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Archer, Jeffrey

Archer, Jeffrey

Titel: Archer, Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abels Tochter
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zitterte, als sie aufstand. Während die großen Fernsehscheinwerfer auf sie gerichtet wurden, warf sie noch einen Blick auf ihr Manuskript. Das Licht blendete sie, so daß sie die Gesichter der Zuhörer nur verschwommen sah. Hoffentlich ist Richard unter ihnen, betete sie.
    »Sehr geehrte Damen und Herren! Ich stehe heute noch aufgeregter vor Ihnen als vor dreiunddreißig Jahren bei meinem Eintritt in Radcliffe. Damals konnte ich zwei Tage lang den Speisesaal nicht finden und war zu verschreckt, um jemanden danach zu fragen.«
    Das Gelächter lockerte Florentynas Anspannung ein wenig. »Jetzt sehe ich Männer und Frauen vor mir sitzen, und wenn ich mich richtig an die Regel des Radcliffe Book erinnere, dürfen Männer die Schlafzimmer nur
    ›zwischen drei und fünf Uhr nachmittags‹ betreten und
    ›ihre Füße müssen immer den Boden berühren‹. Sollte diese Regel noch heute existieren, so frage ich mich, wie die Armen je schlafen.«
    Das Gelächter dauerte ein paar Sekunden, bis Florentyna wieder fortfahren konnte. »Vor mehr als dreißig Jahren erhielt ich an dieser großartigen Universität meine Ausbildung, und damit eine Richtschnur für alles, was ich im Leben zu erreichen versuchte. Das Streben nach Spitzenleistungen gehörte immer schon zu den wichtigsten Anliegen von Harvard, und es ist erfreulich, daß die Leistungen der Studenten heute sogar noch besser sind als zu meiner Zeit. Man behauptet gern, die Jugend von heute könne sich nicht mit den früheren Generationen vergleichen. Das erinnert mich an die Worte auf einem der Pharaonengräber: ›Die Jungen sind faul und nur mit sich selber beschäftigt. Bestimmt werden sie die Welt, wie wir sie kennen, zugrunde richten.‹«
    Die Studenten jubelten, die Eltern lachten. »Winston Churchill sagte einmal: ›Mit sechzehn fand ich, meine Eltern wüßten gar nichts. Mit einundzwanzig war ich erstaunt festzustellen, wieviel sie in den letzten fünf Jahren gelernt hatten.‹«
    Die Eltern applaudierten, die Studenten lächelten. »Man sieht Amerika oft als eine riesige monolithische Landmasse mit einer mächtigen, zentralisierten Wirtschaft. Das stimmt nicht. Amerika – das sind zweihundertfünfundzwanzig Millionen Menschen, die etwas Vielfältigeres, Komplizierteres, Aufregenderes darstellen. Ich beneide alle jene von Ihnen, die eine Rolle in der Zukunft unseres Landes spielen möchten, und bedaure die, die dies nicht wollen. Harvard ist berühmt für seine Ärzte, Professoren, Juristen und Philosophen. Ich halte es für eine moderne Tragödie, daß nicht mehr junge Menschen die politische Laufbahn als eine ehrenhafte und lohnende Karriere sehen und sie einschlagen. Wir müssen die Atmosphäre in den Couloirs der Macht verändern, so daß unsere besten Köpfe eine politische Laufbahn nicht mehr, ohne nachzudenken, einfach ablehnen.
    Niemand von uns würde die Integrität eines Washington, Adams, Jefferson oder Lincoln in Frage stellen. Warum sollten wir nicht imstande sein, eine neue Generation von Staatsmännern hervorzubringen, die die Worte Pflicht, Stolz und Ehre wieder verwenden, ohne auf Sarkasmus und Verachtung zu stoßen?
    Diese große Universität brachte John Kennedy hervor, der, als er ein Ehrendoktorat von Yale erhielt, sagte: ›Jetzt habe ich das Beste aus zwei Welten, eine Harvard-Ausbildung und ein Yale-Diplom.‹«
    Als das Gelächter verklang, fuhr Florentyna fort: »Ich, Mr. President, habe das Beste der ganzen Welt, eine Radcliffe Ausbildung und ein Radcliffe-Diplom.«
    Siebzehntausend Menschen standen begeistert auf, und es dauerte eine Weile, bevor Florentyna fortfahren konnte.
    Sie lächelte bei dem Gedanken, wie stolz Richard sein würde, weil er diesen Satz vorgeschlagen hatte, während sie im Bad übte und nicht sicher war, wie die Worte ankommen würden.
    »Junge Amerikaner, seid stolz auf die Leistungen der Vergangenheit, doch laßt sie der Geschichte angehören.
    Setzt euch über alte Mythen hinweg, durchbrecht hindern-de Barrieren, bietet der Zukunft die Stirn, so daß man am Ende dieses Jahrhunderts von uns sagen wird, unsere Leistungen ließen sich mit jenen der Griechen, der Römer oder der Briten vergleichen, weil wir für die Freiheit eingetreten sind und für Gerechtigkeit für alle Bewohner dieser Erde. Keine Schranken dürfen unüberwindlich sein, und keine Ziele zu hochgesteckt, damit wir, wenn sich das Rad der Zeit gedreht hat, mit Franklin D. Roosevelt sagen können: ›Es gibt in der Entwicklung des Menschen einen

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