Archer, Jeffrey
Frau, der wir den ›Kane Act‹ zu verdanken haben«, sagte er und flüsterte ihr ins Ohr: »Zum Glück ist der Vize in Südamerika, sonst bekäme ich einiges von ihm zu hören.«
Die Presse ebenso wie die Öffentlichkeit bewunderten die Geschicklichkeit und die Entschlossenheit, mit der die Senatorin die Gesetzesvorlage durchgebracht hatte, und die New York Times meinte, sie werde, auch wenn sie in ihrer politischen Karriere nichts anderes erreicht hätte, mit diesem Gesetz in die Geschichte eingehen. Mit diesem neuen Gesetz würde kein wirklich Bedürftiger seiner Rechte verlustig gehen, während jene, die die
»Fürsorgescharade« spielten, im Gefängnis landen würden.
Sobald sich die Wogen wieder geglättet hatten, kehrte Florentyna zur Alltagsroutine zurück. Janet machte sie darauf aufmerksam, daß sie neun Monate vor den Wahlen mehr Zeit in Illinois verbringen müsse. Fast alle demokratischen Funktionäre boten Florentyna ihre Dienste für die Wiederwahl an, und der Präsident, der sie voll unterstütz-te, lockte bei einer Rede in Chicago riesige Menschenmengen an. Als sie gemeinsam zu den Klängen von »Happy Days Are Here Again« die Treppen hinauf-stiegen, flüsterte er ihr zu: »Jetzt werde ich mich für alle Unbill revanchieren, die Sie mir in den letzten fünf Jahren angetan haben.«
Er beschrieb Florentyna als die Frau, die ihm mehr Probleme bereitet habe als seine eigene, und jetzt habe er gehört, daß sie sogar in seinem Bett im Weißen Haus schlafen wolle. Als das Gelächter verebbte, fügte er hinzu:
»Und wenn sie tatsächlich dieses hohe Amt im Auge hat, könnte Amerika nicht besser gedient sein.«
Am folgenden Tag deuteten die Zeitungen an, die Erklärung sei ein Affront gegen Pete Parkin, und Florentyna würde, wenn sie kandidiere, mit der Unterstützung des Präsidenten rechnen können. Der Präsident bestritt diese Auslegung, doch von diesem Moment an war Florentyna in der unangenehmen Position, für die Wahlen im Jahr 1992 an erster Stelle zu stehen. Als die Resultate der Senatswahlen bekannt wurden, war selbst Florentyna über ihren eindrucksvollen Sieg erstaunt; die meisten demokratischen Senatoren hatten Stimmen verloren, da der Trend der Zwischenwahlen sich wie üblich gegen die machthabende Partei auswirkte.
Florentynas Erdrutschsieg bestätigte die Ansicht der Demokraten, daß sie nicht nur eine Fahnenträgerin gefunden hatten, sondern etwas viel Wesentlicheres: eine Siegerin.
Als der 102. Kongreß zum erstenmal tagte, erschien Florentynas Bild auf dem Umschlag von Time, Ihre ganze Lebensgeschichte mit sämtlichen Einzelheiten, wie ihrem Auftritt als Heilige Johanna in der Schule und dem Woolson-Preis in Radcliffe, waren zu lesen. Den Lesern wurde sogar mitgeteilt, warum ihr verstorbener Mann sie Jessie genannt hatte. Sie war zur bekanntesten Frau der Vereinigten Staaten geworden. »Diese bezaubernde sechsundfünfzigjährige Frau«, sagte Time abschließend,
»ist ebenso intelligent wie humorvoll. Doch wenn sie ihre Hand zur Faust ballt, muß man achtgeben – dann wird sie zu einem Preisboxer.«
Florentyna versuchte während der neuen Amtsperiode ihre normalen Pflichten als Senatorin zu erfüllen, wurde aber täglich von Kollegen, Freunden und Journalisten bedrängt, endlich eine Erklärung abzugeben, ob sie für das Amt des Präsidenten kandidieren wolle. Sie versuchte abzulenken, indem sie zu allen wichtigen Tagesproblemen Stellung nahm. Quebec bekam damals eine linksgerichtete Regierung, daher flog sie nach Kanada, um an Arbeitsge-sprächen mit Vertretern der Provinzen British Columbia, Alberta, Saskatchewan und Manitoba über eine Föderation mit den USA teilzunehmen. Die Reporter folgten ihr, und nach ihrer Rückkehr nannten die Medien sie nicht mehr eine Politikerin, sondern Amerikas erste »Staatsfrau«.
Pete Parkin sagte jedem, der es hören wollte, daß er kandidieren werde, und man nahm an, daß eine offizielle Erklärung unmittelbar bevorstand. Der Vizepräsident war fünf Jahre älter als Florentyna, und sie wußte, daß jetzt für sie die letzte Gelegenheit war, »Hail the Chief« zu hören und zu wissen, daß es ihr galt. Sie erinnerte sich an die Worte Margaret Thatchers: »Es gibt nur einen Unterschied zwischen einem männlichen und einem weiblichen Parteiführer: wenn die Frau verliert, geben ihr die Männer keine zweite Chance.«
Florentyna wußte auch, was ihr Buchanan, wäre er noch am Leben gewesen, geraten hätte: »Lesen Sie ›Julius Cäsar‹,
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