Arabische Nächte
unter dem dünnen Leibchen. Sie kam sich nackt und albern vor. Egal, was ihr Spiegel ihr sagte, sie musste erst einen einzigen Schimmer der Reaktion auf ihre Vorführung in seiner Miene lesen. Ach, was für ein Fehler dieses Gewand war! Sie wusste es.
»Ich ziehe mich um.«
»Nein.« Mit einer leichten Berührung an der Schulter hielt er sie auf. Und dann lächelte er voll, und weil sein Lächeln so rar war, wirkte es umso charmanter. »Verzeihen Sie! Ich weiß gar nicht, wie ich meine Bewunderung äußern soll, Lady Abbott.«
Sie verschränkte die Arme. »Das hätten Sie sofort sagen können.«
Devlyn bedachte die Reize, die sie ihm unbewusst präsentierte, mit einem flüchtigen Blick und spürte eine leidenschaftliche Regung. Hätte sie geahnt, welche Wirkung sie auf ihn ausübte, hätte sie sich wohl geweigert, mit ihm irgendwohin zu gehen. Nein, jetzt konnte er es kaum erwarten, sich an ihrer Seite in der Öffentlichkeit zu zeigen. »Sind Sie bereit?«
Sie nickte. »Kommt Lady Simms mit?«
»Wo denken Sie hin! Ich riet ihr, sich von Ihnen fern zu halten.«
»Warum?«
Ihr flehender Blick bat ihn, ihr zu versichern, dass die Ondits seiner Tante nicht wirksamer waren als ein Windstoß im Kamin. Doch leider konnte er ja nicht wissen, wie weit ihr Ruf schon geschädigt war, bevor sie nicht einen Abend in der Gesellschaft verbracht hatte. Um vieles grausamer wäre es jedoch gewesen, sie heute als völlig Arglose auszuführen. Für sie war es besser, wenn sie sich hinter gerechter und wachsamer Empörung verschanzte.
»Ich tat es, um meine Privatheit zu schützen.« Der Schmerz in ihrem Blick wurde deutlicher, und er wünschte sofort, er hätte sich galanter ausgedrückt.
Sofort fasste sie sich wieder. »Ich nehme an, Ihnen ist es einerlei, wie sehr Lady Simms meinen Charakter anschwärzt.«
»War ich mit einem einzigen Punkt, den sie sagte, einverstanden?«
»Sie widersprachen ihr nicht!«
Er kam sich wie ein Feigling vor, weil er ihrem aufrichtigen Bedürfnis, dass er ihre Selbstzweifel zerstreute, nicht entsprechen konnte - doch wollte er keine falschen Hoffnungen wecken. »Die Wahrheit vermochte den Lauf des Klatsches noch nie zu bremsen.«
Die stumme Bitte um Rettung erlosch in ihren dunklen Augen. »Dann kümmert es Sie also nicht, dass ich Ihre Geliebte genannt werde und Sie als Verderber fünf junger Mädchen gelten!«
»Madam, wenn ich dächte, diese Farce würde ernsthaft Glauben finden, würde ich mir glatt eine Kugel durch den Kopf jagen. Da ich das Gerücht aber nur für hassenswert und langweilig halte, werde ich es auch weiterhin ignorieren.«
Als sie keine Antwort gab, drehte er sich um und hielt einen pelzgefütterten Umhang hoch, den er mitgebracht hatte. »Das werden Sie brauchen. Es sieht wieder nach Schnee aus.«
Japonica stand still, als er ihr das Cape um die Schultern legte. Sie wünschte, sein angeborenes Selbstbewusstsein zu besitzen. Aber welche Rolle spielte es denn, was die Londoner Gesellschaft von ihr dachte? Sie hatte kein echtes Bedürfnis nach den Privilegien, die ein Adelstitel mit sich brachte. Bald würde sie weit weg von London und Lord Sinclair sein.
Devlyn sah, wie Empörung sich auf ihren Zügen abzeichnete und ihre bleichen Wangen jäh rötete. Er hatte erreicht, was er wollte - wenn auch um den Preis ihrer Sympathie. Er hätte es dabei belassen sollen, schaffte es aber nicht.
Als er den Umhang bis unter ihr Kinn zog, legte er seine Hand auf ihre und beugte sich zu ihr. »Sie sind schön. Hat Ihnen das schon jemand gesagt?«
Japonica zeigte ihm die kalte Schulter. Sie wollte seinen Trost nicht, auch nicht die Wärme seiner Berührung, die in ihr das Gefühl weckte, ihre Sicherheit läge in seiner Macht. Das konnte sie nicht zulassen. »Lord Sinclair, Ihr Kompliment ist zu übertrieben, um glaubwürdig zu sein!«
Er umfasste ihr Kinn mit starken Fingern und hob ihr Gesicht an, bis sie ihm in die Augen sah. »Sie sind schön ... glauben Sie mir.«
Ehe sie darauf vorbereitet war, lag sie in seinen Armen und nahm sofort eine Vielzahl köstlicher, beunruhigender Dinge an ihm wahr - die Frische seiner Abendkleidung, die Andeutung von Sandelholzduft, der von seiner warmen Haut aufstieg, die kraftvolle Stärke seines Körpers, die er zügelte, als er sich zu ihr neigte. Es war ein leichter Kuss, nicht mehr als ein Hauch, doch blieb ihr das Herz fast stehen."
Als er den Kopf hob, lächelte er noch immer. Er nahm ihre Hand und legte sie in seine Armbeuge. »Kommen
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