Ardeen: Band 1: Der Kreis der Magie (German Edition)
werden würde lediglich eine neue Bürde auf meine Schultern laden.
Bisher hatte er mit Lord Boron kein Wort gewechselt und sie hatten schweigend gegessen. Das Mahl war ausgezeichnet, doch die Gedanken des Prinzen kreisten um König Tarn und so nahm er den delikaten Geschmack gar nicht wahr und schluckte Bissen um Bissen teilnahmslos hinunter.
„Lord Boron, ich werde nach Arvon reisen. Dem König geht es sehr schlecht. Es ist mit dem Schlimmsten zu rechnen... Ich brauche eine repräsentative Begleitmannschaft.“
Auch Lord Boron hatte bereits von den Gerüchten gehört. Das ganze Land sprach davon.
„Mein Prinz, an wie viele Männer habt Ihr gedacht? Eine spezielle Einheit?“
Prinz Raiden schob den halb leer gegessenen Teller von sich.
„Dreißig Mann. Oder besser fünfzig, das macht mehr her ohne zu bedrohlich zu wirken. Fünfzig starke Kämpfer, keine Magier, das macht die Unmagischen immer so nervös. Ach ja, und schickt den Nurin mit.“
Lord Boron wunderte sich. Hat der Prinz sich nicht bitterlich beklagt, was für ein Tölpel Eryn auf ihrer Reise nach Aleroth gewesen ist, und nun fordert er ihn extra an?
„Mein Prinz, meint Ihr Eryn? War der letztens nicht, wie war doch gleich das Wort...? Ach, jetzt fällt es mir wieder ein: ‚unbrauchbar‘?“
Der Prinz schnippte eine Brotkrume vom Tisch und griff nach dem Weinglas, trank daraus einen tiefen Schluck und Lord Boron glaubte schon, er würde keine Antwort mehr erhalten. Manchmal ging der Prinz einfach über eine Frage hinweg, vor allem wenn er sie als unnütz erachtete.
Dann aber kam doch noch etwas: „Ja, Eryn. Er kocht gut und ich möchte keinen neuen Tölpel als Ordonnanz ausbilden müssen. Seine Fehler sind inzwischen... vorhersehbar.“
Der Graue Wolf nahm das so hin und machte sich auf den Weg. Er bestimmte Sir Haerkin zum Befehlshaber des kleinen Trupps. Sir Haerkin kam selbst aus Arvon und konnte am besten mit den Adeligen umgehen. Und weil Lord Boron Sinn für Familienangelegenheiten hatte, wählte er auch alle Bastarde des Prinzen aus. Schließlich war König Tarn ihr Großvater, wenn das auch nie offiziell erwähnt werden würde. Da waren Hartwig und Lysander, die schon mehrere Jahre bei der II. dienten, den Regulären, wie man diese Truppe auch nannte. Die beiden sind gute Männer, die nicht mit ihrem Schicksal hadern. Im Gegensatz zu Ravenor, ich weiß nicht, ob ich ihn auswählen soll. Ravenor ist in vielen Dingen das Ebenbild seines Vaters, bis auf die Magie. Davon besitzt er gar nichts. Aber sonst hitzig, arrogant, draufgängerisch, stur und uneinsichtig. Genauso wie ich Prinz Raiden von früher her kenne.
Lord Boron überlegte recht lange.
Andererseits kann Ravenor hervorragend mit dem Schwert umgehen und fällt allemal unter das Kriterium ‚guter Kämpfer‘. Prinz Raiden wollte ja eine repräsentative Mannschaft. Und er ist ein Familienangehöriger, was ihn wiederum in Lord Borons Augen qualifizierte.
Er wird schon keinen Mist bauen, redete sich der Graue Wolf ein. Schließlich hat er sich die letzte Zeit über tadellos benommen. Und so fiel die Entscheidung und Ravenor war mit dabei.
Tags darauf rückte die Truppe unter der Führung des Prinzen höchstpersönlich aus. Der ritt Braevens Brut und viele der Männer sahen bewundernd nach dem Dämonenross. Eryn hingegen war überhaupt nicht erfreut, den schwarzen Teufel wiederzusehen. Genauso wenig wie die Vorstellung, Ordonnanzdienst beim Prinzen leisten zu dürfen. Wahrscheinlich war er der Einzige in der Truppe, der liebend gerne in der Kaserne geblieben wäre.
Sie ritten ein scharfes Tempo und der Prinz war in seine eigenen Gedanken versunken. Worüber Eryn wirklich froh war. Nur, wenn sie lagerten, dann musste er die Wünsche des Prinzen am besten schon erraten, bevor dieser sie äußerte. Und wenn nicht, dann flog ihm ein Zauber an den Kopf. Brut versorgen, für den Prinzen kochen, Rüstung und Waffen sauber halten, das Lager errichten und auch sonst zur Stelle sein.
Dazu kam noch, dass Ravenor begann, ihn eifersüchtig anzugiften. Zu gerne hätte Eryn mit ihm getauscht, doch Ravenor glaubte ihm das nicht. So redete er mit Eryn kaum mehr – nicht, dass dieser dafür viel Zeit gehabt hätte – und verzog sich zu seinen Halbbrüdern.
Bisher hatte Ravenor mit Hartwig und Lysander kaum Kontakt gehabt. Nur durch die Kameraden hatte er überhaupt erfahren, dass sie verwandt waren. Denn Hartwig und Lysander kamen nicht aus Naganor wie Ravenor. Sie waren Söhne
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