Archer, Jeffrey
einer alten Mutter in den Computerlisten aufscheinen lassen konnte. Wendon bestätigte auch etwas, was Florentyna immer schon gefürchtet hatte; er war nur ein kleiner Gauner, verglichen mit den großen kriminellen Syndikaten, die sich mittels nicht existierender Fürsorge-empfänger ohne weiteres fünfzigtausend Dollar pro Woche erschwindelten.
Später stellte sie fest, daß Danny One-Legs Name im Computer gespeichert war, aber jemand anderer seit dreizehn Jahren seine Unterstützung in Empfang nahm.
Auch Matt the Grain und einige seiner Freunde vom Parkplatz Nummer 16 schienen im Computer auf, obwohl sie nie einen Penny erhalten hatten.
Florentyna bewies, daß mehr als eine Million Menschen zwar berechtigt war, Fürsorgegelder zu beziehen, aber nichts erhielten; das ihnen zustehende Geld versickerte irgendwo. Ihrer Ansicht nach brauchte man nicht mehr Geld vom Kongreß, sondern mehr Schutzmaßnahmen, um zu gewährleisten, daß die jährlich ausgeschütteten zehn Milliarden Dollar die richtigen Leute erreichten. Viele der Bedürftigen konnten weder lesen noch schreiben, und kaum gab man ihnen lange Formulare auszufüllen, ließen sie sich nie mehr bei einer Fürsorgestelle blicken. Ihre Namen wurden selbst für kleine Betrüger zu einer bequemen Einnahmequelle. Als Florentyna zehn Monate später dem Präsidenten ihren Bericht überreichte, legte dieser dem Kongreß eine Reihe neuer Schutzmaßnahmen zur sofortigen Begutachtung vor. Er ließ auch wissen, daß er noch vor der Wahl eine Reform der Öffentlichen Wohlfahrt ausarbeiten lassen wolle. Daß Florentyna Namen und Adresse des Präsidenten im Arbeitslosen-Computer speichern konnte, faszinierte die gesamte Presse; die Karikaturisten hatten eine herrliche Zeit, während das FBI im ganzen Land Betrügereien mit Fürsorgegeldern aufdeckte.
Die Presse lobte den Präsidenten für seine Initiative, und die Washington Post erklärte, Senatorin Kane habe in einem Jahr mehr für die wirklich Bedürftigen getan als der New Deal und die Great Society zusammen. Das sei wahrscheinlich ein »Neuer Weg«; Florentyna mußte lachen. Gerüchte wurden laut, daß sie bei den Wahlen Pete Parkin als Vizepräsidenten ablösen werde. Zum erstenmal prangte ihr Bild auf der Titelseite von Newsweek, und darunter stand: »Amerikas erste Vizepräsidentin?«
Florentyna aber war eine viel zu erfahrene Politikerin, um diesen Spekulationen Glauben zu schenken. Sie wußte, daß der Präsident seinen Vize wegen der Stimmen des Südens brauchte; obwohl er Florentyna bewunderte, waren ihm vier weitere Jahre im Weißen Haus wichtiger.
Wieder einmal war es Florentynas größtes Problem, welchen Fragen und Personengruppen, die ihre Aufmerk-samkeit erforderten, sie Priorität einräumen sollte. Unter den Senatoren, die um ihre Wahlhilfe baten, war auch Ralph Brooks. Er, der nie eine Gelegenheit ausließ, sich als der am längsten dienende Senator von Illinois zu bezeichnen, war vor kurzem Vorsitzender des Energieaus-schusses geworden und erwarb sich Lorbeeren für die Art und Weise, wie er mit den Ölmagnaten und den führenden Industriellen zurechtkam. Florentyna wußte, daß er privat nie ein gutes Wort für sie hatte, hielt dies aber für unwichtig. Sie war jedoch verwundert, als er sie aufforderte, mit ihm gemeinsam einen Fernsehwerbespot zu machen; er sollte die gute Zusammenarbeit betonen und auf die wichtige Tatsache hinweisen, daß beide Senatoren von Illinois Demokraten waren. Auf Drängen des Parteivorsitzenden von Chicago willigte sie ein, obwohl sie mit ihrem Senatskollegen während der gesamten Amtsperiode kaum je ein Wort gewechselt hatte. Sie hoffte, ihre Bereitwilligkeit würde vielleicht die bestehenden Differenzen bereinigen. Dem war nicht so. Als sie sich zwei Jahre später zur Wiederwahl stellte, konnte seine Unterstützung nicht einmal als lau bezeichnet werden.
Je näher die Präsidentenwahl rückte, desto mehr Senatoren baten Florentyna um ihre Unterstützung. In der zweiten Hälfte des Jahres 1988 verbrachte sie kaum ein Wochenende zu Hause; selbst der Präsident forderte sie auf, ihn auf verschiedenen Wahlreisen zu begleiten. Die Reaktion der Öffentlichkeit auf den Kane-Bericht über die Öffentliche Wohlfahrt beglückte ihn, und er sagte Florentyna die Erfüllung der einzigen Bitte zu, die sie vortrug, obwohl er wußte, daß Pete Parkin und Ralph Brooks, wenn sie davon erfuhren, wütend sein würden.
Seit Richards Tod führte Florentyna praktisch kein gesellschaftliches
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