Ardeen: Band 1: Der Kreis der Magie (German Edition)
vom ersten Wachpunkt aus weit in beide Richtungen blicken kann.“
Lord Boron nickte. „Sir Oswold, Ihr nehmt sechzig Mann und brecht sofort zum hinteren Taleingang auf. Raegnir wird Euch führen. Ihr werdet in der Nacht länger für den Weg brauchen. Sobald Ihr in Position seid, benutzt Ihr das Amulett.“ Und er zeigte Sir Oswold, wie es gehandhabt wurde. Man musste den Edelstein an der Kette drehen, damit dieser zu blinken begann. Die Kette mit dem zweiten Edelstein fing dann ebenfalls an zu blinken. Das war das Zeichen für Lord Boron.
„Wir greifen zuerst die Talenge von unserer Seite aus an, wie es die Banditen erwarten. Zuerst versuchen wir den Wachposten auszuschalten, oder zumindest so zu beschäftigen, dass Ihr mit Euren Männern dem Feind unbemerkt in den Rücken fallen könnt. Ich hoffe, Branden Hold kommt bald zurück. Der Ring, der unsichtbar macht, wäre bei dieser Mission äußerst hilfreich. Ach, und vergesst nicht, wir brauchen am Ende ein paar Gefangene zum Hängen als abschreckendes Beispiel für Nachahmer. Ihr wisst, wie es ist. Sind die Geächteten in der Schlacht gefallen, möglichst noch ohne dass irgendwelche Leichen gesehen wurden, so macht das einfache Volk daraus gerne Helden und Märtyrer und erzählt herum, sie wären gar nicht gestorben, sondern würden irgendwo weiterleben. Hängen die Halunken jedoch am Galgen, so sind es ganz normale Verbrecher und die Märchenstunde ist zu Ende. Je schneller das hier vorbei ist, umso schneller sind wir wieder daheim.“
Sir Oswold salutierte und ging, um sich vorzubereiten. Der Graue Wolf sah ihm nach.
Die Zeiten, in denen ich es aufregend fand, die Gefahr zu spüren, unter freiem Himmel zu nächtigen und heiß darauf war, mein Schwert zu ziehen, sind schon lange vorbei. Mir tun die Knochen weh und obwohl die Magier beste Arbeit beim Heilen meiner Wunden geleistet haben, meldet sich doch die eine oder andere Verletzung wie eine alte Bekannte immer wieder. Das Alter tut sein Übriges. Der Schwarze Prinz wird dank seiner Magie in dreißig Jahren noch so aussehen wie im besten Alter. Dann werde ich, krumm und gebeugt, wahrscheinlich kaum mehr laufen können. Ob er mich dann immer noch in die Wälder schickt, um ein paar Strauchdiebe zu fangen?
Nachdem Aileen Corbe und die anderen verlassen hatte, ging sie ohne Umwege zum Lager. Vrat saß mit nahezu allen Männern am Feuer und so erfuhr gleich jeder von Aileens Neuigkeiten. Eryn war besonders aufgebracht, als er hörte, dass Willen noch am Leben war. Schließlich hatte Willen Mitschuld am Tod von Eryns Eltern. Am liebsten wäre Eryn gleich aufgebrochen und den Soldaten hinterhergeeilt, doch selbst Vrat sprach mahnend von Vernunft: „Die Soldaten haben mit größter Sicherheit Aspentor bereits erreicht und sind vielleicht schon durch das Tor gegangen. Du wirst sie bestimmt nicht mehr erreichen, Eryn.“ Der hitzige junge Fenn beruhigte sich wieder und Vrat sprach wie so oft von der Ehre und der Freiheit seines Volkes. Er konnte Leute in seinen Bann ziehen, doch die Zeiten änderten sich und ihre Zahl war inzwischen sehr geschrumpft. Als sie dann auseinandergingen und Eryn, Arun und Aileen sich unter einem Baum in den Schatten setzten, war die Euphorie verflogen.
„Wir sollten nach Westen gehen, solange wir noch können“, fing Arun an und Aileen pflichtete ihm bei: „Heute sind die Soldaten vorbeigezogen, doch schon morgen könnten sie uns Truppen hinterherschicken. Wir sind sehr vorsichtig und haben uns gut versteckt, aber wir hatten auch viel Glück und irgendwann wird es nicht mehr so sein.“
Eryn war immer noch aufgebracht: „Ich habe noch ein paar Rechnungen mit den Tiefländern offen. Warum soll ich in ein Land gehen, das mir nichts bedeutet? Hier ist meine Heimat, das Land der Fenn. Hier lebe und hier sterbe ich.“
Arun war besonnener und bemerkte: „Es gibt auch Stämme der Fenn im Westen. Weit im Westen, tief in den Bergen. Für diese Landstriche interessieren sich keine Tiefländer.“
Aileen warf ein: „Ich würde auch gerne fortgehen. Irgendwo ein neues Leben beginnen. An einem Ort, an dem ich nicht ständig auf der Hut sein muss und Angst haben muss, entdeckt zu werden. Eryn, einen Ort mit Zukunft.“
Ist das gerade ein Angebot? Eryn war in den letzten Jahren weit über sein tatsächliches Alter hinaus gereift und die heiße, unschuldige Liebe, die er für Aileen empfunden hatte, hatte sich verändert. Immer noch fand er sie attraktiv und begehrenswert, doch so
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