Arche
zurückschreckten. Sie musste herausfinden, was es war, und dieser Tyler Locke würde ihr dabei helfen. Noch wussten die Typen es nicht, aber sie hatten sich mit der falschen Frau angelegt.
Ein Geräusch drang durch den sich verdichtenden Nebel zu ihr. Ein Dieselmotor. Bei dem Wind war es schwer, die Richtung auszumachen, aus der es kam. Dann sah sie das orangefarbene Gefährt. Es hielt an und tanzte etwa hundert Meter von ihr entfernt auf dem Wasser. Achtern öffnete sich eine Klappe. Jemand trat heraus und hievte Leute an Bord. Ihre Mitreisenden.
Sie reckte den freien Arm in die Luft, mit dem anderen hielt sie noch immer den Kopf des Piloten über Wasser. Sie winkte heftig und strampelte mit den Beinen, um möglichst senkrecht zu stehen.
»Hierher!«, rief sie und stieß vor Erleichterung einen Freudenschrei aus. Sie würden es schaffen.
Logan versuchte, in ihr Rufen mit einzustimmen, war aber bereits zu schwach. Alle paar Sekunden tauchte sein Kopf unter, jedes Mal musste er hinterher Wasser spucken. Nicht mehr lange, und er würde endgültig untergehen.
Sie schrie noch lauter, konnte aber keine Reaktion erkennen.
Mal sah sie das Boot, dann sah sie es nicht mehr. Die Luke wies nicht mehr in ihre Richtung. Als sie schon befürchtete, dass man die Suche abbrechen würde, wurde das Boot endlich größer. Es hielt auf sie zu. Man hatte sie gesichtet.
Das Rettungsboot stoppte, als das Heck auf ihrer Höhe war. Sie hatte sich so sehr darauf konzentriert, dass sie Logan ganz vergessen hatte. Die Luke öffnete sich, ein Hüne mit zerzaustem Haar warf einen Blick in die Runde und sprang an der Stelle ins Wasser, wo sie Logan zuletzt gesehen hatte. Der Mann schien stundenlang unter Wasser zu bleiben. Als er auftauchte, hielt er Logan am Kinn. Er übergab ihn einem kräftigen Schwarzen, der ihn wie ein Püppchen in Empfang nahm. Als Nächstes nahm der schwimmende Retter ihr den Piloten ab und übergab ihn ebenfalls dem Mann im Boot.
Nun wandte er sich Dilara zu und lächelte sie mit seinen blauen Augen an: »Die Reihe ist an Ihnen, Lady.« Das kalte Wasser schien ihm nichts auszumachen. Nach dieser charmanten Begrüßung fühlte sie sich gleich viel wohler.
Sie streckte dem Schwarzen die Arme hin, und er holte sie mit Schwung aus dem Wasser. Statt sich auf den nächsten Sitz fallen zu lassen, ging sie nach hinten, um zu sehen, wie es Logan und dem Piloten ging. Der Kopilot atmete keuchend, wenn er nicht gerade Wasser spuckte. Ein dritter Retter beugte sich über den bewusstlosen Piloten.
»Wird er es schaffen?«, fragte sie mit klappernden Zähnen.
Der Retter nickte. »Es hat ihn böse erwischt, aber er lebt.«
»Und das verdankt er Ihnen«, sagte eine Stimme hinter ihr. Sie drehte sich um und sah den Mann, der sie aus dem Wasser geholt hatte. Er schloss gerade die Luke. Erschöpft sank sie auf einen Sitz. Sie zitterte am ganzen Körper. Der Mann holte eine Wolldecke aus einem Fach und hüllte sie darin ein.
»Wie geht es Ihnen?«, fragte er. Im Licht sah Dilara eine
dünne weiße Narbe in einer Falte seines Nackens. Sein Blick schien sie zu durchbohren. Er nahm ihre Hände und rieb sie.
»Es gibt nicht zufällig eine Espressomaschine an Bord?«, entgegnete sie. Ihre Zähne klapperten so sehr, dass sie zu stottern schien. »Ich könnte nämlich einen Doppelten gebrauchen.«
Der Mann lächelte sie wieder strahlend an. Dilara konnte sehen, dass auch er fror.
»Unser Barista hat leider Ausgang, aber es dürfte nicht lange dauern, bis wir Ihnen einen heißen Java servieren. Sie müssen Dilara Kenner sein.«
Überrascht hob sie den Kopf. »Stimmt. Ich habe nicht erwartet, persönlich willkommen geheißen zu werden. Und der große Schwarze, der mich gerettet hat, wer ist das?«
»Ich weiß nicht genau, wen von uns Sie meinen, aber der Mann da drüben ist Grant Westfield, Jimmy Markson kümmert sich um den Mann, den Sie gerettet haben. Und ich bin Tyler Locke.«
Einen Moment lang war sie sprachlos. Der Mann, den sie hatte sprechen wollen, stand vor ihr. Er schien Mitte dreißig zu sein, nicht viel älter als sie selbst, und sah ganz anders aus, als sie ihn sich vorgestellt hatte. Irgendwie erinnerte er eher an einen muskulösen Feuerwehrmann als an einen unbeholfenen Ingenieur. Sie hustete. »Dr. Tyler Locke?«
»Ich glaube nicht, dass wir so förmlich sein müssen. Ich ziehe Tyler vor, aber Ty reicht auch.«
»Und was machen Sie hier draußen?«
»Dasselbe könnte ich Sie fragen. Sie haben eine Menge Umstände
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