Archer Jeffrey
ungewöhnlichere Gefallen für viel weniger Geld gebeten worden war.
Bis Daniel an Bord der Aorangi ging, war sein Bart schon tüchtig gewachsen und sein Plan so gut vorbereitet wie nur möglich, wenn man bedachte, daß er die Information auf der anderen Seite der Erdkugel zusammengetragen hatte. Während dieser Seereise saß Daniel an einem großen runden Tisch mit einer australischen Familie, die Urlaub in den Staaten gemacht hatte. Im Lauf der nächsten drei Wochen konnte er sein Wissen noch sehr aufstocken, ohne daß es der Familie bewußt wurde, daß er jedem Wort mit ungewöhnlichem Interesse lauschte.
Am ersten Montag im August 1947 legte das Schiff in Sydney an. Daniel stand an Deck und bewunderte den Sonnenuntergang jenseits der Sydney Harbour Bridge, während ein Lotsenboot den Dampfer langsam in den Hafen leitete. Plötzlich hatte er Heimweh und wünschte sich zum wiederholten Mal, er hätte diese Reise überhaupt nie angetreten. Eine Stunde später war er an Land und nahm sich ein Zimmer in einer Pension, die ihm von seinen Reisegefährten empfohlen worden war.
Die Wirtin, eine Mrs. Snell, erwies sich als eine gewichtige Frau mit gewichtigem Lächeln, die ihm, wie sie behauptete, ihr bestes Zimmer zuteilte. Daniel war froh, daß er nicht eines ihrer weniger guten bekommen hatte, denn als er sich in das Doppelbett legte, sackte die Matratze in der Mitte durch, und kaum rollte er sich herum, folgten ihm die Sprungfedern und beharrten darauf, ihm ins Kreuz zu drücken. Beide Hähne des Waschbeckens lieferten kaltes Wasser in verschiedenen Brauntönen, und die nackte Birne, die in der Zimmermitte herunterhing, war viel zu schwach, als daß er in ihrem Licht hätte lesen können, außer vielleicht auf einem Stuhl unmittelbar unter ihr stehend – wenn Mrs. Snell das Zimmer mit einem Stuhl ausgestattet hätte.
Als sie Daniel am nächsten Morgen, nach einem Frühstück aus Eiern, Speck, Kartoffeln und in der Pfanne aufgebackenem Brot, fragte, ob er im Haus oder außerhalb essen würde, antwortete er zur sichtlichen Enttäuschung der Wirtin, außerhalb.
Sein erster Besuch – der, von dem alles abhing – galt der Einwanderungsbehörde. Wenn er dort nicht eine Auskunft bekam, die ihm weiterhalf, dann konnte er genausogut gleich wieder an Bord der Aorangi gehen. Inzwischen dachte Daniel, daß er gar nicht mehr so traurig wäre, wenn dieser Fall einträte.
Das wuchtige braune Gebäude an der Market Street, in dem die Unterlagen über jeden Einwanderer seit 1823 abgelegt waren, öffnete seine Pforten um zehn Uhr. Obwohl Daniel schon eine halbe Stunde früher da war, warteten bereits acht Schlangen von Personen, die wie er das eine oder andere über einen bestimmten Einwanderer wissen wollten; was bedeutete, daß er gute vierzig Minuten anstehen mußte.
Als er endlich an der Reihe war, sah er sich einem rotgesichtigen Beamten in blauem Hemd mit offenen Kragen gegenüber, der halb über seinem Schalter hing.
»Ich suche einen Engländer, der zwischen 1923 und 1925 nach Australien kam.«
»Geht es nicht ein bißchen genauer, Kumpel?«
»Ich fürchte, nein.«
»Sie fürchten, nein?« brummte der Beamte, aber Daniel ließ sich nicht provozieren. »Haben Sie denn nicht wenigstens den Namen?«
»O ja«, versicherte ihm Daniel. »Guy Trentham.«
»Trentham. Würden Sie das buchstabieren?«
Daniel tat es.
»Gut, Kumpel. Macht zwei Pfund.« Daniel zog seine Brieftasche aus dem Sportjackett und reichte ihm das Geld. »Unterschreiben Sie hier.« Der Beamte schob ihm ein Formular zu und tupfte mit dem Zeigefinger auf die untere gestrichelte Linie. »Kommen Sie am Donnerstag wieder.«
»Donnerstag? Aber das ist doch erst in drei Tagen!«
»Wie gut, daß man Ihnen in England das Rechnen beibringt«, sagte der Beamte. »Der nächste.«
So verließ Daniel das Gebäude statt mit Auskunft mit einer Quittung über zwei Pfund. An einem Kiosk erstand er den Sydney Morning Herald, dann suchte er ein Restaurant in Hafennähe, um zu Mittag zu essen. Er fand ein kleines Lokal voll junger Leute. Ein Kellner führte ihn durch das Stimmengewirr zu einem kleinen Ecktisch. Bis eine Kellnerin die bestellte Salatplatte brachte, war er fast mit der Zeitung fertig. Zu seiner gelinden Verwunderung stellte er fest, daß darin nicht ein Wort darüber gestanden hatte, was sich daheim in England tat.
Beim Salat überlegte er, wie er die unplanmäßige Wartezeit nutzen könnte, als sich ein junges Mädchen vom Nachbartisch herüberbeugte und bat, ob sie
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