ARALORN - Die Wandlerin: Roman (German Edition)
weiterwandeln lassen«, schlug Wolf vor, der seine Aufmerksamkeit wieder Aralorns geheilten Händen zugewandt hatte.
Myr grinste. »Gute Idee.« Doch dann seufzte er. »Nein, das würde nicht klappen. Bei meinem Glück rennen sie direkt in den Drachen hinein und locken uns das Biest bis vor die Füße.«
»Drachen?«, fragte Aralorn erschrocken und hätte um ein Haar ihre Decke losgelassen.
»Oder jedenfalls das, was verdammt nach einem aussieht. Es wurde von zwei oder drei Jagdtrupps gesichtet, obschon das Ungeheuer sie selbst bis jetzt nicht bemerkt hat«, entgegnete Myr.
Drachen waren sogar noch interessanter als ihre geheilten Hände. Jäh erinnerte sie sich an etwas. »An dem Tag, als ich losgezogen bin« – sie schaute Wolf an und sah wieder weg, wollte ihn nicht in noch größere Unruhe versetzen –, »bin ich auf ein paar Spuren gestoßen. Spuren von etwas Großem. Es war etwa sechs Meilen entfernt und bewegte sich mit großer Geschwindigkeit fort. Wo habt ihr ihn gesichtet?«
»Östlich und nördlich von hier, nie näher als zehn Meilen. Wisst Ihr irgendetwas über Drachen? Ich meine, ob sie Menschen fressen oder nicht? Das wäre ganz hilfreich«, fragte Myr mit hoffnungsvollem Ton. »Einige meiner Leute wirken bereits ein bisschen kopflos.«
»Ich fürchte, nein«, antwortete sie. »Kenne sie bloß aus irgendwelchen Geschichten. In ihnen fressen sie allerdings durchaus Menschen, aber aus irgendeinem unerfindlichen Grund scheinen sie sich auf an Felsen gefesselte Jungfrauen zu beschränken. Da ich jedoch von noch keinem Ort im Umkreis gehört habe, an dem ein stetiger Nachschub von an Felsen gefesselten Jungfrauen herrscht, schätze ich, dass dieser hier andere Ernährungsgewohnheiten hat.« Sie wies mit einem Kopfnicken auf Wolf. »Warum fragen wir nicht unseren Magieexperten hier?«
Wolf zuckte die Achseln. »Näher als dem, der in der Höhle unter der Burg des ae’Magi schlief, bin ich nie einem gekommen. Und da der schon seit mehreren Jahrhunderten dort war, hab ich auch nicht viel erfahren. Obwohl ich davon ausging, dass es sich um den vermeintlich letzten seiner Art handelte – der Grund, warum er verzaubert und nicht getötet worden war.«
»Na gut«, Myr runzelte die Stirn, »wenn das Viech also kein Drache ist, dann ist es zumindest eng mit ihnen verwandt.«
»Lindwürmer sollen Drachen sehr ähnlich sein«, bemerkte Aralorn. »Etwas kleiner allerdings und plumper.«
»Lindwurm oder Drache, ich bin mir nicht sicher, ob ich mit einem von ihnen in Nachbarschaft leben möchte«, sagte Myr.
»Vielleicht frisst er die faulen Adligen, die Euch das Leben so schwer machen«, meinte Aralorn. »Man könnte sie ja mal versuchsweise an einen Felsen ketten …«
Sie merkte, wie sie allmählich wieder müde wurde, also lehnte sie sich in ein Kissen zurück und schloss ihre Augen. Sie schlief nicht, sondern döste nur friedlich vor sich hin, während sie weiter dem Gespräch der anderen beiden lauschte. Es war ein tröstliches Gefühl. Vage erinnerte sie sich, dass sie irgendetwas hatte fragen wollen. Als ihr wieder einfiel, was es gewesen war, setzte sie sich ruckartig auf.
»Astrid«, stieß sie aus, die Gefährten mitten in einer Diskussion über die beste Methode, Fleisch zu dörren, unterbrechend – eine Frage, die offenbar keiner der beiden zufriedenstellend beantworten konnte. »Hat sie jemand gefunden?«
»Ja«, sagte Wolf.
»Die Uriah haben sie erwischt«, ergänzte Myr.
Aralorn schluckte und fragte mit einer heiseren Stimme, die nicht im Mindesten wie ihre eigene klang: »Wird sie …«
»Wird sie was?«, fragte Myr.
Aralorn betrachtete ihre Hand, während sie mit ihr die Muster auf der Decke nachzeichnete, und fragte leise: »Wird sie jetzt eine von ihnen?«
Myr sah aus, als wollte er etwas sagen, hielt dann jedoch inne, um zuerst Wolfs Antwort zu hören.
»Nein«, erwiderte der Sohn des ae’Magi, »es muss ein bestimmtes Ritual befolgt werden, um Menschen in Uriah zu verwandeln. Sie wurde lediglich gefressen.«
Myr bedachte ihn mit einem vorwurfsvollen Blick.
»Ich hab immer gehört, sie wären die Schöpfung irgendeines längst vergessenen Magiers, der sie zurückgelassen hat, um das Ostmoor mit ihnen zu überschwemmen«, sagte Aralorn. »Vielleicht um etwas ebenfalls längst Vergessenes, das dort versteckt ist, zu bewachen. Ich nahm an, dass der ae’Magi einfach nur eine Möglichkeit gefunden hat, sie zu kontrollieren.«
»Er hat herausgefunden, wie er sie lenken kann,
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