Archer, Jeffrey
sind.«
Seine Worte bestärkten Florentyna nur in ihrem Entschluß, auszuharren, besonders als Mark Chadwick sie anrief und bat, nicht aufzugeben. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis der Schuldige ausfindig gemacht worden sei.
Am vierten Tag – vom FBI hatte sie nichts mehr gehört
– war Florentyna an einem Tiefpunkt angelangt, als ein Reporter der Washington Post anrief.
»Mrs. Kane, haben Sie etwas zu der Erklärung des Abgeordneten Buchanan über Aerospace zu sagen?«
»Hat auch er sich gegen mich ausgesprochen?« fragte sie leise.
»Wohl kaum«, erwiderte die Stimme am Telefon. »Ich werde Ihnen seine Erklärung vorlesen: ›Ich kenne Abgeordnete Kane seit fünf Jahren als erbitterte Gegnerin, und sie treibt mich oft zur Verzweiflung, aber wie wir in Tennessee sagen: Man muß den Fluß weit hinunter-schwimmen, um jemanden zu finden, der anständiger ist.
Wenn man Mrs. Kane nicht vertrauen kann, dann weiß ich keinen ehrlicheren Menschen in den beiden Häusern des Kongresses.‹«
Florentyna rief Buchanan an.
»Glauben Sie ja nicht, daß ich auf meine alten Tage sentimental werde«, bellte er. »Sie brauchen nur einen Fauxpas im Repräsentantenhaus zu begehen, und Sie werden Ihre Wunder erleben!«
Zum erstenmal seit Tagen lachte Florentyna.
Ein kalter Dezemberwind fegte um die Ostseite des Capitols, als Florentyna nach der letzten Abstimmung allein zum Longworth Building zurückging. Der Zeitungsjunge an der Ecke rief die letzten Schlagzeilen aus. Sie konnte nicht genau verstehen, was er rief irgendwer war festgenommen worden. Sie suchte in ihrer Tasche nach einer Münze, konnte jedoch nur eine Zwanzig-Dollar-Note finden.
»Ich kann nicht wechseln«, sagte der Junge.
»Behalt das Geld.«
Florentyna riß ihm die Zeitung aus der Hand und las die Titelgeschichte zuerst rasch, dann langsam. »Der ehemalige Abgeordnete Bill Pearson« – Florentyna las laut, als müsse es auch der Zeitungsjunge hören – »wurde im Zusammenhang mit dem Aerospace Skandal vom FBI in Fresno, Kalifornien, festgenommen. In der hinteren Stoßstange seines Fords fand man über siebzehntausend Dollar in bar. Er wurde auf die nächste Polizeistation gebracht, verhört und des Diebstahls sowie drei anderer Vergehen angeklagt. Die junge Frau, die ihn begleitete, wurde als Komplizin festgehalten.«
Florentyna machte Freudensprünge im Schnee, während der Zeitungsjunge rasch die Zwanzig-Dollar-Note einsteckte und zur anderen Ecke lief; man hatte ihn schon gewarnt, daß die Typen vom Capitol alle verrückt seien.
»Ich gratuliere herzlich, Mrs. Kane.«
Der Direktor des Jockey Clubs war der erste von vielen, die Florentyna an diesem Abend beglückwünschten.
Richard war aus New York gekommen, um mit seiner Frau zu feiern. Auf dem Weg zu dem eichengetäfelten Saal wurden sie von Politikern und Mitgliedern der Washingtoner Gesellschaft angesprochen, die ihrer Freude Ausdruck gaben, daß die Wahrheit endlich ans Licht gekommen sei. Florentyna hatte für alle ein Lächeln – das gewisse Washington-Lächeln, das sie nach fünf Jahren in der Politik gelernt hatte.
Die Chicago Tribune und die Sun-Times brachten am nächsten Tag glühende Lobeshymnen, daß ihre Repräsen-tantin sich in dieser Krise so überlegen gezeigt hatte.
Florentyna lächelte spöttisch und beschloß, künftig nur noch sich selbst zu vertrauen. Von Ralph Brooks Büro kam kein Kommentar. Edward schickte einen großen Strauß Fresien, und William ein Telegramm aus Harvard: SEHE DICH HEUTE ABEND FALLS DU NICHT DIE
FRAU IN FRESNO BIST DIE VOM FBI VERHÖRT
WIRD. Annabel kam, offenbar über die Probleme ihrer Mutter nicht unterrichtet, nach Hause und teilte mit, daß sie in Radcliffe aufgenommen worden sei. Die Direktorin der Madeira School teilte Florentyna später vertraulich mit, daß es bei der Aufnahme ihrer Tochter sehr knapp zugegangen sei; daß Mr. Kane in Harvard und sie selbst in Radcliffe gewesen waren, habe nicht unbeträchtlich geholfen. Florentyna war erstaunt über ihren Bekanntheitsgrad, und daß sie, ohne einen Finger zu rühren, die Zukunft ihrer Tochter beeinflussen konnte. Sie sagte Richard, wie erleichtert sie sei, daß Annabels Leben etwas ruhiger zu werden versprach.
Richard fragte seine Tochter, welche Studienrichtung sie einschlagen wolle.
»Psychologie und Soziologie«, antwortete Annabel ohne zu zögern.
»Das sind keine wirklichen Fächer, sondern nur eine Ausrede, drei Jahre lang über sich selbst zu sprechen«, erklärte
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