Ardeen: Band 1: Der Kreis der Magie (German Edition)
dachte er: Kleinere Wunden kann ich inzwischen recht gut heilen. Nicht, dass ich jetzt ein Dankeschön von Ravenor erwarten kann. Der ist gerade zu sehr damit beschäftigt, sich sinnlos aufzuregen.
„Dieser Leibwächter ist eine Pfeife. Ich hatte ihm in null Komma nichts das Schwert aus der Hand geschlagen. Außerdem hat der kleine Tyrann gefordert, dass Kain mich bestrafen sollte, da hab ich mich eben gewehrt.“
Eryn mischte sich nun doch in das Gespräch ein: „Mein Gott, Ravenor, und du konntest natürlich nichts dafür. Hättest du dem kleinen Prinzen ein bisschen Honig um den Mund geschmiert, wäre es nie so weit gekommen. Aber du musstest ja den stolzen, unbesiegbaren Krieger mimen – vor einem Kind.“
Irgendwie war es sinnlos, mit Ravenor über dieses Thema zu diskutieren.
„Warum soll ich mich bei einem Kind anbiedern, dessen Blut auch nicht viel besser ist, als das meine? Dieser Tyren ist auch nicht mehr als mein frecher, kleiner Cousin!“
Hartwig packte ihn hart an der Schulter: „Das behältst du lieber für dich. Da gibt es nämlich große Unterschiede. Die dort sind das Königshaus von Ardeen, und du und ich und die zwanzig anderen, die es da noch geben mag, sind Bastarde ohne Namen. Ganz gewöhnliche Bürger Ardeens. Also versuche nicht, dich mit den Reichen und Mächtigen auf eine Stufe zu stellen. Zügle dein Temperament oder es wird bald böse für dich enden.“
Ravenor schlug die Hand des anderen zur Seite.
„Lass mich in Ruhe!“, fauchte er wütend und ging beleidigt zu seinem Lager.
Der nächste Tag stand ganz im Zeichen der Krönungszeremonie. Bereits am Vormittag begann das hochoffizielle Zeremoniell und dauerte bis zum späten Nachmittag. Eine rituelle Zeremonie folgte der nächsten.
Der Zug begann am Königsplatz und bewegte sich von dort langsam zu den Gräbern der alten Könige, dann weiter zum Haus der Schwerter und von dort zur großen Halle, in der die eigentliche Krönung stattfand. Der neue König zeigte sich zuerst der jubelnden Menge, bevor der Zug von Amts- und Würdenträgern nun feierlich zum Palast weiterzog.
Im Palast angekommen, nahm König Danian dann auf seinem Thron Platz, und nun folgten die Treuegelöbnisse des Adels, der Gildenmeister und der Würdenträger. Einer nach dem anderen kniete vor seinem neuen König, nur Prinz Raiden beugte kein Knie. Er leistete auch keinen Treueschwur an den König, fand aber Worte, die zum Ausdruck brachten, dass er Ardeen und den neuen König – seinen Bruder – immer schützen würde. Und zwar sowohl mit der Kraft der Magie als auch mit blankem Stahl. Dann stellte er sich neben den Thron und blieb dort die ganze Zeit über wie ein grimmiger Wächter stehen, während die Untertanen ihre Treue gelobten.
An diesem Tage hegte niemand mehr Zweifel daran, dass König Danian immer auf die Hilfe seines Bruders würde zählen können.
Nach der schier endlosen Zeit der feierlichen Versprechungen konnte der frisch gekrönte König Danian sich endlich für zwei Stunden zurückziehen, bevor das große Bankett zur Feier des Tages beginnen würde.
Danian setzte die Krone ab und seufzte erleichtert: „Die Krone ist jetzt schon eine Last, Raiden.“
Der Prinz hatte sich ganz unprinzlich auf ein Sofa gefläzt und die Füße auf den kostbaren Tisch gelegt, ungeachtet dessen, dass die Eisenteile seiner Rüstung den kunstvollen Tisch zerkratzen mochten.
„Ja, ich bin dir dankbar, Bruder, dass du dich geopfert hast für die Königswürde. Steht dir ja auch von Rechts wegen zu. Für mich wäre das nichts. Diese endlosen Zeremonien, die offiziellen Empfänge, tausende von langweiligen Verwaltungsentscheidungen und ein freudloses Leben ohne Privatsphäre, ganz zu schweigen von den Intrigen des Adels und der Gilden.“
„Danke für die aufbauenden Worte, werter Bruder. Mein Hof ist voll von diesen verlogenen Intriganten. Heute sprechen sie honigsüße Worte und schwören Treue, und hinter meinem Rücken klingen ihre Worte ganz anders und sie wetzen ihre Messer. Als sie auf Knien ihren Kopf beugten, hätte ich die Gelegenheit nutzen und gleich ein paar der Schlimmsten enthaupten sollen. Aber für einen abgeschlagenen Kopf wachsen zwei neue nach. Da lobe ich mir deine Ehrlichkeit. Du musst mir nicht heuchlerisch was versprechen oder vor mir das Knie beugen. Ich weiß auch so, dass ich mich immer auf dich verlassen kann.“
Nun hatte auch Danian sich in ein weiches Sofa fallen lassen.
Raiden scherzte zur Aufmunterung:
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