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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein Mann von Ehre
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gezeigt zu werden.«
»Und was geschah dann mit ihnen?«
»Hitler gab Befehl, sie zu vernichten. Unter diesen zur Verbrennung bestimmten Werken befanden sich auch Bilder von Meistern wie van Gogh, Manet, Monet und dem jungen Picasso – Picasso galt als ganz besonders unwürdig: Seine Werke durften der blaublütigen arischen Rasse, die Hitler heranzüchten wollte, um die Welt zu beherrschen, auf keinen Fall unter die Augen kommen.«
»Sie wollen mir doch nicht einreden, daß Göring die ZarenIkone gestohlen haben könnte«, sagte Romanow und richtete den Blick zur Decke, »nur um sie dann zu verbrennen?«
»Aber nein. So dumm war Göring nicht. Er hat, wie wir heute wissen, nicht immer jedes Wort seines Führers befolgt.«
»Göring sollte Hitlers Befehle nicht ausgeführt haben?« fragte Romanow ungläubig.
»Kommt ganz darauf an, von welchem Standpunkt aus man das betrachtet«, erwiderte Anna Petrowa. »Sollte er tun, was sein wahnsinniger Herr verlangte? Oder sollte er sich auf seinen gesunden Menschenverstand verlassen und manchmal ein Auge zudrücken?«
»Halten Sie sich an Tatsachen«, sagte Romanow. Seine Stimme hatte plötzlich einen scharfen Klang.
»Jawohl, Genosse Major«, sagte die junge Wissenschaftlerin in einem Ton, der deutlich machte, daß sie sich – zumindest vorläufig – für unentbehrlich hielt.
»Am Ende hat Göring«, fuhr Anna Petrowa fort, »kein einziges der gebrandmarkten Meisterwerke vernichtet. Er ließ etwa in Berlin und Düsseldorf Werke weniger bekannter deutscher Künstler verbrennen, die auf dem freien Markt ohnehin höchstens ein paar hundert Mark erzielt hätten. Aber die Meisterwerke, die Werke der wahren Genies, wurden diskret über die Grenze geschafft und in den Tresoren von Schweizer Banken deponiert.«
»Es besteht also durchaus noch eine Möglichkeit, daß Göring die Ikone gefunden …«
»… und dann in eine Schweizer Bank geschafft hat«, ergänzte Anna Petrowa. »Wenn es doch nur so einfach wäre, Genosse Major! Leider war Göring jedoch bei weitem nicht so naiv, wie ihn die Karikaturisten in den Zeitungen damals darstellten. Ich glaube, er hat die verschiedenen Bilder und Antiquitäten in mehreren Banken deponiert; und bis heute hat noch niemand herausfinden können, in welchen Banken. Es ist leider auch nicht bekannt, welche Decknamen er benutzte.«
»Dann werden wir es eben herausfinden«, sagte Romanow.
»Wo sollten wir Ihrer Meinung nach anfangen?«
»Nun, seit Kriegsende sind viele der Bilder aufgefunden und ihren rechtmäßigen Besitzern zurückerstattet worden, auch den Museen der Deutschen Demokratischen Republik. Andere wiederum sind – manchmal ohne befriedigende Erklärung – an den Wänden von so weit auseinanderliegenden Institutionen wie dem Getty Museum in Kalifornien und dem Gothol Museum in Tokio aufgetaucht. So hängt zum Beispiel eines der bedeutendsten Werke von Renoir gegenwärtig im Metropolitan Museum in New York. Es ist mit Sicherheit durch Görings Hände gegangen, auch wenn der Museumsdirektor nie Auskunft geben wollte, wie sein Haus an das Gemälde gekommen ist.«
»Sind inzwischen alle vermißten Bilder gefunden worden?« fragte Romanow besorgt.
»Über siebzig Prozent. Es gibt immer noch viele, deren Verbleib ungeklärt ist. Einige sind vielleicht endgültig verloren gegangen oder zerstört; ich bin mir aber sicher, daß sich eine erkleckliche Anzahl noch heute im Gewahrsam der Schweizer Banken befindet.«
»Wieso sind Sie da so sicher?« wollte Romanow wissen. Er schien besorgt, daß sich ihm dieser letzte Zugang auch noch verschließen könnte.
»Weil die Schweizer Banken Wertgegenstände, bei denen sie vom rechtmäßigen Besitzanspruch einer Nation oder einer Einzelperson überzeugt sind, stets retournieren. Bei der ZarenIkone gab es keinen Eigentumsnachweis des Großherzogs von Hessen; der letzte offizielle Eigentümer war Zar Nikolaus II. Und der hatte, wie jeder gute Russe weiß, verehrter Genosse, keine überlebenden Nachkommen.«
»Also muß ich Görings Spuren folgen, indem ich mich direkt an die Banken wende. Weiß man, wie sich die Banken bisher in ähnlichen Fällen verhalten haben?« fragte Romanow.
»Das ist von Bank zu Bank verschieden«, sagte Anna Petrowa.
»Manche Banken warten zwanzig Jahre oder noch länger, und versuchen dann, durch intensive Nachforschungen oder über Annoncen den Eigentümer oder seine nächsten Verwandten zu ermitteln und mit ihnen Kontakt aufzunehmen. Bei Juden, die unter dem Naziregime ums

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