Archer Jeffrey
deshalb natürlich den Abschied einreichen mußte. Der Vikar ist der einzige, von dem ich weiß, daß er das Märchen glaubt.« Aber auch Daphne hatte keine Ahnung, weshalb Trentham so erpicht daraufgewesen war, das Madonnenbild an sich zu bringen.
Der Colonel und Elizabeth besuchten Becky mehrmals, und da er ständig über die Zukunft der Gesellschaft redete und kein einziges Mal auf seinen Kündigungsbrief zu sprechen kam, erwähnte auch Charlie dieses Thema nicht.
Es war Crowther, der Charlie schließlich darüber aufklärte, wer die Wohnungen gekauft hatte.
Sechs Wochen später fuhr Charlie seine Frau nach Hause in die Gilston Road – in etwas bedächtigerem Tempo. Dr. Armitage hatte allerdings geraten, daß sie sich noch einen Monat daheim erhole, ehe sie ihre Arbeit wieder aufnahm. Charlie versprach dem Arzt, er würde darauf achten, daß Becky sich schonte, bis er sicher sein konnte, daß sie ganz wiederhergestellt war.
An dem Vormittag, als er Becky heimbrachte – und nachdem er dafür gesorgt hatte, daß sie mit vielen Kissen im Rücken bequem im Bett saß –, kehrte Charlie in die Chelsea Terrace zurück und begab sich umgehend in das Juweliergeschäft, das er während Beckys Abwesenheit erworben hatte.
Im Laden nahm er sich viel Zeit bei der Auswahl einer Halskette aus Zuchtperlen, eines goldenen Armbands und einer viktorianischen Damenuhr und erteilte einem Boten den Auftrag, die drei Geschenke ins Guy-Krankenhaus zu bringen: zu Grace, zu der Stationsschwester und zu der Krankenschwester, die Becky versorgt hatte. Als nächstes ging er in seine Obst- und Gemüsehandlung, wo er Bob beauftragte, einen Korb mit den besten Früchten zu füllen, während er selbst eine Flasche ausgezeichneten Weines in Nummer 101 auswählte und Bob gab. »Schicken Sie beides mit meinen Empfehlungen zu Dr. Armitage, Cadogan Square 7, London SW 1, bat er.
»Wird sogleich erledigt«, versicherte ihm Bob. »Sonst noch was?«
»Ja. Ich möchte das zum Dauerauftrag machen. Schicken Sie Dr. Armitage jeden Montag, solange er lebt, einen Früchtekorb und Wein.«
Bei seinem wöchentlichen Treffen mit Tom Arnold, nach Beckys Heimkehr im November 1922, erfuhr Charlie von den Kopfschmerzen, die sich Arnold bei der einfachen Aufgabe machte, neues Personal zu finden. Tatsächlich war die Auswahl in letzter Zeit zum zeitraubendsten Problem für Arnold geworden, denn für jede Stelle, die frei wurde, gab es jetzt fünfzig bis hundert Bewerber. Von denen, die in Frage kamen, fertigte er eine Liste für Charlie an, der darauf bestand, sie selbst zu interviewten, ehe jemand eingestellt wurde.
An diesem Montag hatte Arnold bereits mehreren Mädchen auf den Zahn gefühlt, die sich als Verkäuferin im Blumengeschäft beworben hatten, wo eine langjährige Angestellte in den Ruhestand gegangen war.
»Ich habe zwar nur drei in die engere Wahl gezogen«, sagte Arnold, »aber ich dachte, Sie würden sich vielleicht für eine Bewerberin interessieren, die ich ablehnen mußte, weil sie für diese Stellung nicht die nötigen Qualifikationen hat. Aber …«
Charly warf einen Blick auf das Blatt, das ihm Arnold reichte. »Joan Moore. Warum sollte ich …?« begann er, doch dann überflog er ihre Bewerbung. »Ah, ich verstehe«, sagte er. »Wie aufmerksam von Ihnen, Tom.« Er las ein paar weitere Zeilen. »Aber ich brauche doch keine – na ja, vielleicht.« Er schaute auf. »Ich möchte mir das Mädchen irgendwann nächste Woche ansehen.«
Am folgenden Donnerstag interviewte Charlie Miss Moore über eine Stunde lang bei sich zu Haus in der Gilston Road, und sein erster Eindruck war der eines munteren Mädchens mit guten Manieren, wenn auch vielleicht noch etwas unreif. Doch bevor er ihr die Stelle als Zofe für seine Frau anbot, fand er es notwendig, zwei Fragen zu klären.
»Haben Sie sich für die Stellung beworben, weil Sie die Beziehung zwischen meiner Frau und Ihrer früheren Arbeitgeberin kannten?« wandte sich Charlie an sie.
Das Mädchen blickte ihn offen an. »Ja, Sir.«
»Hat Ihre frühere Arbeitgeberin Sie gefeuert?«
»Nicht direkt, Sir, aber als ich ging, hat sie sich geweigert,
mir ein Zeugnis zu geben.«
»Welchen Grund nannte sie dafür?«
Plötzlich fiel das Mädchen in Cockneydialekt. »Ich bin
mit’m zweiten Lakai ausgang’n und ‘ab dem Butler nichts gesagt, der für den ‘aus’alt verantwortlich ist.«
»Und gehen Sie immer noch mit dem zweiten Lakai aus?« Das Mädchen zögerte. »Ja, Sir. Wir woll’n ‘eiraten,
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