Archer, Jeffrey
und ein paar Außenseitern. Um neun Uhr rief der Vorsitzende den Staat Alabama auf, seine Stimmen abzugeben. Florentyna starrte auf den Bildschirm wie ein Gefangener auf die Geschworenen – und wollte das Urteil hören, bevor noch die Beweisaufnahme abgeschlossen war. Der schwitzende Vorsitzende der Delegation von Alabama nahm das Mikrophon zur Hand und schrie: »Der große Staat Alabama, das Herz des Südens, gibt Vizepräsident Parkin achtundzwanzig und Senatorin Kane siebzehn Stimmen.«
Obwohl alle seit Monaten wußten, wie Alabama wählen würde, schwenkten Parkins Anhänger ihre Flaggen wie wild, und es dauerte zwölf Minuten, bis Alaska aufgerufen werden konnte.
»Alaska, der 49. Staat der Union gibt Senatorin Kane sieben, Pete Parkin drei und Senator Bradley eine Stimme.«
Jetzt waren es Florentynas Anhänger, die zur Unterstützung ihrer Kandidatin in tosenden Jubel ausbrachen. Aber nach der ersten halben Stunde lag Parkin in Führung, bis Kalifornien zweihundertvierzehn Stimmen für die Senatorin und zweiundneunzig für Parkin abgab.
»Gott segne Bella«, flüsterte Florentyna. Dann aber erlangte der Vize mit Hilfe von Florida, Georgia und Idaho wieder die Führung. Als Illinois an die Reihe kam, brach fast ein Tumult aus. Mrs. Kalamich, die Florentyna vor fast zwanzig Jahren in Chicago willkommen geheißen hatte, war von den Demokraten ausersehen worden, die Stimmen der Delegierten bekanntzugeben.
»Mr. Chairman, das ist der Höhepunkt meines Lebens« –
Florentyna lächelte, als Mrs. Kalamich fortfuhr, – »ich darf Ihnen mitteilen, daß der große Staat Illinois stolz ist, jede seiner einhundertneunundsiebzig Stimmen unserer liebsten Tochter, der ersten weiblichen Präsidentin der Vereinigten Staaten, Senatorin Florentyna Kane, zu geben.«
Die Kane-Anhänger tobten und rasten, als Florentyna zum zweitenmal vorne lag. Sie selbst wußte jedoch, daß es ähnlich zugehen würde, wenn Texas sich für Parkin deklarierte. Tatsächlich überholte Parkin Florentyna zum zweitenmal, als sein Heimatstaat gewählt hatte. Bill Bradley hatte bisher siebenundneunzig Delegierte bekommen, und es schien sicher, daß er mit seinen Stimmen den Sieg eines Kandidaten im ersten Durchgang verhindern würde.
Der Vorsitzende rief weitere Staaten auf – Utah, Vermont, Virginia, und auf den Bildschirmen war bereits zu sehen, daß es im ersten Durchgang keinen Gewinner geben würde. Trotzdem war es beinahe elf Uhr, bevor Tom Brokaw die Resultate bekanntgab: eintausendfünf-hundertzweiundzwanzig für Senatorin Kane, eintausendvierhundertachtzig für den Vizepräsidenten, einhundertneunundachtzig für Senator Bradley und einhundertvierzig für Außenseiter.
Der Vorsitzende erteilte Senator Bradley das Wort.
Florentyna hatte seit Beginn des Parteikonvents täglich mit ihm telefoniert, es aber vermieden, ihm das Amt des Vizepräsidenten anzubieten, weil sie das Gefühl gehabt hatte, es würde nach einem Bestechungsversuch aussehen und nicht ihre Überzeugung klarmachen, daß sie ihn für den besten eventuellen Nachfolger hielt. Obwohl Ralph Brooks in Parkins Lager der Favorit für das Amt des Vizepräsidenten war, fragte sich Florentyna, ob Parkin Senator Bradley kein diesbezügliches Angebot gemacht hatte.
Endlich wurde es ruhig, und der Senator begann. »Meine Freunde, Mitglieder der demokratischen Partei, ich danke Ihnen für Ihre Unterstützung während des Wahljahres.
Jetzt ist die Zeit gekommen, da ich meine Kandidatur zurückziehe und meine Delegierten bitte, so zu wählen, wie ihr Gewissen es ihnen befiehlt.«
Im Saal wurde es beinahe still. Bradley skizzierte die Art Persönlichkeit, die er sich im Weißen Haus wünschte, unterstützte aber keinen der beiden Kandidaten eindeutig, sondern schloß mit den Worten: »Ich bete, daß Sie die richtige Persönlichkeit wählen werden, die unser Land führen soll.«
Lang anhaltender Applaus.
Um diese Zeit hatten die meisten in der Suite 2400 des Barons bereits wunde Daumen. Nur Florentyna machte einen ruhigen Eindruck, obwohl Edward ihre geballten Fäuste bemerkte. Solange sich alle noch im Saal befanden, konnte er nichts anderes tun, als mit den Vorsitzenden der Parteikomitees zu telefonieren. Bald kamen die Rückrufe: auch Bradleys Anhänger waren offensichtlich in zwei Lager gespalten. Einige wollten sogar beim zweiten Wahlgang für Bradley stimmen, falls der Konvent in eine Patt-Stellung geraten und sich letztlich wieder an ihn wenden sollte.
Der zweite Wahlgang
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