Ardeen: Band 1: Der Kreis der Magie (German Edition)
möglichen Kandidaten sprach, da fand sie bei jedem etwas auszusetzen. Genervt war gar kein Ausdruck mehr für Prinz Raidens Gemütszustand. Was auch immer ich sage, sie weiß es besser, findet die Idee abscheulich und redet überhaupt immer nur dagegen. Wenn ich dann ihr die Entscheidung überlassen will, weicht sie aus und sagt, dass es meine Pflicht wäre. Vielleicht sollte ich sie mit einem Bann belegen. Schweigen, tiefer Schlaf, bedingungslose Zustimmung...
Noch aber hielt ihn seine Eitelkeit davon ab. Es kann nicht sein, dass ich nicht auch so mit dieser – meiner – Frau fertig werde.
„Wie sicher sind die Straßen nach Gelderon noch?“, fragte er scheinheilig.
„Warum, glaubt Ihr, habe ich so viele Leibwächter mitgenommen? Es sind viele Leute mit scharfen Klingen unterwegs. Der König hebt Truppen aus und auch Lord Berington ist nicht untätig.“
Interessehalber wollte Prinz Raiden wissen: „Wird der König von Gelderon Ardeen um Hilfe bitten?“
„Als ich noch am Hofe war, da war nichts dergleichen Gesprächsthema. Habt Ihr Angst um Eure kostbare Garde, mein Gemahl? War nicht einer Eurer Titel: Beschützer des Nordens?“
Warum kann sie es nicht lassen, mich pausenlos zu provozieren.
Das Einzige, was sie davor bewahrte, dass er sie hart maßregelte, war der Umstand, dass sie eine Frau war. Aus einer inneren Veranlagung heraus konnte er Frauen nichts Böses tun. Aber deutliche Worte waren angebracht: „Es wäre ein Leichtes für mich, diesen Zwist in Gelderon mit Magie beizulegen, den Landstrich zu entvölkern und die Städte zu verbrennen. Tote können sich nicht streiten und auch nicht ihre Nachbarländer in Konflikte hineinziehen. Und all das ganz ohne meine Garde, meine Liebe. Wenn die Spannungen weiter zunehmen, dann könnt Ihr froh sein, wenn ich nur die Garde entsende. Denn die Soldaten sind ein bisschen wählerischer zwischen Freund und Feind, als das eine magische Feuerwalze wäre.“
Prinz Raiden hoffte Lady Chrystell mit diesen Worten einzuschüchtern. Die aber zeigte – ganz ihren unpolitischen Ansichten zum Trotz – doch ein gewisses Interesse an seinen Plänen.
„Ihr denkt also doch daran, die Garde zu entsenden?“
Dieses Thema ist genauso lästig wie das Heiratsthema.
„Es wird sich zeigen.“
„Und selbst? Wollt Ihr tatsächlich Euer geliebtes Naganor verlassen, um Euch in den Konflikt einzumischen?“
Warum will sie das alles wissen?
„Ihr braucht nicht um mich besorgt zu sein. Noch verweile ich hier in der Sicherheit meines Turmes. Und nun entschuldigt, ich muss in die Garnison hinüber. Die Pflicht ruft!“
Prinz Raiden ging so gut wie nie in die Garnison hinüber. Aber nun schien ihm das eine ausgesprochen gute Ausrede, um Lady Chrystell zu entkommen.
Noch am selben Tag rief Danian seinen Bruder erneut über das Artefakt. Und der König wollte sogleich wissen: „Was hast du bisher in der Gelderonsache unternommen?“
Raiden musste nun zu seiner Schande bekennen: „Um ehrlich zu sein – rein gar nichts. Ich wäge noch ab.“
Danian beschuldigte oder bedrohte ihn nie, sondern wies lediglich auf die dringende Notwendigkeit hin und bat seinen Bruder um Hilfe.
Der Schwarze Prinz wollte seinen Bruder beschwichtigen:
„Du nimmst diese Gelderonaffäre zu ernst. Lass sie sich die Köpfe einschlagen und sei froh, wenn es dort ein paar Lords weniger gibt und sie sich so schwächen, dass Gelderon die nächsten fünfzig Jahre keine Überlegung mehr wert ist – nicht, dass es jetzt eine Überlegung wert wäre.“
Der neue König von Ardeen antwortete in seiner überlegten Art: „Vorausschauendes Handeln sichert Frieden und Wohlstand. Ich versuche, die Lage einzuschätzen, aber je mehr Informationen ich aus Gelderon erhalte, umso widersprüchlicher und verschwommener wird das Bild der derzeitigen Situation. Einige meiner zuverlässigsten Informanten sind spurlos verschwunden und so wäre ich dir äußerst dankbar, wenn du die Garde an die Grenze entsenden könntest und deine Leute anweisen würdest, Informationen zu beschaffen. Einfach Präsenz zeigen ist die Devise. Alle wissen, dass die Garde dir untersteht, und wenn deine Männer irgendwo hineingezogen werden, dann haben die Aggressoren es letztendlich mit dir zu tun. Und glaub mir, vor dem Herrn von Naganor haben alle einen höllischen Respekt.“
Raiden scherzte: „Alle, außer Lady Chrystell. Sie ist seit zwei Tagen hier und geht mir so dermaßen auf die Nerven.“
Danian war verwundert.
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