Archer Jeffrey
wieder sah er auf die Uhr und zur Tür, ob Melanie schon käme. Sie brauchte etwas mehr als eine Stunde, aber es hatte sich gelohnt. Als sie endlich in einem langen, engen und fraglos sehr teuren Kleid erschien, das im Schein der Kronleuchter schimmerte und glänzte, sah sie hinreißend aus. Der Kellner führte sie zu Abels Tisch. Er stand auf, um sie zu begrüßen, während ein Kellner eine Flasche Champagner öffnete und jedem ein Glas einschenkte.
»Willkommen, Melanie«, sagte Abel und hob die Champagnerschale. »Es ist schön, dich zu sehen, Baron«, erwiderte sie, »besonders an diesem festlichen Tag.«
»Was meinst du?«
»Ich las in der New York Post von deinem großen Dinner gestern abend und wie du dein Leben aufs Spiel gesetzt hast, um bei Remagen Verwundete zu retten. Vom Bahnhof bis zum Hotel habe ich die Geschichte verschlungen; sie haben aus dir eine Kreuzung zwischen Audie Murphy und dem Unbekannten Soldaten gemacht!«
»Es ist alles übertrieben«, sagte Abel.
»Solange ich dich kenne, warst du nie bescheiden, Abel, also muß ich annehmen, daß jedes Wort wahr ist.«
Er schenkte ihr ein zweites Glas Champagner ein.
»Die Wahrheit ist, daß ich immer ein wenig Angst vor dir hatte, Melanie.«
»Der Baron hat vor jemand Angst? Das kann ich nicht glauben.«
»Nun, ich bin kein Gentleman aus dem Süden, wie du mir einmal so deutlich zu verstehen gabst.«
»Und du hörst nie auf, mich an die Bemerkung zu erinnern.«
Sie lächelte ein wenig spöttisch. »Hast du ein nettes polnisches Mädchen geheiratet?«
»Ja.«
»Und wie hat sich mein Rat bewährt?«
»Nicht sehr. Sie ist jetzt dick, vierzig, und ich bin nicht mehr verliebt in sie.«
»Als nächstes wirst du mir sagen, daß du dich unverstanden fühlst«, sagte Melanie und ihr Ton verriet, wie sie sich freute.
»Hast du geheiratet, Melanie?«
»O ja«, erwiderte Melanie. »Einen echten Gentleman aus dem Süden mit allen richtigen Zutaten.«
»Meinen Glückwunsch.«
»Letztes Jahr habe ich mich scheiden lassen… mit einer großen Abfindung.«
»Ach, das tut mir leid«, sagte Abel, aber es klang erfreut. »Noch ein wenig Champagner?«
»Hast du vielleicht die Absicht, mich zu verführen, Abel?«
»Nicht, bevor ich meine Suppe gegessen habe, Melanie. Selbst polnische Einwanderer der ersten Generation halten sich an gewisse Regeln, obwohl ich bemerken muß, daß es jetzt an mir ist, zu verführen.«
»Dann muß ich dich warnen, Abel. Seit meiner Scheidung habe ich mit keinem Mann geschlafen. Nicht aus Mangel an Gelegenheit, aber niemand war so wirklich richtig; zu viele fordernde Hände und zu wenig Zuneigung.«
Nach einem geräucherten Lachs, Crême brûlée und einem Mouton Rothschild aus den Vorkriegsjahren hatten beide alle Erlebnisse seit ihrem letzten Zusammensein erzählt.
»Kaffee im Penthouse, Melanie?«
»Habe ich nach einer so vorzüglichen Mahlzeit noch eine andere Wahl?«
Abel lachte und führte sie zum Lift. Sie schwankte ein wenig auf ihren hohen Absätzen, als sie einstieg. Abel drückte auf Knopf 42. Melanie schaute auf die Nummern, als sie nach oben fuhren.
»Warum gibt es keinen 12. Stock?« fragte sie ahnungslos. Abel vermochte nicht, es ihr zu sagen.
»Das letztemal, als ich in deinem Zimmer Kaffee trank…« versuchte es Melanie nochmals.
»Erinnere mich nicht«, bat Abel und dachte an seine Verletzlichkeit. Als sie im 42. Stock aus dem Fahrstuhl traten, öffnete der Liftboy die Tür zu Abels Suite.
»Mein Gott«, sagte Melanie und sah sich in dem Penthouse um. »Du hast gelernt, wie ein Multimillionär zu leben, Abel. Etwas Luxuriöseres habe ich noch nie gesehen.«
Ein Klopfen an der Tür hinderte Abel, sie zu umarmen. Ein junger Kellner brachte Kaffee und eine Flasche Remy Martin.
»Danke, Mike«, sagte Abel. »Das ist alles für heute.«
»Wirklich?«
Melanie lächelte.
Der Kellner wäre rot geworden, wäre er nicht schwarz gewesen und rasch hinausgegangen.
Abel schenkte Kaffee und Cognac ein. Melanie saß mit überkreuzten Beinen auf dem Boden und trank langsam. Auch Abel wäre gern so gesessen, aber die Stellung behagte ihm nicht, also legte er sich neben sie. Sie streichelte sein Haar, und er strich ihr zögernd über die Beine. Mein Gott, wie gut er sich an diese Beine erinnerte. Als sie einander küßten, warf Melanie einen Schuh fort, und der Kaffee ergoß sich über den Perserteppich.
»Verdammt«, sagte sie, »ich hab deinen schönen Teppich ruiniert.«
»Macht nichts«, murmelte er und öffnete ihr Kleid. Melanie
Weitere Kostenlose Bücher