Archer Jeffrey
über den ich gerne unter vier Augen mit Ihnen
gesprochen hätte.“
„Halten Sie das wirklich für sinnvoll, Sir Hamish?“ Sir Hamish zögerte, aber nur einen Augenblick lang. Hätte
David Heath das Gespräch bis hierher mitangehört, dann wäre
er jetzt aufgestanden, hätte dem Minister die Hand geschüttelt
und dann die Kapsel seines Füllhalters abgeschraubt, um seine
Unterschrift unter den Vertrag zu setzen – ganz anders jedoch
sein Arbeitgeber.
„Ja, Herr Minister, ich fühle mich dazu verpflichtet“, sagte
Sir Hamish ehern.
„Würden Sie uns bitte allein lassen, Miss Vieites?“ sagte der
Minister.
Die Sekretärin klappte den Stenoblock zu, erhob sich und
verließ das Zimmer. Sir Hamish wartete, bis sich die Tür hinter
ihr geschlossen hatte und begann dann von neuem.
„Gestern besuchte mich ein Landsmann von Ihnen, ein Mr.
Victor Perez, der hier in Mexico City lebt und behauptet – “ „Ein ausgezeichneter Mann“, sagte der Minister gelassen.
Doch Sir Hamish ließ nicht locker. „Ja, das wird er wohl sein,
Herr Minister, doch erkundigte er sich, ob er die GrahamBaugesellschaft als unser Agent vertreten könnte und fragte
mich – “
„Das ist in Mexico City allgemein üblich und auch gesetzlich
geregelt“, sagte der Minister, drehte seinen Sessel zum Fenster
und starrte hinaus.
„Gewiß, ich nehme ja zur Kenntnis, daß dies in Mexiko
Brauch ist“, sagte Sir Hamish, der nun zum Rücken des
Ministers sprach, „aber wenn ich ihm zehn Prozent der Summe
überlassen soll, die von der Regierung aufzuwenden ist, dann
muß ich mich zuvor davon überzeugen, daß diese
Entscheidung von Ihnen persönlich gebilligt wird.“ Sir Hamish
fand, daß ihm diese Formulierung wohl gelungen war. „Hm“, sagte der Minister gemessen, „Victor Perez ist ein
tüchtiger Mann und hat sich das Wohl Mexikos immer
angelegen sein lassen. Vielleicht macht er mitunter einen etwas
unvorteilhaften Eindruck, als gehöre er zumindest nicht eben
,zu den besten Kreisen’, wie Sie, Sir Hamish, das wohl nennen
würden. Aber dazu muß ich sagen, daß wir hier in Mexiko
keine Klassenschranken kennen.“ Der Minister drehte seinen
Sessel wieder zurück und saß Sir Hamish nun Aug in Aug
gegenüber.
Der schottische Industriemagnat errötete. „Natürlich nicht,
Herr Minister, aber das ist es ja nicht, worum es hier geht,
wenn Sie mir diese Feststellung gestatten. Perez verlangt von
mir, daß ich ihm einen Betrag von beinahe vier Millionen
Dollar auszahle, mehr als den halben Gesamtgewinn bei
diesem Projekt, ohne irgendwelche Notsituationen oder unglückliche Zufälle zu berücksichtigen, die sich im Verlauf
der Arbeiten ereignen könnten.“
„Sie selbst haben die Vertragssumme eingesetzt, Sir Hamish.
Ich gestehe, mich hat es amüsiert, daß Sie zu den
neununddreißig Millionen Ihr Geburtsdatum hinzugerechnet
haben.“
Sir Hamish blieb der Mund offen stehen.
Der Minister fuhr fort: „Bedenkt man Ihre Bilanzen während
der letzten drei Jahre und die derzeitige Wirtschaftslage in
Großbritannien, dann, meine ich, können Sie es sich nicht
leisten, so heikel zu sein.“
Unbewegt betrachtete der Minister Sir Hamish’s überraschtes
Gesicht. Gleichzeitig begannen beide zu sprechen. Sir Hamish
verschluckte die Worte auf seinen Lippen.
„Ich darf Ihnen vielleicht eine kleine Geschichte über diesen
Victor Perez erzählen. Auf dem Höhepunkt des Krieges“ (der
alte Staatsmann meinte damit natürlich die Revolution in
Mexiko, so wie einem Amerikaner, der das Wort „Krieg“ hört,
Vietnam einfällt oder einem Briten Deutschland) „fielen in
Celaya viele der jungen Leute unter meinem Kommando, nur
wenige Tage, ehe wir den Sieg errangen. Einer von ihnen war
Victors Vater. Er hinterließ einen Sohn, der am
Unabhängigkeitstag geboren wurde und seinen Vater nie
gesehen hat. Ich habe die Ehre, Sir Hamish, der Taufpate
dieses Kindes zu sein. Wir ließen ihn auf den Namen Victor
taufen.“
„Ich verstehe, daß Sie sich einem alten Kriegskameraden
verpflichtet fühlen, aber ich meine doch, daß vier Millionen…“ „Meinen Sie wirklich? Dann lassen Sie mich weiter erzählen.
Kurz bevor Victors Vater starb, besuchte ich ihn in einem
Feldlazarett, und seine einzige Bitte an mich war, ich sollte
mich seiner Frau annehmen. Sie starb im Kindbett. Meine Verpflichtung, fand ich, war damit auf das einzige Kind der
beiden übergegangen.“
Sir Hamish blieb einen Augenblick lang stumm. „Ihre
Einstellung ehrt Sie, Herr Minister, aber dennoch,
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