Arche
Wie seine beiden Begleiter war er schwer bewaffnet.
»Stand der Dinge?«, erkundigte sich Sebastian Ulric bei ihm.
»Alle Diluvianer sind eingetroffen und eingecheckt.«
»Gut. Wir riegeln gleich ab. Dr. Kenner, das ist Dan Cutter. Er bringt Sie zu Ihrem Quartier.« Und wieder zu seinem Sicherheitschef gewendet, fuhr er fort: »Zwei Stunden. Dann beginnen wir mit dem Verhör.« Er stieg mit seiner Freundin in den Fahrstuhl.
Dan Cutter fasste Dilara am Arm und brachte sie zu einem Zimmer, das prächtiger eingerichtet war, als sie erwartet hatte. Seine Größe entsprach etwa der Kabine eines Kreuzfahrtschiffs.
Seitlich war ein Badezimmer angebaut. Bett, Nachttisch und Schminkkommode waren echte Antiquitäten. Auf dem Bett lagen Kleider zum Wechseln, und ein Paar Schuhe stand auf dem Boden.
»Sie können das da anziehen oder Ihr eigenes Kleid und die Stöckelschuhe anbehalten. Mir ist das egal.«
Mit diesen Worten warf Dan Cutter die Tür hinter sich zu und schloss sie ab. Dilara hörte, wie er einen seiner Begleiter anwies, sie zu bewachen. Seine Schritte verhallten. Noch nie hatte sie sich so verlassen gefühlt.
Das Kleid würde sie auf keinen Fall anbehalten. Auch wenn ihre Chancen, ausgebildete Soldaten zu überwältigen, gleich null waren, brauchte sie praktische Kleidung, damit sie sich im Fall der Fälle gut bewegen konnte. Das Zimmer war vermutlich mit Kameras bestückt, aber es würde nichts bringen, sie zu finden. Hätte sie das Objektiv zugedeckt, wäre sofort jemand bei ihr aufgetaucht.
Sie hatte schon oft an Grabungsstätten gearbeitet und war daran gewöhnt, der Intimsphäre keine große Bedeutung beizumessen. Dennoch wollte sie sich nicht mehr zur Schau stellen, als unvermeidlich war. Und so streifte sie ein T-Shirt über, bevor sie ihr Kleid auszog. Sie war überrascht, wie gut alles saß, sogar die Tennisschuhe passten. Ihr war unbehaglich zumute, als sie ins Badezimmer gehen musste, aber sie hatte keine Wahl. Sie schützte sich, so gut sie es vermochte, vor zudringlichen Blicken.
Danach konnte sie nur noch warten. Sie setzte sich aufs Bett und dachte nach. Man brachte ihr eine Mahlzeit, aber sie rührte nichts an, sondern trank nur das Wasser aus dem Hahn im Bad. Sie war daran gewöhnt, notfalls auch einen ganzen Tag lang zu hungern. Sie würde es diesen Leuten so schwer wie möglich machen, ihr irgendein Mittel unterzujubeln.
Sie war so tief in Gedanken versunken, dass sie gar nicht wahrnahm, wie sich die Tür öffnete. Dan Cutter packte sie am Arm und zog sie hoch.
»Los«, befahl er.
»Wohin gehen wir?«
»Zum Labor. Wir haben ein paar Fragen.«
Er schob sie vor sich her durch die Tür.
Sie bogen in einen langen Gang ein und betraten schließlich ein Labor. Dort stand Sebastian Ulric neben einem hageren vierzigjährigen Mann, dessen Haar so schlohweiß wie sein Kittel war.
Eingerichtet war der Raum mit einem Stuhl, der auch in einer Zahnarztpraxis hätte stehen können, einer Untersuchungsliege und einem Sitzplatz für den Arzt. In den Labortisch, auf dem verschiedene elektronische Geräte standen, war ein Waschbecken eingelassen. Das Zimmer sah aus, als sei es als Behandlungszimmer gedacht.
Dan Cutter führte sie zu dem Zahnarztstuhl.
»Setzen.« Sie hatte keine Wahl. Nervös beobachtete sie, wie er ihre Handgelenke an den Armlehnen festzurrte.
»Hören Sie, Sebastian«, begann Dilara, »ich sage Ihnen alles, was Sie wissen wollen.«
»Das mag zutreffen, aber ich kann Ihnen nicht vertrauen. Ich habe keine Zeit. Morgen aktivieren meine Männer die Geräte. Ich muss sicher sein, dass man sie nicht abfängt.«
»Wie sollte ich das wissen?«
»Sie haben schon immer eine ganze Menge gewusst. Da Sonderagent Perez und Dr. Tyler Locke bei einem Schusswechsel an Bord der Genesis Dawn getötet wurden, können nur noch Sie mir Auskunft geben.«
Bei der Nachricht von Tylers Tod wurde ihr schwer ums Herz. Ulric schien nicht zu lügen.
»Diese Neuigkeit ist begreiflicherweise ein Schock für Sie. Nun weiß niemand mehr, wo Sie sich aufhalten. Sie sind allein. Außer uns haben Sie niemanden.«
Dilara zog an ihren Armfesseln, aber sie gaben nicht nach. »Sie wollen mir also ein Mittel geben?«
»Dr. Green wird Ihnen etwas spritzen. Ein neues Serum, das für die CIA entwickelt wurde. Eine verlässlichere Variante des Amobarbital. Weh tut es nicht, aber es ist nicht frei von Nebenwirkungen. Deshalb wird es Ihnen von einem Arzt verabreicht.«
»Ich schwöre, dass ich nichts
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