Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Arabische Nächte

Arabische Nächte

Titel: Arabische Nächte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Parker
Vom Netzwerk:
Blick seines Angreifers verriet, dass dieser ohne Gnade oder Gewissen vorgehen würde.
    Die anderen Männer fuhren auf. »Er ist es nicht wert, Dev-lyn«, mahnte Winslow.
    Hemphill legte Howe beruhigend die Hand auf die Schulter. »An diesen Ausfällen sind nur Langeweile und das Wetter schuld.«
    »Lass es, Sinclair«, winkte auch Frampton gelangweilt ab. »Trink lieber noch einen Wein.«
    Mit der Linken ergriff Sinclair ein volles Glas vom Tisch und schüttete den Inhalt Frampton ins Gesicht. »Du trinkst!« Damit drehte er sich um und konzentrierte sich wieder auf den
    Mann, der an seinem Haken hing. »Wollen Sie mich wirklich fordern?«
    Howe schnaubte. Sein Mut wuchs, als er merkte, dass die Umstehenden inzwischen auf seiner Seite waren. »Ich werde einen Krüppel nicht anfassen!«
    Sinclairs Miene verkrampfte sich unter Rachegelüsten. »Solange Sie nicht leben, wie ich gelebt habe, werden Sie nie wissen, was ich weiß!« Mit einem Stoß gab er Howe frei.
    Howes Rückzug verriet, dass er seine Angst nicht in der Gewalt hatte. Um von diesem Schwächeanfall abzulenken, sagte er von oben herab: »Von Ihrem unberechenbaren Temperament hat man schon viel gehört.« Er rückte seine Uniformjacke gerade. »Aber hin und wieder muss auch ein Sepoy— Offizier für seine Ausfälle geradestehen.«
    »Moment, Sir!«, protestierte Hemphill, da dieser Name, eine Bezeichnung für eingeborene Angehörige der Indischen Armee, bei einem englischen Offizier eine Herabsetzung bedeutete. »Sie beleidigen damit nicht nur einen der Anwesenden.«
    »Gestatten Sie mir, Ihnen zu zeigen, wie gut ein Sepoy sich verteidigen kann.« Sinclair griff nach dem Tranchiermesser, das auf einer Platte mit blutigen Fleischstücken lag.
    Besorgt beugte Winslow sich zu ihm hinüber und flüsterte: »So nicht, Devlyn. Du entwürdigst dich.«
    »Zurück!« Mit dem Arm ausholend traf Sinclair Winslow mitten ins Gesicht, dass dieser rücklings gegen den Kartentisch prallte. Wein wurde verschüttet, Karten flatterten zu Boden.
    Ebenso abrupt warf Sinclair das Messer von sich und hob beide Arme an den Kopf. »Ach, Gott!«
    »Was ist?«, fragte Frampton, Sinclair aber drehte sich um und taumelte hinaus, wie von Dämonen gebeutelt.
    »Sternhagelvoll!«, erklärte Howe voller Verachtung. »Ich glaube, Sinclair ist stockbesoffen.«
    »Es ist sein verdammtes Temperament«, schnaubte Frampton. »Eines Tages wird es ihn noch ins Irrenhaus bringen.«
    Hemphill näherte sich Winslow, als dieser sich aufrichtete. »Was hatte Devlyn eigentlich?«
    »Verdammt, wenn ich das nur wüsste!« Winslows Miene verriet, wie aufgebracht er war. »Obwohl wir Freunde sind, muss ich sagen, dass Devlyn manchmal zu weit geht.«
    »Verdammter Schädel!«, ächzte Devlyn Sinclair, als er über die offene Straße vor dem Wirtshaus torkelte, die Handwurzel der Linken an die Stirn pressend. Sein Kopf schien dem Bersten nahe wie eine überreife Melone. Der Schmerz kam immer, wenn er versuchte, sich an einen Fetzen seiner abhanden gekommenen Vergangenheit zu erinnern.
    Manchmal steigerte sich der Schmerz allmählich, bis vor seinen Augen ein blutroter Schleier hing und er menschliche Gesellschaft mied. Oder er explodierte wie jetzt eben im Zorn wie eine Kanone mit kurzer Lunte. So die Beherrschung zu verlieren, war für ihn ärgste Demütigung und tiefste Schmach.
    Als er das Geländer der Hartford Bridge auf der anderen Straßenseite erreichte, fing er an, mit Hand und Haken an seinem Rock zu zerren, da das schwere Tuch seine Brust einzuengen schien. Schließlich schaffte er es, ihn loszuwerden, wenn er auch einen Knopf abriss, den er in der Dunkelheit davonrollen hörte. Schwer atmend hob er Arme und Gesicht in die kalte Nacht. Die frische Luft tat gut. Sie klärte die Sinne.
    Er atmete scharf ein und verdrängte die Erinnerung an die erschrockenen und misstrauischen Mienen der Männer, die er eben verlassen hatte. Nach dem heutigen Zwischenfall musste allen klar sein, dass er für die ihm aufgetragene Mission nicht geeignet war.
    Der schwarzen Raserei, wie er diese jähen Anfälle nannte, folgten oft Kopfschmerzen, die so schlimm waren, dass es ihn drängte, den Kopf irgendwo dranzuschlagen, bis er platzte. Dann wiederum plagten ihn Phantomschmerzen der fehlenden Hand, grässliche brennendheiße Pein, die seinen Arm hinauf-schoss, dass er die Hand am liebsten noch einmal abgehackt hätte, nur um dem Schmerz ein Ende zu bereiten.
    Ärzte von Kalkutta bis Arabien hatten ihn untersucht und

Weitere Kostenlose Bücher