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Arche Noah | Roman aus Ägypten

Arche Noah | Roman aus Ägypten

Titel: Arche Noah | Roman aus Ägypten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chalid al-Chamissi
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Augen. »Genau dieser Moment«, antwortete er dem unbekannten Kommilitonen, »ist meine früheste Erinnerung.«
    Die Augen brannten ihm. Er wusste nicht, woran das lag, am dichten Rauch oder an der Angst, weil die Mutter auf dem Spielplatz herumgebrüllt hatte. Wie dem auch sei, jedenfalls wird Farîd in dem Moment eines klar: dass er einen grossen Fehler begangen hat und zur Strafe dafür von den anderen Kindern getrennt wird. Einsam hockt er da und grübelt, was er falsch gemacht hat.
    Dieser Vorfall, der sich in den Windungen seines Gedächtnisses festsetzte, löste in Farîd das Gefühl aus, etwas Besonderes zu sein. Das Gefühl, reicher und bedeutender zu sein als alle anderen. Doch dann kam er nicht, wie seine Mutter Suha immer wieder hatte verlauten lassen, auf eine extra für ihn eingerichtete Schule, sondern auf ein Privatgymnasium nach amerikanischem Vorbild in Samâlik. Und sofort fingen die Konflikte mit sämtlichen Klassenkameraden an. Allmählich wurde ihm klar, dass er weder der reichste noch der stärkste, noch der beste, ja nicht einmal der korrupteste Schüler war. Diese Erkenntnis erschütterte ihn zutiefst. Es war ein Schock, über den er nie hinwegkam. Nur in einem einzigen Punkt hob er sich von den Mitschülern ab: Er spielte ein Musikinstrument.
    Doch seine eigentliche Geschichte begann wie üblich mit der Liebe.
    Er war in der achten Klasse, und da fiel sie eines Tages wie ein Lichtstrahl vom Himmel: Mariam. Farîd war auf der Stelle geblendet. Zum ersten Mal im Leben stockte ihm der Atem. Von Dauerröte und ständigen Hitzewallungenerfasst, überlegte er, was er machen könnte. Da kam ihm der Gedanke, ein Lied für sie zu komponieren. Er wollte es ihr widmen. Ihr, der Liebe, der Schönheit, ihren Augen, ihrem kastanienbraunen Haar. Ein Lied, das sie bezaubern und ihr unwillkürlich ein Liebesgeständnis entlocken würde. Eine seltsame Idee für einen Jungen, die aber keineswegs so verwunderlich ist, wenn man weiss, dass sein Onkel Asîs ihm am Vorabend seine neueste Komposition vorgespielt hatte: die Vertonung eines Gedichts von Machmûd Bayram al-Tunisi 13 :
    Paris sagt, mini ist jetzt in, und wir machen mit.
    Paris sagt, maxi ist jetzt dran, und wir machen mit.
    Diesen Winter steht ärmellos an, und wir machen mit.
    Diesen Sommer sind Mäntel ein Muss, und wir machen mit.
    Blind folgen wir den Verrückten, fänden uns auch mit ihrem Schlamm besudelt schick.
    Wer ausser uns würde seinen Schlächter lieben?
    Farîd sass, wie immer bei seinem Onkel, in dem grossen Saal mit hohen Holzfenstern, die Ausblick in den Garten gewährten, auf einem dicken Kissen, den Rücken an einen Wandteppich gelehnt. Einen edlen Perser aus Schiras mit sagenhaften geflügelten Löwen in einnehmendem Orange. Asîs al-Mungi spielte Klavier und sang dazu. Farîd sog die Melodie regelrecht in sich ein, zusammen mit dem Geruch des hundert Jahre alten Hauses, und jede Faser seines Körpers geriet ins Schwingen. Wann immer er dieses Hausin Hadâik al-Kubba betrat, entschwebte er in eine andere Welt, eine andere Galaxie. Er brach aus sich selbst aus, aus seiner Tristesse, aus seinem Gedächtnis und trat in die Galaxie der Lieder und der Musik ein.
    Farîd lernte von seinem Onkel unzählige Lieder, die in seiner Klasse keiner kannte. Das gab ihm das Gefühl, sich von seinen Mitschülern abzuheben. Und als Mariam erschien, wollte er ihr etwas von der anderen, seiner besonderen Galaxie präsentieren.
    A sîs war Akram al-Mungis Cousin. Weil Akram aber keinen Bruder hatte, betrachtete er Asîs als seinen Bruder, obwohl zwischen ihnen Welten lagen. Asîs wohnte im Anwesen der Familie al-Mungi im Kairoer Viertel Hadâik al-Kubba. Ausser ihm lebte dort keiner mehr, alle anderen waren im Laufe der Zeit fortgegangen: weggezogen oder zu Gott aufgestiegen. So war es gekommen, dass Asîs die Villa, die von einem kleinen Garten umgeben war, für sich allein hatte, zumal er unverheiratet war.
    Lange Jahre hatte er an der Universität gelehrt. Da er aber mit gewissen Neuerungen nicht zurechtkam, war er aus dem Beruf ausgeschieden und widmete sich seither ausschliesslich dem Klavier, seiner letzten Freude.
    Als Farîd Musikunterricht bei ihm nehmen wollte, war Asîs begeistert. Er ging noch am selben Tag los und kaufte ein Klavier für seinen neuen Schüler. Nach der ersten Stunde versuchte sich Farîd im Dichten auf Englisch. Doch er scheiterte auf ganzer Linie.
    Erstens scheiterte er am Klavier. Die Sache gestaltete sich schwieriger

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