Arabische Nächte
Aufsichtspersonen«, meinte dazu Devlyn.
»Sie müsste eigentlich aus Kautschuk sein!« Lady Simms runzelte die Stirn, während sie die Schüssel mit Bratkartoffeln anstarrte. »Keine Frau diesseits des Kanals hätte sich auf den Teufelspakt eingelassen, den eine Ehe mit Lord Abbott bedeutete.« Sie fixierte Japonica, während sie Kartoffeln auf ihren Teller häufte. »Indem er Sie, eine Bürgerliche, ehelichte, hat Lord Abbott seiner verdammten Brut eine nachgiebige Mama mit offener Börse verschafft! Die letzte Tat eines Verzweifelten!«
Nachdem sie ihre Wahl getroffen hatte, winkte sie den Diener fort und sah wieder Japonica an, die in stummer Entrüstung nach Luft schnappte. »Sie hingegen haben den gesellschaftlichen Aufstieg so gut wie geschafft. Ihre Liebelei mit meinem Neffen wird Ihnen vielleicht nicht ganz so übel angekreidet. Angesichts Ihrer Herkunft ist es ohnehin zweifelhaft, ob die allerhöchsten Spitzen der Gesellschaft Sie empfangen würden. Doch in manchen gehobenen Kreisen ist ein schlechter Ruf sogar eine gewisse Empfehlung. Also, wo sollen wir mit Ihnen beginnen?«
Japonica verschlug es die Sprache, sodass sie nach dieser Beleidigung zunächst kein Wort herausbrachte. »Wahrscheinlich meinen Sie es gut, Lady Simms - aber Sie können versichert sein, dass Ihre Hilfe nicht nötig ist.«
Lady Simms wandte sich an Devlyn. »Ist sie immer so eigensinnig?«
»Außerordentlich«, gab Devlyn zurück.
Eine tiefschwarze Braue bewegte sich in die Höhe, als Lady Simms den Kopf wie ein Vogel in Japonicas Richtung neigte. »Eines muss man Ihnen lassen: Sie haben Devlyn aus seinem Schneckenhaus gelockt. Vielleicht vertraut er seiner Liebsten an, was er seiner Familie verschweigt.«
Sie richtete ihren durchdringenden Blick auf Devlyn. »Gedächtnisverlust und Irrsinn? Ich glaube nicht daran. Die Wahrheit liegt irgendwo in dir. Und nun zu deinen Gebrechen!« Sie griff nach der ziselierten goldenen Gabel und deutete zuerst auf seine vernarbte Stirn. »Völlig belanglos! Zur Zeit meines Vaters, als Duelle zum Leben jedes echten Gentleman gehörten, galt ein Mann ohne Narbe entweder als Feigling oder er war Geistlicher. Und jetzt dies hier!« Mit den Gabelzinken stieß sie an seinen Haken. »Musst du um jeden Preis auffallen?«
Japonica staunte, wie Devlyn zulassen konnte, dass jemand auf so impertinente Weise mit ihm sprach. Doch saß er ruhig da, als lausche er der Stimme der Weisheit oder einer Art Offenbarung. Ihr selbst war nicht so zu Mute. Erst hatte man sie Dirne und Emporkömmling genannt, und jetzt ignorierte man sie. Das ging zu weit!
Abrupt stand sie auf. »Mir reicht es!« Die zwei anderen warfen scharfe Blicke in ihre Richtung. »Dies ist mein Heim, ich kann daher meine Meinung frei äußern, und die ist folgende: Ich bin weder die Verführerin noch die Verschwenderin, für die Sie mich halten, Lady Simms. Und ich glaube nicht, dass Sie die passionierte Klatschbase und Intrigantin sind, als die Sie sich ausgeben.« Lady Simms' Mundwinkel zuckten. »Da ich rechtschaffen müde bin, überlasse ich Sie jetzt der kundigen Behandlung Ihres Neffen.«
Nachdem sie gegangen war, wandte Lady Simms sich an Devlyn. »Sie gefällt mir ... mit ihrem Geist, Witz und Mut. Prächtig wird sie sich für dich machen!«
»Alles bereits amtlich«, erwiderte Devlyn kühl. »Sie ist ohne meine Hilfe Viscountess geworden.«
»Aber noch ein Kind, Dev! Eine so junge und offensichtlich unerfahrene Dame bleibt nicht lange ohne einen ganzen Rattenschwanz glühender Anbeter, die den Mangel nur zu gern ausgleichen.«
»Unerfahren? Sagtest du nicht eben, dass halb London annimmt, ich hätte sie von hier bis Londonderry geritten?«
»Wer hört schon auf Klatsch?« Seufzend legte Lady Simms die Gabel aus der Hand. »Ich fröne ihm nie.«
»Trotzdem zeigst du unwillkommenen Eifer, deine Nase in meine Angelegenheiten zu stecken!«
»Die Anmaßung des Alters«, entgegnete sie unbekümmert. »Schließlich hast du mich um meine Meinung gefragt.«
»Das hatte ich nicht.«
»Nein? Dann habe ich es in deinem Blick gelesen. Und deine finstere Miene gewöhne dir rasch ab. Sie ist wie ein Misston in der Sonate des Lebens. Gewiss, das Schicksal hat dir übel mitgespielt!« Sie legte die Hand auf seinen Haken. »Aber sag mir eines, Devlyn. Wurde etwas verstümmelt, abgeschnitten oder sonst irgendwie außer Gefecht gesetzt, sodass du daran gehindert bist, einem unschuldsvollen weiblichen Wesen ein von wilder Leidenschaft erfülltes
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