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Aquila

Aquila

Titel: Aquila Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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früher mal gekannt hatte.
    »Punkt zwei: Chandler hält sich vermutlich in einem Gasthaus am Strand von Kennebunkport versteckt, im Seafoam Inn.« Der alte Herr klang irgendwie nervös. Fennerty konnte sich nicht an etwas Ähnliches erinnern. Jeder wurde eben älter. »Lum und Abner dürften es in Erfahrung gebracht haben –«
    »Lum und Abner?«
    »Aufwachen, Andrew! Die beiden Typen, von denen ich Ihnen erzählt habe und die Sie für mich aufstöbern sollten. Sie müssten wissen, wo Chandler sich aufhält. Ich glaube, sie haben Blut geleckt wie die Haie … Also legen Sie sich ins Zeug. Andrew?«
    »Ja?«
    »Ich weiß es nicht mit Sicherheit, aber ich glaube, wenn Chandler umgebracht wird, sind Sie fällig. Ich will, dass die beiden am Leben bleiben – Chandler und die Fernsehlady, die 196
    bei ihm ist, Polly Bishop. Tun Sie alles, um ihnen das Päckchen abzujagen …«
    »Worauf legen Sie nun mehr Wert«, fragte Fennerty
    quengelig, »auf die Leute oder das Päckchen? Falls ich mich entscheiden müsste.«
    Aber er bekam keine Antwort. Die Leitung war tot.
    Irritiert lag Fennerty ein Weilchen still und fragte sich, worum es eigentlich ging, was denn nun im Ernst von ihm verlangt wurde. Alles war so chaotisch; wenn man im Einsatz war, blickte man nie ganz durch. Man sah nur ein paar kleine Puzzlestücke, die keinen Aufschluß auf das Ganze ermöglichten.
    Man kannte seinen Teil der Aufgabe, der Rest war ziemlich verschwommen. Vermutlich war das schon von jeher so gewesen. Hundertprozentig. Deshalb wollte er nie mehr Einsatzdienst machen, sondern am Schreibtisch arbeiten, wo man sich als erwachsener Mensch fühlen konnte. Es wurde langsam Zeit.
    Er hatte einmal jemanden gekannt, der für die Washington Redskins Football spielte, ein bisschen alt für einen Footballspieler, knapp vierzig, doch er sah aus wie um die fünfzig, besonders seine großen verletzlichen braunen Augen.
    Dieser Mann hatte ihm einst erzählt, was da draußen auf dem Spielfeld abging.
    »Andrew«, hatte er leise und friedlich gesagt, als sie im Innenhof seines Hauses in Georgetown saßen, »du bist bloß ein Fan und glaubst den ganzen Mist, den du über Football liest …
    die sechshundert Spiele pro Saison, die unzähligen Varianten, die Blockaden, das gekonnte Timing, die unglaublichen Feinheiten und das spielerische Geschick, den ganzen Scheiß über ein Schachspiel mit menschlichen Figuren. Das alles ist eine einzige Verlade, die Intellektualisierung von Football, um den Schein zu wahren, damit Arschlöcher wie Nixon ihre Außenpolitik im Football-Slang beschreiben können …« Er hatte verächtlich das Gesicht verzogen, aber nicht die Stimme 197
    erhoben, sondern sprach einfach so dahin in seinem
    gemächlichen schottischen Singsang, der ihm durch den Wild Turkey ein bisschen entglitt. »Beim Football geht es nur um eins, Andy – um eins allein: nämlich um Arschtritte.« Er hatte leise in sich hinein gelacht. Es war Frühling, und wahrscheinlich hatte er schon gewusst, dass es für ihn gelaufen war. »Nichts Großartiges. Nur Blut und Schmerzen, und die Hälfte der Spieler hat Schaum vor dem Mund von irgend welchen Drogen, Augen wie Stecknadelköpfe … Wie im Dschungel, Andy. Das totale Chaos. Und während wir da draußen sind und im Dreck wühlen und in die Hose pissen und blutiger Rotz aus unseren Nasen rinnt, haben wir keine Ahnung, was im Spiel los ist, wie ihr es seht. Und wenn wir’s geschafft haben, ihnen stärker die Hucke voll zu hauen als sie uns, ja, dann wischen wir uns gegen vier am Sonntagnachmittag die Scheiße aus den Augen und schauen hoch, und die Leute stehen da und jubeln, und das heißt, dass wir gewonnen haben.«
    Fennerty hatte oft an diese Rede gedacht. Er hatte sie in seinem Gedächtnis bewahrt und sich gewünscht, er hätte sie auf Band; denn mit den gleichen Worten hätte er über seinen eigenen Job reden können. Andrew Fennerty der jemandem erzählt, was es bedeutet, für die Company zu arbeiten. Aber so was konnte man nicht machen. Niemals. Und keiner erhob sich und jubelte der Company zu.
    Das jedenfalls waren seine Gefühle, als er im Ritz im Dunkeln auf dem Bett lag, während aus dem Bad ein schwacher Lichtschein drang. Ein gestandener Mann, der niemals ohne Nachtlicht schlief. Welche Chance hatte er bei einem wirklich guten Gegner? Gegen ein Ass der Russen? Oder – was der Himmel verhüten möge – gegen einen Nazi-Typen aus Texas oder Südamerika oder Südafrika? Er seufzte ergeben und schwang

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