Archer Jeffrey
Landkarte und breitete sie über seinen und Robins Knien aus. Dann zeichnete er mit dem Finger die Straße nach, auf der der Bus fuhr.
»Das heißt, daß du den Zürcher Flughafen erreichen könntest, bevor er irgendeine Möglichkeit findet, dich einzuholen«, stellte Robin fest.
»Vielleicht«, antwortete Adam. »Aber das wäre zu riskant. Wer immer auch Rosenbaum sein mag«, fuhr er eingedenk Lawrences Rat fort, vorsichtig zu sein und sein Geheimnis mit niemandem – auch nicht mit Robin – zu teilen, »zumindest wissen wir mittlerweile mit Bestimmtheit, daß eine professionelle Organisation hinter ihm steht. Wir müssen daher davon ausgehen, daß er vor allem anderen die Flughäfen überwachen läßt. Und vergiß nicht, daß die Schweizer Polizei ebenfalls noch immer nach mir Ausschau hält.«
»Dann fahr doch bis Frankfurt mit uns«, schlug Robin vor, »ich glaube nicht, daß Stephen dir irgendwelche Schwierigkeiten machen würde.«
»Daran habe ich auch schon gedacht, diese Idee aber wieder fallengelassen«, sagte Adam. »Es ist einfach zu riskant.«
»Warum?«
»Weil Rosenbaum, sobald er Zeit gefunden hat, alles der Reihe nach zu durchdenken, sich nur an eine einzige konkrete Sache erinnern wird – nämlich an den Bus. Wenn er einmal festgestellt hat, in welche Richtung wir fahren, kommt er uns bestimmt nach.«
Robins Blick kehrte auf die Landkarte zurück. »Du mußt dich also entscheiden, wann und wo du aussteigst.«
»Ja«, flüsterte Adam. »Hundert bis hundertzwanzig Kilometer kann ich riskieren, viel mehr nicht.«
Robins Finger fuhr auf der Karte die kleine Straße entlang.
»Ungefähr hier«, sagte sie. Der Finger hielt bei der Stadt Solothurn inne.
»Scheint etwa die richtige Entfernung zu sein.«
»Aber wie kommst du weiter, sobald du aus dem Bus gestiegen bist?«
»Zu Fuß oder per Anhalter – eine andere Wahl bleibt mir nicht. Außer ich klau’ mir wieder ein Auto.«
»Bei deinem Glück wird sicher Rosenbaum der einzige sein, der anhält, um dich mitzunehmen …«
»Ja, das hab’ ich mir auch schon überlegt«, antwortete Adam.
»Ich müßte ein längeres Straßenstück finden, das ich etwa hundert Meter überblicken kann, ohne selbst gesehen zu werden, und dann würde ich nur englische Autos oder Autos mit englischen Kennzeichen anzuhalten versuchen.«
»Man hat dir bei der Army immerhin ein paar Tricks beigebracht«, hänselte ihn Robin. »Aber wie willst du mit deinem Paß über die Grenze kommen?«
»Das ist eines der vielen Probleme, für die ich noch keine Lösung gefunden habe.«
»Falls du dich doch entschließt, bei uns zu bleiben, so wäre dies kein Problem.«
»Wieso?«
»Jedesmal, wenn wir an eine Grenze kommen, wird nur die Zahl der Personen im Bus mit der Anzahl der Pässe verglichen, und solange beides übereinstimmt, nehmen sich die Zollbeamten nicht die Mühe, jeden einzelnen zu kontrollieren. Warum sollten sie auch? Unser Orchester ist ja nicht eben unbekannt. Ich brauche nur deinen Paß in den Stapel unserer Pässe zu stecken und es dem Manager zu sagen.«
»Eine gute Idee, aber es nützt nichts. Wenn Rosenbaum mich einholt, solange ich hier im Bus bin, sitze ich in der Falle, ohne jede Fluchtmöglichkeit.«
Robin verstummte für einen Augenblick.
»Wirst du wieder mit Lawrence Verbindung aufnehmen, sobald du allein bist?« fragte sie schließlich.
»Ja. Ich muß ihm mitteilen, was heute morgen vorgefallen ist, denn allem Anschein nach steht derjenige, mit dem er zusammenarbeitet – wer immer es auch sein mag – mit Rosenbaum in direktem Kontakt.«
»Könnte es Lawrence selbst sein?«
»Niemals!«
»Deine Loyalität ist ja rührend«, sagte Robin, wandte ihm das Gesicht zu und sah ihn direkt an. »In Wirklichkeit willst du einfach nicht zur Kenntnis nehmen, daß es Lawrence sein könnte.«
»Wie meinst du das?«
»Auch meine Mutter wollte nicht glauben, daß mein Vater ein Lügner und ein Trinker war. Sie hat sich seinen kleinen Schwächen gegenüber blind gestellt. Weißt du, selbst als er an Leberzirrhose starb, sagte sie nur: Seltsam, – und dabei hat er doch nie getrunken!«
Adam dachte über sein Verhältnis zu Lawrence nach und fragte sich, ob es möglich war, jemanden zwanzig Jahre lang zu kennen – und ihn in Wirklichkeit überhaupt nicht zu kennen.
»Gib bloß acht, daß du ihm nicht zuviel sagst«, riet ihm Robin.
Schweigend saßen sie nebeneinander. Adam studierte die Landkarte und prüfte die verschiedenen Routen, die er einschlagen konnte, sobald er den Bus
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