ARALORN - Die Wandlerin: Roman (German Edition)
dem König, als die Bauern es waren.
»Und die sollte man auch haben«, mischte sich jetzt Wolf aus den Schatten ein; beinahe erkannte er seine eigene Stimme nicht wieder. »Wäre ich an seiner Stelle, würde ich Euch hinausschicken, damit Ihr selbst herausfindet, was mit Dummköpfen des Nachts passiert.«
Wolf trat an Myrs linke Seite und gab sich in dem Licht von Myrs Fackel zu erkennen. Als er sicher war, dass alle Augen auf ihn gerichtet waren, nahm er mit einer Theatralik, die des ae’Magi würdig gewesen wäre, seine menschliche Gestalt an. Maskiert und in wallendem Umhang stand er im nächsten Augenblick da, in der Hand seinen leuchtenden Stab, neben dem Myrs Fackel wie ein Kerzlein aussah.
»Obwohl es, wie es aussieht, überflüssig ist, dass noch jemand hinausgeht. Astrid ist tot.« Wolf hob die Stimme gerade genug, dass jeder in der Höhle ihn hören konnte, ohne dass an den Felswänden ein Echo entstand. »Ich hab ihre Überreste gefunden, und auch die von dem Pferd, das Aralorn ritt. Von Aralorns Leiche hab ich allerdings keine Spur entdeckt. Ich nehme an, dass sie in die Gefangenschaft des ae’Magi geraten ist.«
Die Menschen, die ihm gegenüberstanden, sahen ihn entgeistert an. Offenbar hatten sie bislang überhaupt noch nicht realisiert, dass der Uriah-Überfall ebenfalls von dem ae’Magi ins Werk gesetzt worden war. Er brachte nicht die Kraft auf, sich groß darum zu sorgen. Solange der ae’Magi nicht wusste, dass Wolf hier war und Myr half, und darüber hinaus nicht ahnte, wie viel Aralorn ihm bedeutete, würde der Erzmagier sie vermutlich nicht selbst foltern – er würde nicht davon ausgehen, dass die Informationen, die er aus ihr herauspressen konnte, von Bedeutung waren. Sie musste für ihn wichtig genug sein, dass er sie nicht einfach wegen der Macht, die er daraus gewinnen mochte, tötete, doch nicht so wichtig, dass er sich persönlich mit ihr befasste. Eine solche Sachlage würde Wolf Zeit verschaffen. Würde Aralorn am Leben halten, bis er sie fand. Alles hing davon ab, wie unabhängig Edom gearbeitet hatte.
Der ae’Magi neigte dazu, seinen Handlangern mehr Eigenständigkeit einzuräumen, weil er darauf vertrauen konnte, dass sie nur sein Bestes wollten. Daher glaubte Wolf, dass ihm die Zeit blieb, Aralorn zu suchen. Musste es einfach glauben.
Mit einer Stimme, die sogar für seine eigenen Ohren unbeteiligt klang, fuhr er, seine Worte direkt an Myr richtend, schließlich fort: »Ich schlage vor, dass ihr vorerst hierbleibt. Wahrscheinlich ist es jetzt eine Zeit lang ungefährlich draußen. Der ae’Magi wird nicht damit rechnen, dass ihr euch in so unmittelbarere Nähe des ursprünglichen Lagers versteckt. Falls ich in zwei Wochen nicht zurück bin, zieht ihr am besten weiter.« Wolf wandte sich ab, um zu gehen, doch dann drehte er sich noch einmal um. Er sorgte sich vielleicht nicht allzu sehr um sie, doch Aralorn würde wollen, dass ihnen nichts geschah.
»Ich würde versuchen, die Wege, die ich nicht für euch kartographiert habe, irgendwie zu versperren. Man kann diesen Höhlen hundert Meilen weit folgen, wenn man will.« Damit verließ er die Felskammer, so leise, wie er hineingekommen war.
Er kannte sämtliche Besitztümer des ae’Magi, auch jene, die nach seinem eigenen Fortgehen erworben worden waren. Er hatte es sich zum Prinzip gemacht, jedes einzelne von ihnen auszukundschaften, zum Teil, um zu sehen, ob er es ohne erwischt zu werden schaffte, aber auch, weil er geahnt hatte, dass dieses Wissen sich irgendwann einmal als nützlich erweisen würde. Hatte sich bei seinen Erkundungen wer weiß wie oft darüber amüsiert, dass Aralorns Leidenschaft für Informationen ihn offenkundig angesteckt hatte. Jetzt war er dafür dankbar.
Als Erstes begab er sich – mittels Magie reisend, sobald er sich weit genug südlich befand, dass seine Zauber wirkten – zur Burg des ae’Magi, da sie zum einen der bevorzugte Wohnsitz des Erzmagiers war und zum anderen dessen dem Lager am nächsten liegende Residenz. Er nahm sich die Zeit, auszuspionieren, ob der ae’Magi sich gegenwärtig dort aufhielt, nicht, dass es Wolf abgehalten hätte, wäre dies so gewesen. Er durchsuchte das Verlies zwei Mal, davon überzeugt, dass sie dort war – doch er konnte sie unter den bemitleidenswerten Gefangenen nirgends entdecken. Er überprüfte die Burg, ja, selbst die Ställe, von Aralorn indessen weit und breit keine Spur. Daraufhin wandte er sich dem nächsten Domizil des Erzmagiers zu.
Er
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