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Arbeitsfrei: Eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen (German Edition)

Arbeitsfrei: Eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen (German Edition)

Titel: Arbeitsfrei: Eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constanze Kurz , Frank Rieger
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Pflege durch Menschen einfach so riecht und aussieht, wie man sich einen Kuhstall vorstellen würde, ist die Melkanlage ausgesprochen sauber und gefliest. Reinigung und Desinfektion werden hier mehrfach am Tag durchgeführt.
    Viele Kühe ziehen jedoch den Melkroboter dem menschlichen Melker vor. Die Melker sind ja nicht dauernd vor Ort, die Kühe müssen daher anstehen, um gemolken zu werden, was für sie zu sozial stressigen Situationen führen kann, etwa wenn sich eine höherrangige Kuh in der Schlange befindet. Beim Melkroboter können sie sich den Zeitpunkt aussuchen und solche Streßsituationen vermeiden.
    Für eine große Agrarfabrik mit ihren riesigen bewirtschafteten Flächen ist die Wahl des richtigen Zeitpunktes für Aussaat, Düngen, Pflanzenschutzmittelausbringung und eigentlich auch alle anderen Vorgänge ähnlich entscheidend wie für die Kuh die Wahl ihrer Melkzeit.
    Besonders deutlich wird das an den Schwierigkeiten, die sich um den optimalen Erntezeitpunkt für das Getreide drehen. In einer bestimmten regionalen Gegend etwa werden die gleichen Feldfrüchte zur selben Zeit reif. Insbesondere in Nord- und Ostdeutschland besitzen die meisten Bauern keine eigenen Mähdrescher, denn große Landmaschinen kosten vergleichbare Summen wie ein Einfamilienhaus. Sie schließen daher schon Anfang jedes Jahres Verträge mit Lohnbetrieben, denen die Hektarzahlen bekanntgemacht werden und die die Ernte übernehmen. Die Frage, welcher Betrieb den bevorzugten Zugriff auf die Erntemaschinen bekommt, ist eine Quelle beträchtlicher Unruhe und Diskussionen zwischen den Bauern und ihren regionalen Erntedienstleistern. Der Trend zu immer größeren Agrarfabriken kommt auch daher, daß der Betrieb mit den größten Flächen die größte Verhandlungsmacht hat, da er für den Dienstleister einen größeren Umsatz bedeutet. Kleine Bauern mit vergleichsweise unbedeutenden Flächen stehen, wenn es an die Erstellung der Rangfolgelisten für die Ernte geht, weiter hinten – und haben im Zweifel das Pech, daß das Wetter schon umgeschlagen hat und die Getreidequalität beeinträchtigt, wenn sie an der Reihe sind, die Maschinen nutzen zu können.
    Das Landtechnikgeschäft ist so kompliziert wie der Rest des Gewerbes auch. Oft sind die Erntedienstleister gleichzeitig Maschinenhändler, die ihre Mähdrescher nach ein oder zwei Jahren weiterverkaufen – nicht selten nach Osteuropa. Dieses den Jahreswagenverkäufen bei Pkws ähnliche Prinzip hat den Vorteil, daß sie für ihre Kundenaufträge immer neue und unverschlissene Maschinen betreiben, die zuverlässig funktionieren und wenig Stillstandszeiten für Reparaturen haben. Je nachdem, wie die Ernte ausfällt, sind die Einnahmen aus der Lohnarbeit weitaus höher als der Wertverlust des Mähdreschers in dieser Zeit. Dieser hohe Durchsatz an Maschinen führt dazu, daß sich gerade in Deutschland technische Innovationen wie GPS-Steuerung und neue Sensoren zur Erhöhung der Ernteeffizienz schnell etablieren. Andererseits ist dadurch auch der Konkurrenzdruck ausgesprochen hoch, jeweils die neuesten Maschinen im Fuhrpark zu haben.
    Andere, universellere Maschinen, insbesondere Traktoren, besitzen die Agrarbetriebe selbst. Es wäre viel zu unpraktisch, immer erst extern eine Zugmaschine zu leihen, die man ohnehin ständig braucht – zum Pflügen, Eggen, Säen, Düngerausbringen, Heufahren und zu vielen anderen Tätigkeiten. Die Landtechnikverleiher haben aber typischerweise sowohl Traktoren als auch die verschiedenen Funktionsanhänger im Bestand, um schnell aushelfen zu können, falls einem Bauern sein Gerät zur falschen Zeit kaputtgeht oder er seine großen Flächen nicht allein mit seinem eigenen Fuhrpark bewältigen kann. Oft sind die Dienstleister und Maschinenhändler auch gleichzeitig Servicewerkstätten, so daß sie bei einer Reparatur zu einem kritischen Zeitpunkt auch direkt ein Ersatzgerät stellen können.
    Der Trend zum Outsourcen der maschinenintensiven Arbeiten geht immer weiter, das Ausbringen von Pestiziden und anderen Agrarchemikalien wird mittlerweile auch oft in Lohnarbeit erbracht, um Zeit und die Anschaffung der relativ selten gebrauchten Spritzanhänger zu sparen. Der clevere Bauer kauft jedoch die dabei versprühten Substanzen selbst im Landgroßhandel. Zum einen glaubt er nicht, daß sein Dienstleister ihm den besten Preis machen wird. Zum anderen will er sicher sein, daß genau das gewünschte Produkt und nicht etwa eine billigere Nachahmersubstanz oder gar

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