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Apollofalter

Apollofalter

Titel: Apollofalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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eingeschüchtert und mit gehetztem Blick geschwiegen. So wie Irmchen.
    »Sie müssen sich nicht von diesem Dragoner am oberen Tischende schikanieren lassen«, hätte er ihr am liebsten zugerufen. Aber es lag ihm fern, sich in die Familienangelegenheiten anderer Menschen einzumischen.
    In diesem Moment ging die Tür auf. »Herr Kilian. Sie sind schon da! Oh, entschuldigen Sie bitte vielmals.« Eine Frau kam auf ihn zugestürmt, viel jünger als Irmchen. Viel schlanker und auch viel hübscher. Marion Lingat sah in etwa so aus, wie er sie sich vorgestellt hatte. Nur war ihr Haar nicht blond, sondern hellbraun. Etwas dunkler als das von Hannah. »Ich hab fest drauf vertraut, dass die Deutsche Bundesbahn mal wieder einhält, was man ihr so gern nachsagt. Aber wenn man sich einmal drauf verlässt, ist sie natürlich pünktlich.« Lachend zuckte sie mit den Schultern. »Die Stadt war total verstopft. Es ging überhaupt nichts voran. Ganz Koblenz war offenbar zum Einkaufen unterwegs. Als ich am Bahnhof ankam, waren Sie längst weg.«
    »Du hast nicht zufällig wieder mal vergessen, wo du dein Auto abgestellt hattest?« Merkwürdig, wie es dieser bissigen alten Hexe gelang, mit einem einzigen Satz den frischen Wind, den Marion Lingat mitgebracht hatte, sofort wieder zu vertreiben.
    Marion lachte nervös.
    »Das ist einfach kein Benehmen. Was muss Herr Kilian für einen Eindruck von uns bekommen?« Die Alte saß da mit zusammengekniffenen Augen und versteinerter Miene.
    Er fühlte sich unbehaglich. Das Essen schmeckte ihm längst nicht mehr so gut wie am Anfang.
    Marion setzte sich auf den verbliebenen freien Platz und entfaltete ihre Serviette. »Na, hat Irmchen wieder was Köstliches gezaubert? Sie müssen wissen, meine Schwester ist eine wahre Kochkünstlerin«, richtete sie sich an Kilian. »Wenn Gäste da sind, gibt sie sich ganz besondere Mühe.«
    »Rindfleisch mit Meerrettich ist doch nichts Besonderes«, wehrte Irmchen bescheiden ab.
    »Also ich freu mich immer auf das Ergebnis deiner Künste«, sagte Marion gönnerhaft und begann zu essen. »Hmmm. Köstlich.« Sie warf ihrer Schwester einen anerkennenden Blick zu, den diese freudig auffing.
    Es gefiel ihm, wie Marion Lingat von ihrer Schwester sprach. So herzlich und anerkennend. Ihre Augen waren graublau. Etwas heller als die ihrer Tochter. Und genauso dicht bewimpert. Abwechselnd betrachtete er Mutter und Tochter und versuchte, die eine in der anderen zu finden.
    »Hatten Sie eine gute Reise?«, wandte sich Marion wieder an ihn.
    »Ja. Danke.«
    »Mit dem Wetter haben Sie leider nicht so viel Glück. Normalerweise ist es bei uns Anfang Juni schon richtig sommerlich warm. Und sie sollen ja was von Ihrem Urlaub haben.«
    »Ich mache keinen Urlaub.«
    »Nicht?« Nun waren drei weibliche Augenpaare auf ihn gerichtet.
    »Ich schreibe an einem Buch über seltene Schmetterlingsarten. Hauptsächlich bin ich wegen des Apollofalters hier.«
    »Ein Schmetterlingsliebhaber«, sagte Irmchen.
    »Parnassius apollo vinningensis«, sagte Hannah. »So heißt der Moselapollo. Der ist nach unserem Ort benannt worden.« Sie sagte das mit einigem Stolz.
    »Du interessierst dich für Schmetterlinge?«, wandte er sich an sie.
    »Sie interessiert sich für alles Mögliche.« Eine Mutter, die mit unverhohlenem Stolz ihre Brut ins rechte Licht rückt.
    »Nur nicht für das Weingut«, schob die Hexe in säuerlichem Tonfall nach.
    »Sie macht schon genug«, warf Marion scharf ein, als ob sie auf diesen Einspruch nur gewartet hätte. »Wenn es nach dir ginge, müsste jeder von uns Tag und Nacht in den Weinbergen schuften.«
    Man sah es der Alten am Tischende an, dass sie liebend gern etwas Heftiges erwidert hätte, aber sie bezwang sich im letzten Moment, kniff die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen, und es war wieder eine Weile still am Tisch.
    »Sie könnten Glück haben und den Apollofalter schlüpfen sehen«, sagte Hannah. »Im Uhlen gibt es viele Stellen, wo man Schmetterlingspuppen finden kann. Das ist der Felshang mit den vielen steilen Terrassen unterhalb der Autobahnbrücke. Hauptsächlich dort wächst die weiße Fetthenne. Also die Wirtspflanze der Apolloraupe«, fügte sie hinzu. Es klang fachmännisch. »Wenn Sie wollen, begleite ich Sie.«
    Er sah sie verzückt an. Das spontane Angebot hatte ihn vollkommen verblüfft. »Das wäre wirklich sehr freundlich«, versuchte er verhaltener zu sagen als ihm zumute war.
    »So, jetzt gibt’s noch Nachtisch.« Irmchen war aufgestanden

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