kilians Krankenzimmer im Johannishof war ein Polizist postiert worden. Obwohl David gemeint hatte, dass dieser Patient garantiert so schnell nicht wegliefe. Aber Kilian wäre nicht der erste Verdächtige gewesen, der schwerverletzt einen Fluchtversuch unternähme.
     
    Marion Lingat öffnete ihnen die Tür. »Ach, Sie

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