Arbeitsfrei: Eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen (German Edition)
aufschaltet. Oder ein mobiles Störungsbehebungsteam bringt einen Fahrer zum liegengebliebenen autonomen Lkw und behebt Pannen und Steuerungsprobleme. Technisch möglich und denkbar sind viele Optionen, die sich durchsetzen können, das hängt in der Transport- und Logistikbranche so stark wie nur in wenigen anderen Wirtschaftszweigen von politischen Regulierungen und gesellschaftlicher Akzeptanz ab.
Ein heute noch wesentlicher Teil des Arbeitsbildes der Fernfahrer ist auch, die Logistik beim Be- und Entladen zu managen, also dafür zu sorgen, daß die richtigen Paletten und Container an den richtigen Empfänger gelangen und eventuelle Fehler, Mißverständnisse, Fehladressierungen und ähnliches bemerkt und dabei auftauchende Probleme gelöst werden. Auch hier ist es jedoch nicht undenkbar, daß durch weitere Standardisierung von Verpackungseinheiten – etwa in Form von leichten Minicontai nern mit elektronischem Tracking und Diebstahlschutzsyste men – nochmals eine grundlegende Änderung der Transportlogistik geschieht, ähnlich wie sie die Einführung des Überseecontainers in der Schiffahrt war.
Die Praktiker aus der Branche halten eine derartige Entwicklung heute allerdings nur theoretisch für durchsetzbar. Genauso argumentierten allerdings auch die Hafenarbeiter und Schiffseigner, bevor die ökonomischen Vorteile der Standardcontainer die gesamte Branche revolutioniert und Hunderttausende für unersetzbar gehaltene Arbeitsplätze in den Ladedocks rund um die Welt innerhalb relativ kurzer Zeit überflüssig gemacht hatten.
Wenn die ökomischen Vorteile hinreichend groß und die Technologien ausgereift genug sind, ist – wie wir gesehen haben – der Druck überraschend groß, auch umfangreiche Veränderungen durch globale Standardisierung möglich zu machen. Dadurch, daß gerade schwere Nutzfahrzeuge im reicheren Teil Europas schon aus Gründen der Wirtschaftlichkeit – Spritverbrauch und Pannenstatistiken treiben dazu – meist nicht viel älter als fünf Jahre sind, es also eine relativ schnelle kontinuierliche Erneuerung der Flotten gibt, können sich technologische Änderungen vergleichsweise schnell durchsetzen. Leichte Lkws, die überwiegend im regionalen und Stadtverkehr eingesetzt werden, sind demgegenüber eher älter und werden nicht so oft erneuert. Hier dauern Änderungen länger, wenn man sie denn nicht durch Subventionen oder Vorschriften beschleunigt.
Ein wesentliches Detail, das uns auch an anderen Orten unserer Erkundungen begegnete, ist der demographische Wandel. Fernfahrer ist ein anstrengender Beruf, der nicht als sehr familienfreundlich gilt und kein besonders hohes Prestige genießt. Die Industrieverbände unken jetzt schon, daß in zehn bis fünfzehn Jahren ein Arbeitskräftemangel eintreten wird, insbesondere in Deutschland, wenn die heutigen Generationen von Fahrern in Rente gehen und das Berufsbild bis dahin nicht interessanter wird. Nun sind solche Alarmmeldungen immer mit Vorsicht zu genießen, gerade angesichts der hohen Jugendarbeitslosigkeit in Spanien und Griechenland und der inhärent hohen Mobilität des Gewerbes ist es durchaus möglich, daß die Katastrophenszenarien einigermaßen überzogen sind. Es ist jedoch genauso gut denkbar, daß der Druck, die Arbeit attraktiver zu machen und im Schnitt mit weniger Menschen auszukommen, kombiniert mit den durch Digitalisierung und Vernetzung möglich werdenden Technologieschüben dazu führt, daß in Zukunft nicht mehr hinter jedem Lenkrad ein Mensch sitzt.
Frank Rieger
11. Von der Fernsteuerung zur Autonomie: Telepräsenz und Drohnen
Eine gern übersehene, aber immer wichtigere und insbesondere für die zukünftige Arbeitsplatzentwicklung wahrscheinlich wesentliche Spielart der Robotik und Automatisierung ist die sogenannte Telepräsenz. Dabei wird ein Roboter von einem Menschen ferngesteuert, wobei ein Teil der Funktionen durch Automatismen und Algorithmen übernommen wird, die dem Menschen die Steuerung erleichtern.
Ein bekanntes Beispiel ist der DaVinci-Chirurgieroboter. Das System ähnelt einer großen vierarmigen Spinne, deren Beine in dünnen Stäben mit sehr kleinen, aber sehr präzisen chirurgi schen Werkzeugen und Greifern enden. Diese werden durch klei ne Schnitte in der Haut des Patienten ins Körperinnere geführt. Durch weitere, kleinere Schnitte werden hochauflösende 3-D-Kameras mit Lichtquellen zum Operationsgebiet gebracht.
In der konventionellen minimalinvasiven Chirurgie führt ein Chirurg diese
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