ARALORN - Die Wandlerin: Roman (German Edition)
Meilen bis in Gefilde, in denen selbst die Magie des ae’Magi würde beeinträchtigt werden, falls er herausfand, wohin sie sich gewandt hatten.
Indem er sich auf die nicht allzu tiefe Höhle konzentrierte, zog er sie dorthin, doch irgendetwas packte sie und riss sie weiter, mit solcher Gewalt, dass Wolf für einen Moment wie betäubt war …
Er landete in der Dunkelheit auf einem harten Steinboden auf den Knien. Sein reflexartiger Lichtzauber geriet zu hell, und er musste ihn dämpfen.
Er befand sich zwar in einer Höhle, doch es war diejenige, in der sich seine Bibliothek befand.
Argwöhnisch richtete er sich auf und blickte sich um – mit den Augen wie mit seiner Magie. Abgesehen von den sporadischen Sonderbarkeiten, an die er sich beim Wirken von Magie in den Nordlanden fast gewöhnt hatte, schien alles in Ordnung.
Er legte Aralorn auf dem Polstersofa ab und breitete seinen Mantel über sie. Es würde nicht lange dauern, Myr davon in Kenntnis zu setzen, dass er wieder zurück war.
Im Schloss des Erzmagiers saß der ae’Magi an seinem Schreibtisch und trommelte leise mit den Fingern auf das gemaserte Holz. Er war nicht gerade bester Laune, nachdem er von Burg zu Feste einem Eindringling nachgespürt und herauszufinden versucht hatte, wer solche Dreistigkeit besaß und zugleich mächtig genug war, auch noch ungestraft davonzukommen.
Jetzt wusste er, wer es gewesen war – und wonach er gesucht hatte.
Der Boden in dem Gemach, in dem er sich aufhielt, war mit exquisiten Teppichen bedeckt. Prachtvolle, facettierte Fenster dominierten die Außenwand hinter dem Schreibtisch und tauchten den Raum in einen warmgoldenen Schein. An der gegenüberliegenden Wand befand sich ein großer, prächtiger Kamin, welcher dem warmen Spätsommer entsprechend nicht brannte. Davor saß mit zu Boden gerichtetem Blick das hübsche blonde Mädchen, das seine neueste Gespielin war, und kämmte sich das Haar.
Sie zitterte ein bisschen. Der Monat, den sie jetzt seine Geliebte war, hatte sie sensibel für seine jeweilige Stimmung gemacht, die, wie er zugeben musste, derzeit ziemlich miserabel war.
Gegenüber dem Tisch stand, respektvoll mit der Mütze in der Hand, eine der Wachen. Sie redete mit gedämpfter Stimme, wie es sich für jemanden gehörte, der mit einer um so viel höher gestellten Persönlichkeit sprach. Obwohl sie in soldatischer Weise stramm dastand, konnte der ae’Magi deutlich erkennen, dass sein fortgesetztes Schweigen den Mann nervös machte. So wie es sein sollte. So wie es sein sollte.
Schließlich meinte der ae’Magi sich wieder genug unter Kontrolle zu haben, um etwas zu sagen. »Du hast also gesehen, wie Cain eine der weiblichen Gefangenen aus dem Kerker geholt hat? Vor einigen Nächten?«
»Ja, mein Lord.« Der Wachmann entspannte sich ein wenig. »Ich konnte mich noch aus der Zeit, als er hier gelebt hat, an ihn erinnern, aber mir ist erst klar geworden, mit wem ich’s zu tun hatte, als er schon wieder fort war. Das letzte Mal, als ich ihn gesehen hab, war er voller Narben gewesen, doch ich entsann mich, dass er Euch als Knabe sehr ähnlich gesehen hat, Euer Gnaden.«
»Und warum erfahre ich erst jetzt davon?«
»Ihr wart nicht da, Euer Gnaden.«
»Verstehe.« Der ae’Magi fühlte, wie blanke Wut in ihm aufstieg. Cain war hier gewesen. Hier . »Welche Gefangene hat er mitgenommen?«
Als ob das noch der Frage bedurfte. Tot, hatte sie ihm gesagt. Cain wäre tot. Und er hatte ihr geglaubt – so sehr, dass er, als er entdeckt hatte, dass jemand in seinem Revier herumschlich, nicht einmal auf den Gedanken gekommen war, es könnte Cain sein.
»Diese Frau, die Lord Kisrah hergebracht hat, Herr.«
An der Schulter des Wachmanns befand sich eine geflickte Stelle. Sie war so gut ausgebessert, dass der ae’Magi sie erst bemerkte, als er nähertrat. Er würde sich darum kümmern müssen, dass die Wachuniformen regelmäßig inspiziert und falls erforderlich ausgewechselt wurden. Niemand, der in seinen Diensten stand, sollte eine gestopfte Uniform tragen.
Dieser Wachmann jedoch, dachte der ae’Magi, nicht ohne ein gewisses Vergnügen trotz seines Ärgers, würde nie wieder eine neue Uniform brauchen. Er befreite ihn von seinem irdischen Sein.
»Mach den Dreck weg und lass mich allein.«
Schaudernd fegte die sechzehn Jahre alte Seidenhändlertochter die Asche des Wächters auf eine kleine Schaufel, die neben dem Kamin lag. Sorgfältig, aber geschwind tat sie, wie ihr geheißen.
Nachdem sie gegangen war,
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