Archer, Jeffrey
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wie konnte er so starrköpfig sein? Am Schluß der Brahmssonate legte Richard den Bogen weg und sah ihr in die Augen.
»Wir müssen es ihnen bald mitteilen.«
Er nahm sie in die Arme.
»Ich weiß, ich will nur meinem Vater nicht weh tun.«
Sie blickte zu Boden. »Nächsten Freitag kommt Papa aus Washington zurück.«
»Dann also am nächsten Freitag«, sagte Richard leise und preßte sie eng an sich.
Als Florentyna an diesem Abend Richards Auto nach-sah, fragte sie sich, ob sie stark genug sein werde, bei ihrem Entschluß zu bleiben.
Am Freitag schwänzte Richard eine Vorlesung und flog früher als gewöhnlich nach New York, um den Tag mit Florentyna zu verbringen. Den ganzen Nachmittag wiederholten sie, was sie ihren Eltern sagen wollten. Um sieben Uhr verließen sie Florentynas Apartment und gingen schweigend in Richtung Park Avenue. Vor einer roten Ampel blieben sie stehen.
»Willst du mich heiraten?«
Es war Richards letzte Frage, bevor Florentyna ihrem Vater gegenübertrat. Eine Träne lief ihr die Wange hinab, die es im glücklichsten Augenblick ihres Lebens von Rechts wegen nicht hätte geben dürfen. Richard nahm aus einem kleinen Lederetui einen in Diamanten gefaßten Saphirring und steckte ihn ihr an den linken Ringfinger. Er küßte ihr die Tränen weg, dann lösten sie ihre Umarmung, sahen einander einen Moment lang an und gingen in entgegengesetzte Richtungen.
Wenn alles vorüber war, wollten sie sich wieder in Florentynas Wohnung treffen. Sie sah auf den Ring hinab; an demselben Finger trug sie den antiken Ring, der von einem Unbekannten stammte.
Richard ging über die Park Avenue und memorierte die Sätze, die er sagen wollte. Lange bevor er fertig war, hatte er die 68. Straße erreicht.
Sein Vater saß im Wohnzimmer und trank wie üblich einen Scotch mit Soda, bevor er sich zum Dinner umzog.
Seine Mutter klagte, daß Virginia zu wenig esse. »Ich glaube, sie will das dünnste Ding von New York werden.«
Richard versuchte zu lachen.
»Hallo, Richard, ich hatte dich früher erwartet.«
»Ja, ich mußte noch jemanden treffen.«
»Wen?« erkundigte sich seine Mutter nicht sehr interessiert.
»Die Frau, die ich heiraten werde.«
Verblüfft starrten ihn beide an; es war nicht die Einleitung, die Richard geplant hatte.
Der Vater erholte sich zuerst. »Bist du nicht ein bißchen jung? Mary und du, ihr könnt ruhig noch ein wenig warten.«
»Es geht nicht um Mary.«
»Nicht um Mary?« fragte die Mutter.
»Nein«, sagte Richard, »sie heißt Florentyna Rosnovski.«
Kate Kane wurde aschfahl.
»Abel Rosnovskis Tochter?« fragte William Kane ausdruckslos.
»Ja, Vater«, sagte Richard fest.
»Soll das ein Scherz sein?«
»Nein, Vater. Wir haben uns zufällig kennen- und liebengelernt, ohne zu ahnen, daß es zwischen unseren Eltern ein Mißverständnis gibt.«
»Ein Mißverständnis?« wiederholte der Vater. »Weißt du nicht, daß dieser polnische Emporkömmling die meiste Zeit damit verbringt, mich aus meinem eigenen Aufsichtsrat zu boxen – und daß es ihm einmal fast gelungen wäre? Und das nennst du ein Mißverständnis?
Richard, wenn du jemals in den Vorstand der Lesterbank eintreten willst, wirst du die Tochter dieses Gauners nie mehr wiedersehen. Hast du dir das überlegt?«
»Ja, Vater, und es ändert nichts an meinem Entschluß.
Ich bin dem Mädchen begegnet, mit dem ich mein Leben verbringen möchte, und ich bin stolz, daß sie meine Frau werden will.«
»Sie hat dich hereingelegt und umgarnt, damit sie und ihr Vater mir die Bank wegnehmen können. Durchschaust du das denn nicht?«
»Etwas so Groteskes kannst selbst du nicht glauben, Vater.«
»Groteskes? Er beschuldigte mich, den Tod seines Partners verursacht zu haben, als ich…«
»Vater, Florentyna wußte nichts von eurer Fehde, als sie mich kennenlernte. Wie kannst du nur so unlogisch sein?«
»Sie hat dir gesagt, daß sie schwanger ist, damit du sie heiraten mußt.«
»Vater, das ist deiner nicht würdig. Von dem Moment an, in dem wir uns kennenlernten, hat Florentyna nie den geringsten Druck auf mich ausgeübt. Im Gegenteil.«
Richard wandte sich an seine Mutter. »Wollt ihr sie nicht kennenlernen? Dann werdet ihr verstehen, wie es dazu gekommen ist.«
Kate wollte eben antworten, als Richards Vater schrie.
»Nein. Nie.«
Dann wandte er sich an seine Frau und bat sie, sich zu entfernen. Als seine Mutter ging, sah Richard, daß sie weinte.
»Hör mir jetzt zu, Richard. Wenn du diese Rosnovski
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