Archer Jeffrey
töten?«
»Sofern die Nazis Ihnen nicht zuvorkommen, Hoch«, sagte der Sergeant.
Der junge Offizier lächelte. »Ja, diese Chance bekommen Sie. Wir müssen jetzt nur noch ein Formular ausfüllen.« Lieutenant Wakeham tauchte seinen Federhalter ins Tintenfaß und blickte Lubji an. »Wie lautet Ihr voller Name?«
»Ist schon gut, Sir.« Lubji trat vor und griff nach dem Federhalter. »Ich kann das Formular selbst ausfüllen.«
Die beiden Männer beobachteten, wie Lubji sämtliche kleine Kästchen ausfüllte und auf der untersten Zeile schwungvoll unterschrieb.
»Sehr beeindruckend, Hoch.« Der Lieutenant nickte, als er das Formular durchsah. »Aber darf ich Ihnen einen Rat geben?«
»Jawohl, Sir. Danke, Sir«, sagte Lubji.
»Vielleicht ist es an der Zeit, daß Sie Ihren Namen ändern. Denn ich fürchte, mit einem Namen wie Hoch werden Sie im North Staffordshire Regiment nicht weit kommen.«
Lubji zögerte und starrte auf den Schreibtisch, der vor ihm stand. Sein Blick blieb auf einer Schachtel Zigaretten mit dem bekannten Bild eines bärtigen Seemannes hängen. Er strich den Namen »Lubji Hoch« durch und schrieb, als hätte er schon Zeit seines Lebens so geheißen: »John Player.«
Kaum war er mit seiner neuen Uniform ausgestattet, stolzierte Private Player vom North Staffordshire Regiment im Lager umher und salutierte vor jedem, der irgendeinen Rang hatte, vom Gefreiten aufwärts.
Am nächsten Montag wurde er zur zwölfwöchigen Grundausbildung nach Aldershot versetzt. Nach wie vor stand er jeden Morgen um sechs Uhr auf. Das Essen war in Aldershot zwar nicht besser, doch zumindest wurde er hier für etwas ausgebildet, das seiner Meinung nach die Mühe lohnte: Nazis zu töten. In Aldershot lernte Lubji den Umgang mit Gewehr, Maschinenpistole, Handgranaten und Kompaß. Auch das Kartenlesen, bei Tag wie bei Nacht, brachte man ihm bei. Er konnte langsam und im Schnellschritt marschieren, eine Meile schwimmen und drei Tage ohne Verpflegung auskommen. Als er drei Monate später ins Pionierlager zurückkehrte, entging Lieutenant Wakeham das großspurige Auftreten des Immigranten aus der Tschechoslowakei nicht. Deshalb war er auch keineswegs überrascht, als er in den Berichten aus Aldershot las, daß Private Player zur vorzeitigen Beförderung vorgeschlagen worden war.
Private John Players erste Abkommandierung war die zum 2. Bataillon in Cliftonville. Schon wenige Stunden nach seiner Ankunft in der Kaserne wurde ihm klar, daß das Zweite sich gemeinsam mit einem Dutzend anderer Regimenter auf das Übersetzen nach Frankreich vorbereitete. Im Frühjahr 1944 war Südengland zu einem gigantischen Ausbildungslager geworden, und Private Player nahm mit Amerikanern, Kanadiern und Polen an Manövern und anderen Kriegsspielen teil.
Tag und Nacht liefen die Vorbereitungen, und alle warteten ungeduldig auf General Eisenhowers Einsatzbefehl zum Kampf gegen die verhaßten Deutschen. Obwohl Private Player ständig daran erinnert wurde, daß die Männer sich hier auf die entscheidende Schlacht des Krieges im Westen vorbereiteten, trieb das endlose Warten ihn fast in den Wahnsinn. In Cliftonville lernte Private Player weiter dazu; hatte er sich in Aldershot vor allem mit Waffen und körperlichem Drill befaßt, beschäftigte er sich nun mit der Regimentsgeschichte, dem Verlauf der Normandieküste, ja, sogar mit den Kricketregeln. Doch ungeachtet all dieser Vorbereitungen steckte er immer noch in der Kaserne fest und wartete fieberhaft darauf, »daß der Ballon endlich hochging«.
Und dann, ohne Vorwarnung, mitten in der Nacht des 4. Juni 1944, wurde er vom Motorenlärm zahlloser Lastwagen geweckt, und ihm wurde klar, daß die Vorbereitungen zu Ende waren. Aus den Lautsprechern dröhnten Befehle über den Exerzierplatz. Private Player wußte, daß die Invasion endlich ihren Anfang nahm.
Wie alle anderen Soldaten stieg er auf einen Mannschaftstransportwagen. Unwillkürlich mußte er daran denken, wie die Deutschen ihn damals auf einen Laster verfrachtet hatten. Als die Uhr die erste Stunde des 5. Juni schlug, rollte die Kolonne der North Staffordshires aus der Kaserne.
Ihre Gewehre umklammernd, fuhren sie den Rest der Nacht durch unbeleuchtete Straßen. Wenige Männer redeten; sie alle fragten sich, ob sie in vierundzwanzig Stunden noch am Leben sein würden. Als sie durch Winchester kamen, wiesen ihnen neu aufgestellte Wegweiser die Richtung zur Küste. Auch andere hatten sich auf diesen 5. Juni vorbereitet. Private Player schaute
Weitere Kostenlose Bücher