Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Arche Noah | Roman aus Ägypten

Arche Noah | Roman aus Ägypten

Titel: Arche Noah | Roman aus Ägypten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chalid al-Chamissi
Vom Netzwerk:
Ägypter und als solcher seit über 2000 Jahren sexuell unterdrückt bin. Dass genetisch bedingte Unterdrückung nicht einfach verschwindet. Dass wir Männer bedauernswerte Geschöpfe sind, die sexuelle Bestätigung brauchen, andernfalls ist das Selbstbewusstsein im Eimer und der Schiffbruch an der Uni vorprogrammiert. Doch das hat alles nichts genützt. Sie ist Björn Borg in Person, der rumänische Eis-Borg.
    Hinzu kommt, dass ich das genaue Gegenteil bin. Undiszipliniert, fehlerhaft, verdorben, schäbig und ein Gewohnheitskiffer.
    I n einem Film, den sich Farîd in den Vereinigten Staaten ansah, gab sich die Hauptdarstellerin, eine schlanke Blondine, in einer lustvollen Szene heiss und mit zügellosem Stöhnen ihrem Liebsten hin. An dieser Stelle beschloss Farîd, sich von Iulia zu trennen. Ihm war klargeworden, dass er auf Dauer nicht mit einem makellos weissen Eisblock leben konnte. Weil er aber ihre Gefühle nicht verletzen wollte, musste eine elegante Lösung her. Er überlegte lange und intensiv, wie er sie loswerden könnte. Zwei Wochen nach seiner Rückkehr nach London kam ihm die zündende Idee. Und die setzte er in die Tat um.
    I ch liebe Farîd von Herzen. Er hat eine künstlerische Ader, ist sympathisch und überaus klug. Ausserdem hat er eine schöne Stimme, wunderbares Lockenhaar, ein dunkles, einnehmendes Gesicht und einen athletischen Körper. Was will eine Frau mehr? Ich habe mich wirklich bemüht, zu verstehen, warum er gelegentlich so ein merkwürdiges Verhalten an den Tag legt. Aber ich begreife es nicht. Ich kann nicht nachvollziehen, warum er sich allen überlegen fühlt. Warum er – mit massloser Naivität – den listigen Fuchs herauskehren muss. Warum er den Drang hat, sich mit offensichtlichen Gaunereien zum allgemeinen Gespött zu machen. Stell dir vor, gestern hat er gestohlene Ware gekauft und sie Kommilitonen angedreht, indem er vorgab, der Erlös käme einem karitativen Zweck zugute. Braucht er Geld? Garantiert nicht. Bekanntlich ist der ärmste Student an dieser Uni Millionär. Immerhin kann er sich einen Jaguar leisten. Und die Studiengebühren, die Unterkunft hier, Reisen in die USA und die Geschenke, mit denen er mich überhäuft. Wenn er also nicht in Not ist, warum lügt und betrügt er dann? Wie kann er den Kommilitonen weismachen, sie würden eine gute Sache unterstützen, sich damit selbst bereichern und das Ganze obendrein für ein witziges Spiel und sich für ungemein gewieft halten? Gestern hatte ich ein Treffen mit der Ökonomieprofessorin. Er habe ihr eine Handtasche aus Krokodilleder geschenkt, berichtete sie mir. Sie gefalle ihr zwar sehr gut, trotzdem müsse er sich im Klaren sein, dass er dafür nicht die geringste Aufwertung seiner Noten zu erwarten habe. Für wen hält er sich? Für einen Waffenhändler, der es mit korrupten Beamten zu tun hat? Offenbar kapiert er nicht, was seine Aufgabe als Student ist. Dass er zu lernen und nicht zu bestechen hat! Meine Kommilitonin Margo hat mir erzählt, was er einer Angestellten der Pizzeria in der Wellington Street angetan haben soll, bevor wir zusammengekommen waren. Er habe ihrvorgemacht, in sie verliebt zu sein. Und nachdem er sie herumgekriegt hatte, habe er sie behandelt wie den letzten Dreck. Er habe sie als billig beschimpft und ihr gesagt, dass er nur mit ihren Gefühlen gespielt habe, um sie flachzulegen. Die Ärmste habe sich daraufhin das Leben nehmen wollen und sich die Pulsadern aufgeschnitten.
    Ich wollte die Geschichte nicht glauben. Heute aber, nach einem Jahr Beziehung mit ihm, kann ich leider mit Gewissheit sagen, dass sie stimmt. Im Grunde seines Herzens ist er kein böser Mensch. Er hält es für eine normale, ja geglückte Form der Annäherung zwischen Mann und Frau. Das Schlimme ist, dass er nicht das Gefühl hat, irgendetwas Verwerfliches zu tun. Nein, er findet sich ungemein clever. Kommilitonen gestohlene Dinge anzudrehen, betrachtet er als geschäftstüchtig. Und Geschäftstüchtigkeit beinhalte, so die Logik, dass man Produkte zur besseren Vermarktung schönreden muss. Sonst wäre ja Werbung an sich verwerflich. Der Professorin Geschenke zu machen habe seiner Meinung nach zwangsläufig, ohne dass sie sich dessen erwehren könnte, Einfluss auf die Abschlussbenotung. Und über Mädchen herzufallen sei ein Jagdinstinkt, der jedem männlichen Lebewesen angeboren ist. Für die göttliche Schöpfung könne er schliesslich nichts.
    Wie war Farîd zu dieser verdorbenen Wertordnung gekommen? Ich

Weitere Kostenlose Bücher