APROPOS JANE ROBERTS - ERINNERUNGEN EINER FREUNDIN (German Edition)
Abhängigkeitssyndrom, denn sie hatte ja nun eine junge Tochter, die von ihren frühesten Jahren an fähig war, ihr zu dienen, ihr die Bettschüssel zu reichen und sich um ihre körperlichen Bedürfnisse zu kümmern. Man kann sich kaum vorstellen, wie es für Jane gewesen sein muss, sich stets mit dem Körper ihrer Mutter beschäftigen zu müssen, alle ihre Mahlzeiten auszurichten (es gab keine Haushaltshilfe, als ich Jane zum ersten Mal zuhause besuchte) und Marie später zu helfen, als sie für einen ärztlichen Telefonsservice zu arbeiten begann, und wie viele andere ähnlich behinderte Menschen lernen musste, mit ihren aufgeschwollenen Handgelenken und fast gefühllosen Fingern umzugehen. Ich kann immer noch sehen, wie Marie das schwere Telefon auf dem Bett bedienen konnte, ein erstaunlicher Beweis ihrer persönlichen Entschlossenheit – zweifellos die Grundlage für Janes eigene innere Tatkraft.
Als ich zu einem regelmäßigen Besucher in Janes Haus an der Middle Avenue wurde, traf ich dort auch eine Anzahl junger Priester von der Kirchgemeinde, in der Jane zur Messe ging. Ich hatte den Eindruck, sie seien mehr an Jane selbst als am Zustand ihrer Mutter interessiert. Es mag ihnen gegenüber vielleicht ein wenig unfair sein, aber ich wurde das Gefühl nicht los, dass es Janes gutes Aussehen und ihre lebhafte Persönlichkeit waren, die sie anzogen. Einige von ihnen besaßen auch Geld und machten Geschenke, zum Beispiel eine Schreibmaschine, ein Bett und anderes, was man ja auch als Geste der Kirche für Bedürftige betrachten könnte, aber ich hatte dabei irgendwie das Gefühl, es gäbe hier auch sexuelle Untertöne… 2 In den sechs Jahren, in denen Jane und ich zusammen waren, war sie sich, soweit ich feststellen konnte, nie wirklich bewusst, welchen Eindruck ihr gutes Aussehen und ihre Intelligenz auf Männer machen konnten. All das bringt mich zu einem anderen Aspekt von Janes Jugendzeit während der drei Jahre im Skidmore College.
Einige Personen, sogar aus ihrem engsten Freundeskreis, betrachteten sie als ziemlich „extrem“, als an schwierigen und abgehobenen Themen (Philosophie, Spiritualität, etc.) interessiert, gleichzeitig aber auch als etwas realitätsfern. Dabei ging es bei ihr um nichts anderes als um ein Nach-Innen-Gerichtetsein, das als Isolierung gegen eine sehr schwierige und viele Ansprüche an sie stellende Kindheit gedient hatte, deren Ausmaß kaum je von jemandem nachvollzogen werden konnte. Wenn du an der Hochschule bist und ein Aufsichtsschüler kommt an die Türe des Klassenzimmers (wir hatten einige gemeinsame Unterrichtsstunden) und sagt, Jane Roberts muss sofort nach Hause, ihre Mutter braucht sie, was konnte sie da machen? Sie hatte gar keine Alternative, als dem Befehl zu folgen, und wie man sich unschwer vorstellen kann, ging es dann nur darum, dass sie ihrer Mutter die Bettschüssel reichen musste… Kurz gesagt, Jane lebte und atmete die bettlägerige Existenz ihrer Mutter, und ich war während fast drei Jahren Zeuge davon, bis Jane mit 21 endlich beschloss, dass sie nun genug davon hatte und wir im Herbst 1950 zusammen nach Santa Monica zu neuen Ufern aufbrachen. Trotzdem spürte ich, dass Jane sich innerlich mit dem Gedanken abquälte, eine invalide Mutter zuhause gelassen zu haben. Wie ein junger Mensch jahrelang eine solch morbide Atmosphäre durchstehen kann, ohne den Verstand zu verlieren, entzieht sich meiner Kenntnis. Sicher ist es kein Wunder, dass Jane letzten Endes aufbegehrte…
Als sich unsere Beziehung vertiefte, warnten mich einige meiner Freunde davor, weil ich mir vom seelischen Standpunkt aus mit Jane eine schwere Bürde auferlegen würde und dann irgendeinmal einen hohen Preis dafür bezahlen müsste. Ich glaubte jedoch zu wissen, was ich tat – ich schätzte ihre Liebe und ihre Freundschaft sehr; wir hatten eine Menge Gemeinsamkeiten (Musik, Poesie und Literatur im Allgemeinen), und ich wehrte mich gegen die Unterstellung, selbst irgendwie komisch zu werden, nur weil ich diese Beziehung aufrechterhielt. Einige meiner Freunde deuteten an, dass Jane nie das Paradox der Abhängigkeit von ihrer Mutter und ihrem eigenen Wunsch nach Befreiung von der Mühsal ihres frühen Lebens würde ablegen können. Ganz klar ging es auch um Eifersucht von Seiten jener, die sich spezielle Talente wünschten und um ihren Neid über den Erfolg anderer. Eines bin ich mir sicher – es gab einen großen Kreis von Menschen in Saratoga Springs, am Skidmore College und auch in der
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