APROPOS JANE ROBERTS - ERINNERUNGEN EINER FREUNDIN (German Edition)
manchmal mehr, und ich hämmerte, nachdem Sean zu Bett gegangen war, auf meiner alten mechanischen Schreibmaschine (die ich später durch eine elektrische ersetzte) drauflos. Manchmal verbrachte ich das ganze Wochenende, gefangen in der Magie des Geschichtenerzählens, an meinem Schreibtisch. („Meine Mami kann jetzt nicht ans Telefon kommen,“ hörte ich Sean jemanden an einem Samstagvormittag informieren, „ sie ist eine Autorin .“) Ich führte umfangreiche Traumjournale und schrieb Gedichte und Kurzgeschichten (einige davon erschienen in kleineren vierteljährlichen Zeitschriften), gewann Preise für Erzählungen, sammelte aber dabei auch die üblichen Rücksendungsformulare ein. Ich schrieb drei Romane, einer davon entfachte die enthusiastische Antwort eines Herausgebers bei Avon, der ihn mir aber später wieder kommentarlos zurückschickte. Ich schrieb eine wöchentliche Humorkolumne für den Observer , die den ersten Preis beim Wettbewerb der New Yorker-Pressegemeinschaft gewann und beinahe an eine nationale Presseagentur verkauft worden wäre (im letzten Moment zog ich mich aus Angst vor der Verpflichtung zurück). Und schließlich verbanden sich alle die Stunden, die ich mit Interviews mit einheimischen Leuten verbracht hatte, mit Fragenstellen und Antwortenaufschreiben, mit Klatschzuhören in Kaffeehäusern, mit Herumtrödeln auf der Milch- und Pferdefarm meines zukünftigen Ex-Mannes, mit dem allgemeinen Leben in einer Kleinstadt, all das vereinigte sich mit meiner Freundschaft mit Jane und Rob und wurde zu einem Teil von Dialog und später von Dreaming Myself, Dreaming a Town 1 , beides Bücher, die eben so sehr dem gewöhnlichen Leben wie einer außergewöhnlichen Erfahrung entsprangen.
Anders ausgedrückt: Ich hatte außerhalb der ASW-Klasse oder der familiären Umgebung meiner Kindheit ein Leben, das auch andere Leben umfasste. Jetzt konnte ich dann zuhause sein, wann Sean zuhause war, und was noch besser war, ich hatte mit dem Trinken an Partys aufgehört – und äußerte mich sogar ziemlich selbstgerecht darüber. Eine Reihe von Interessen entwickelten sich nun, denen ich mich zuwandte: die Welt der Pferde, der Handel mit Antiquitäten und Sammlerobjekten, die Führung eines kleinen Geschäfts, Gartenarbeiten, die Geschichte eines Dorfes mit seinen Generationen voller Geheimnisse und Freuden (worüber ich auch immer wieder in irgendeiner Form schrieb). Sean und ich wuchsen miteinander in Dundee auf, und es war dort, wo ich das alltägliche Leben zu schätzen begann, so wie es von jenen Menschen, deren Psyche so verschieden von meiner erschien, gelebt wurde, was aber, wie sich später herausstellte, eben doch nicht so war.
Und trotzdem waren die Schubladen meines Schreibtisches mit angefangenen Geschichten und Romanen voll gepackt, mit Fetzen von Ideen, die nirgendwohin führten, Entwürfen für Projekte, alles großartiges Material, das ich für eine oder zwei Stunden beiseite legte, während denen ich in den lokalen Restaurants herumhing, und das ich später dann jeweils nicht wieder nachvollziehen konnte. „Entweder du bist eine Schriftstellerin mit einem großen „S“ oder du bist es nicht,“ flüsterte mir Janes Stimme mehr oder weniger ständig ins Ohr. So fühlte ich mich trotz meiner Erfolge immer zwischen zwei Welten oder Teilen meines eigenen Wesens schwebend – und konzentrierte mich nie allzu sehr auf eine Seite, aus Angst, die andere zu vernachlässigen. Die gleichen Ängste, so realisiere ich nun, feuerten auch Janes unglaublich kreativen Energien an und den gleichzeitigen Willen, alle anderen Möglichkeiten auszuschließen.
Ich erinnere mich an einen Nachmittag, etwa eine Woche vor Weihnachten 1974, als Jane mich bat, etwas für Rob einzukaufen („Such ein paar nette Hemden aus, irgendetwas, das gerade modern ist,“ sagte sie) und so gingen Susan und ich ins kleine Einkaufszentrum in der Nähe von Elmira, um zu sehen, was wir finden könnten (aus irgendeinem Grund entschied ich mich für Hemden in einem schicken Rancherstil), und dann brachten wir Jane das Päckchen. Susan hatte Jane nie getroffen, obwohl sie mich oft über die ASW-Klasse hatte sprechen hören. Ich fühlte mich ziemlich kühn wegen dieser kleinen Eskapade, obwohl ich nicht mehr genau weiß, warum. Ich wusste nur, dass ich mir irgendeine Bestätigung von Susan, meiner bodenständigen Zeitungskollegin wünschte, die ein phänomenales Gespür dafür hatte, was wirkliche Neuigkeiten waren und was die Menschen
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