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Arbeit - Leben - Glueck

Arbeit - Leben - Glueck

Titel: Arbeit - Leben - Glueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gina Schulze
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Fronto eine der ersten bekannten Abhandlungen über die Freizeit als »notwendige Unterbrechung« der Arbeitszeit.
     
    Wie viel Freizeit braucht der Mensch? Wie lange soll er täglich arbeiten? Sechs Stunden, mehr nicht, das meinte jedenfalls der englische Humanist Thomas More, der 1516 das Buch
Utopia
schrieb. Es handelt von einem Inselparadies, in dem ausschließlich Landwirtschaft betrieben wird. Alle arbeiten gleich lang, anstrengen muss man sich aber nicht. Jeder erhält, was er zum Leben braucht, egal, wie viel er zum Gemeinwohl beiträgt. Geld und Eigentum sind ebenso unbekannt wie Konkurrenz und Leistungsdenken.
    Fast ein Jahrhundert später schrieb der italienische Philosoph Tommaso Campanella, der 27   Jahre seines Lebens im Gefängnis verbrachte, sein berühmtes Werk
La città del sole.
Gequält von den Entbehrungen des Kerkers entwirft er einen Staat, der das Zusammenleben seiner Bürger umfassend regelt. Dort soll es keine Familien, sondern nur noch Arbeitskollektive geben. Keiner braucht mehr als vier Stunden am Tag zu arbeiten. Der Rest der Zeit war anscheinend der Paarung und Fortpflanzung gewidmet: Frauen erklärte Campanella zum Gemeinbesitz, nur die besten sollten sich jedoch vermehren dürfen, extrem sexhungrigen Männern durften nur unfruchtbare Frauen zugeteilt werden.
    |126| Campanella und More konnten sich mit ihren Ideen zum Glück nicht durchsetzen, aber die Freizeitbilanz des Mittelalters kann sich trotzdem sehen lassen. Nur etwa die Hälfte des Jahres wurde gearbeitet, der Rest war frei. So gab es in Frankreich 141 offizielle Feiertage im Jahr. In England setzte sich im 14.   Jahrhundert der »Blaue Montag« durch und damit faktisch die 5-Tage -Woche. Manchmal wurde auch am Dienstag noch nicht wieder gearbeitet. Und bei geringer Nachfrage konnte die Arbeitszeit auf bis zu zwei Stunden täglich schrumpfen. Selbst beim Bau des Straßburger Münsters arbeiteten die Bauleute kaum mehr als 200   Tage im Jahr, der Rest waren Fehlzeiten und Feiertage. Zum Vergleich: Im heutigen Deutschland fallen jährlich etwa 210   Arbeitstage an, der Rest sind Samstage, Sonn- und Feiertage.
    Deutschland wird oft als Freizeitgesellschaft bezeichnet. Das stimmt aber nur, wenn man die Verhältnisse im 19. und frühen 20.   Jahrhundert zum Vergleich heranzieht. Um 1900 wurde bei uns durchschnittlich 57   Stunden pro Woche gearbeitet. Nur langsam setzte sich die Formel: »8   Stunden Arbeit, 8   Stunden Freizeit, 8   Stunden Schlaf« durch. Im Jahr 1998 betrug die durchschnittliche Arbeitszeit rund 38   Stunden pro Woche, 2003 war sie auf 39,9   Stunden pro Woche angestiegen, anderen Untersuchungen zufolge sogar auf 41,9   Stunden im Westen und auf bis zu 43   Stunden im Osten.
    Zu viel oder zu wenig? Arbeitszeit in der Diskussion
    Die aktuelle Diskussion um die Arbeitszeit ist von der Idee geprägt, dass die Arbeitnehmer für weniger Geld mehr arbeiten sollen. Ging es politisch noch bis vor kurzer Zeit um die Einführung der 3 5-Stunden -Woche bei vollem Lohnausgleich, |127| geht es heute um die Rückkehr zur 4 0-Stunden -Woche ohne Lohnausgleich, was von einigen Firmen auch schon praktiziert wird. Hinter dieser Forderung steht nur ein Gedanke: Arbeit muss billiger werden. Von allen europäischen Ländern hat Deutschland die höchsten Arbeitskosten und gleichzeitig die meisten (bezahlten) Urlaubstage.
    Mehr Arbeit für weniger Geld   – diese Forderung betrifft vor allem Arbeiter und Angestellte, die die vereinbarte Arbeitszeit in der Regel einhalten und deren Überstunden   – wenn sie denn anfallen   – auch bezahlt werden. Die Verlängerung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich dient dem Erhalt genau dieser Arbeitsplätze. Sie werden mehr und mehr ins Ausland verlagert, weil die Arbeit hier zu teuer ist. Schon jetzt lassen zum Beispiel deutsche Autofirmen ihre Fahrzeuge im Ausland bauen: in Tschechien, Ungarn, China, Brasilien. Um die noch verbliebene Produktion hier zu halten, scheinen längere Arbeitszeiten sinnvoll zu sein. Prinzipiell sind die Arbeitnehmer damit auch einverstanden, denn keiner will seinen Job verlieren. Doch es sorgt für erheblichen Unmut, wenn einerseits gespart werden soll und andererseits die Einkommen einiger Manager üppig wachsen. So stieg etwa das Gehalt von Daimler-Chrysler-Chef Jürgen Schrempp in sechs Jahren um 200   Prozent, sein Einkommen im Jahr 2003 wird auf 5   Millionen Euro geschätzt. Auch die Millionenabfindung, die dem ehemaligen Mannesmann-Vorstand

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